Illustration für die Konjunkturumfrage der SGKB zur Ostschweizer Wirtschaft

Rauer Gegenwind für die Ostschweizer Exportindustrie – trotz tieferer US-Zölle

Der Ostschweizer Wirtschaft weht von mehreren Seiten ein rauer Wind entgegen – doch sie zeigt sich einmal mehr resilient. Während die exportorientierte Industrie mit Nachfragerückgängen zu kämpfen hat, sorgen Baugewerbe und Detailhandel für Stabilität und Zuversicht zum Jahresende.

Die Ostschweizer Industrie ist herausgefordert. Die durchschnittliche Auslastung der Produktionskapazitäten liegt mit knapp 80% unter dem üblichen Niveau, die Auftragslage bleibt angespannt. 44% der Ostschweizer Industrieunternehmen berichten derzeit von einer ungenügenden Auftragslage.

Nachfrageschwäche aus Deutschland belastet

Die grösste Herausforderung für die hiesige Industrie ist weiterhin die Nachfrageschwäche aus Deutschland. Der wichtigste Absatzmarkt der Ostschweizer Exportwirtschaft – auf ihn entfällt rund ein Drittel aller Warenausfuhren – kämpft weiter mit rückläufiger Industrieproduktion, sinkenden Privatinvestitionen und nachlassender Wettbewerbsfähigkeit. Dies belastet insbesondere in der Ostschweiz ansässige Automobilzulieferer, die stark von Deutschland abhängig sind. In den USA, dem zweitwichtigsten Absatzmarkt, entwickelt sich die Wirtschaft zwar robuster als noch im Sommer befürchtet. Allerdings zeigen sich auch in den USA vermehrte Anzeichen einer wirtschaftlichen Abkühlung.

US-Zölle: Entschärfung, aber weiterhin belastend

Zusätzlich zur schwächeren Auslandsnachfrage belasten die US-Importzölle die Ostschweizer Exportindustrie – auch nach deren Reduktion auf 15%. Die Einigung mit den USA schafft zwar gleich lange Spiesse gegenüber der Konkurrenz aus der EU und Japan. Das Zollniveau ist jedoch weiterhin hoch. Zusätzlich belastet die Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Schweizer Franken um über 10% seit Jahresbeginn die Wettbewerbsfähigkeit. Der Grossteil der Schweizer Produkte ist auf dem US-Markt damit weiterhin rund 25% teurer als noch Anfang Jahr. Neben den direkten Auswirkungen auf die Exporte machen sich die US-Zölle auch weiterhin indirekt bemerkbar. Die geringere Nachfrage für Vorleistungen aus Europa und die gestiegene globale Unsicherheit belasten die Ostschweizer Industrie. Im aktuellen Umfeld werden öfters Investitionen zurückgestellt, was die in der Ostschweiz stark vertretene Maschinenindustrie besonders trifft. Insgesamt sind die Ostschweizer Warenexporte seit den Zollankündigungen Anfang April gegenüber der Vorjahresperiode um 3.2% eingebrochen – jene in die USA gar um 11.5%. Im gesamtschweizerischen Vergleich ist dieser Rückgang überdurchschnittlich gross. Die vorgezogenen Exporte im ersten Quartal aufgrund antizipierter Zölle fielen in der Ostschweiz zudem deutlich geringer aus.

Ostschweizer Industrie zeigt sich resilient

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen beweisen die Ostschweizer Unternehmen einmal mehr ihre Widerstandsfähigkeit. Nachdem sich die Stimmung im August deutlich eingetrübt hatte, scheint sich die Industrie inzwischen besser mit der anspruchsvollen Situation arrangiert zu haben. Zuletzt hat sich das Stimmungsbild leicht aufgehellt, wenn auch ausgehend von tiefem Niveau und vor allem erwartungsgestützt. So wird zum Beispiel wieder eine leichte Zunahme der Bestellungen erwartet. Besonders in der Elektronik- und Optikbranche sowie im Maschinen- und Fahrzeugbau zeigen sich die Unternehmen etwas zuversichtlicher.

Den Unternehmen fällt es allerdings weiterhin schwer, die künftige Geschäftsentwicklung zuverlässig einzuschätzen. Knapp zwei Drittel berichten von einer überdurchschnittlich hohen Unsicherheit. Insgesamt bleibt die Lage herausfordernd. Daran dürfte sich auch im kommenden Jahr wenig ändern. Das Wachstum in den wichtigsten Absatzmärkten der Ostschweizer Industrie wird voraussichtlich auch 2026 unter dem langfristigen Durchschnitt bleiben. In Deutschland könnte das Infrastrukturpaket ab 2026 zwar erste Impulse setzen, die strukturellen Probleme der deutschen Industrie dürften jedoch bestehen bleiben. Wesentliche Impulse für eine nachhaltige Erholung in der Ostschweizer Industrie sind daher in den kommenden Monaten nicht zu erwarten.

Arbeitslosigkeit steigt leicht, aber Arbeitsmarkt weiter robust

Die Industrieunternehmen berichten aufgrund der schwachen Nachfrage zunehmend auch von personellen Überkapazitäten. Vermehrt setzen die Unternehmen zur Überbrückung der Nachfrageschwäche auf Kurzarbeit. Trotzdem sind aber auch Entlassungen teils nicht zu vermeiden. Noch im Sommer 2023 hatte die Arbeitslosenquote in der Ostschweiz mit 1.4% den tiefsten Stand der letzten Jahre erreicht. Seither hat sie sich schleichend auf 2.1% erhöht. Alarmierend ist die Situation aktuell jedoch nicht: Der Anstieg signalisiert zwar eine Abkühlung. Die Quote liegt aber weiterhin knapp unter dem langjährigen Durchschnitt. Arbeitssuchenden finden zumeist rasch eine neue Beschäftigung – ein klares Signal für die weiterhin robuste Lage am Arbeitsmarkt.

Privater Konsum stützt, verliert aber an Dynamik

Die binnenorientierten Branchen stützen weiterhin die Gesamtwirtschaft. Sie blieben von den Unsicherheiten rund um die US-Zölle und den verhaltenen Arbeitsmarktaussichten aber nicht ganz verschont: Zuletzt hat sich die Einschätzung der Arbeitsplatzsicherheit eingetrübt, was zu einer gewissen Zurückhaltung beim Konsum führt. Folglich büsst der private Konsum trotz steigender Reallöhne leicht an Dynamik ein und wirkt weniger stimulierend. Trotzdem rechnen sowohl das Gastgewerbe als auch der Detailhandel mittelfristig mit einer weitgehend stabilen Entwicklung.

Baugewerbe profitiert von tiefen Zinsen und reger Wohnbautätigkeit

Zuversichtlich zeigt sich das Ostschweizer Baugewerbe. Nach einem Dämpfer im Sommer schätzen die Ostschweizer Bauunternehmen ihre Geschäftslage wieder deutlich positiver ein. Im vergangenen Quartal hat sich die Bautätigkeit laut Unternehmensangaben konstant entwickelt. Im Bauhauptgewerbe wird sogar von einer überdurchschnittlichen Auftragsreichweite berichtet. Die Bautätigkeit wird durch die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum und die tiefen Zinsen getragen. Die Baubewilligungen deuten auf eine weiterhin rege Bautätigkeit im Wohnsegment hin. Im Baunebengewerbe dürfte die Abschaffung des Eigenmietwerts mittelfristig zu Vorzieheffekten und temporären Mehraufträgen führen. Bislang schlägt sich dies jedoch noch nicht in den Auftragsbüchern nieder.

Geschäftslage in den Ostschweizer Branchen

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Das Konjunkturboard ist ein Fachgremium von versierten und erfahrenen Ostschweizer Ökonomen. Quartalsweise wird die konjunkturelle Entwicklung in der Kernregion Ostschweiz vertieft analysiert und eine Einschätzung zur aktuellen Verfassung der Ostschweizer Wirtschaft entwickelt.

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