Steigende Zinsen – was heisst das?

Am 23. März 2023 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) zum vierten Mal in Folge seit letztem Sommer die Leitzinsen erhöht. Wie wirken sich steigende Zinsen aufs Anlegerverhalten aus? Was bedeuten die 1.5 Prozent für mich als Hypothekarschuldnerin, als Hypothekarschuldner? Patrick Häfeli, Senior Strategieanalyst und Fondsmanager Obligationen, ist unser Experte bei Zinsthemen aller Art und steht uns Rede und Antwort.

Aus welchen Überlegungen heraus hat die SNB die Leitzinsen im März ein weiteres Mal erhöht?

Die Inflationsrate in der Schweiz ist bereits seit mehr als einem Jahr «zu hoch». Das heisst, sie liegt über dem Ziel der SNB, die eine Inflation zwischen 0 % und 2 % anstrebt. Jeder und jedem von uns fällt auf, dass sich dieser Preisdruck zuletzt auf immer mehr Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet hat. Das ist nicht gut. Dieser Auffassung ist auch die Schweizerische Nationalbank, welche die Inflation zudem hartnäckiger einstuft als noch im Dezember. Mit der erneuten Leitzinserhöhung will die SNB diesem Trend entgegenwirken und verhindern, dass sich die Teuerung noch weiter ausbreitet und der Schweizer Wirtschaft damit längerfristig schadet.

Teilen Sie diese Argumentation?

Ja, die Zinserhöhungen waren absolut notwendig. Es ist wichtig, den Inflationsdruck zu dämpfen, auch wenn die höheren Zinsen über die Zeit die Konjunkturdynamik etwas drosseln werden. Es ist zudem ein guter Zeitpunkt für die SNB. Nach Jahren der Negativzinsen hat sie endlich die Möglichkeit, die Geldpolitik wieder zu normalisieren und sich damit wieder mehr Handlungsspielraum zu verschaffen.

Was bedeutet eine Zinserhöhung für Hypothekarschuldnerinnen und -schuldner?

Eine Erhöhung des SNB-Leitzinses um 0.50 % geht mit einem entsprechenden Anstieg des SARON-Zinssatzes einher. Entsprechend hat sich der Zinssatz bei den SARON-Hypotheken ab Mitte März ebenfalls um 50 Basispunkte erhöht. Die Zinssätze für Fest-Hypotheken sind hingegen nur leicht angestiegen, da die Erwartung an höhere Leitzinsen bereits im vergangenen Jahr vorweggenommen wurde. Im letzten Jahr fiel der Anstieg mit einem Plus von etwa 1.80 % dafür sehr deutlich aus. Für Hypothekarschuldnerinnen und -schuldner mit bestehenden Fest-Hypotheken ändert sich hingegen nichts.

Empfehlen Sie, weiterhin in Immobilien zu investieren?

Der Kauf von einem Eigenheim hängt in der Regel nicht nur von den finanziellen Faktoren ab. Im Gegenteil – meist überwiegen die emotionalen Faktoren und man erfüllt sich mit dem Eigenheimkauf einen lang gehegten Wunsch. Darauf verzichten muss man wegen der höheren Zinsen nicht, solange die finanziellen Rahmenbedingungen gegeben sind. Zwar dürften die Immobilienpreise aufgrund der steigenden Finanzierungskosten in den nächsten Monaten nicht mehr ganz so schnell ansteigen wie in den vergangenen Jahren, einen Einbruch der Immobilienpreise erwarten wir aber nicht. Dafür ist das Angebot zu knapp.

Ist die Preisstabilität mit der Erhöhung des Leitzinses gesichert oder folgen weitere Zinserhöhungen?

Die Schweizer Inflationsrate ist zuletzt zwar leicht gesunken, dennoch muss die SNB der nach wie vor erhöhten Inflation weiter entgegentreten. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank ihren Leitzins im Juni ein weiteres Mal um 0.50 % anheben wird. Damit sollte der Zinserhöhungszyklus dann aber abgeschlossen sein und der Leitzins für eine Weile bei 2 % verharren.

Was bereitet Ihnen mehr Sorgen, die Inflation oder die Bankenkrise mit dem Kollaps der drei mittelgrossen US-Finanzhäuser Silicon Valley Bank, Signature Bank, Silvergate Capital sowie der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS?

Die Bankenkrise ist in meinen Augen nicht mit der Finanzkrise 2008 vergleichbar. Damals haben sehr viele Banken mit maroden US-Hypothekenpapieren Geld verloren und mussten deshalb gestützt oder staatlich gerettet werden. Die Probleme der gefallenen US-Banken und der Credit Suisse haben unterschiedliche Ursachen und sind nicht allein auf die höheren Zinsen zurückzuführen. Beispielsweise hat die Silicon Valley Bank die Zinsrisiken völlig falsch eingeschätzt und in der Folge falsche Entscheidungen getroffen. Ich denke, dass andere Finanzinstitute mit diesem klassischen Risiko im Bankengeschäft besser umgehen können. Gemeinsam ist den betroffenen Banken nur, dass sie das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden verloren haben und deshalb nicht mehr überlebensfähig waren.

Eine Inflation, die trotz der Anstrengungen der Notenbanken nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, ist für den weiteren Konjunkturverlauf somit in meinen Augen wesentlich schädlicher. Ich traue den Notenbanken aber zu, dass sie den Inflationsdruck mit ihrer restriktiven Geldpolitik schon bald gebändigt haben.


Bitte ergänzen Sie folgende Sätze in wenigen Worten:

Portrait Patrick Häfeli, Strategieanalyst/Fondsmanager, Bereich Fixed Income der St.Galler Kantonalbank
  • Von einer Finanzkrise reden wir dann, wenn das Finanzsystem seine Aufgaben für das Funktionieren der Volkswirtschaft nicht mehr erfüllen kann.
  • Die Erhöhung des Leitzinses durch die SNB am 23. März 2023 war richtig und notwendig.
  • Meine persönliche Empfehlung an Hypothekarschuldnerinnen und -schuldner lautet: Wählen Sie die Finanzierungsform so, dass Sie ruhig schlafen können.
  • Als grosse Chance für den Finanzplatz Schweiz sehe ich das ausgezeichnete Know-how der Mitarbeitenden.
  • Die St.Galler Kantonalbank ist mir ans Herz gewachsen.

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