Zwischen Schalter und Spielfeld
Winona Berweger berät Kundinnen und Kunden in Diepoldsau, Ainoa de Martin steckt mitten in der Lehre – und beide jagen nebenbei dem Ball hinterher. Zwei junge Frauen, die Beruf und Spitzensport mit beeindruckendem Einsatz unter einen Hut bringen.
Zwischen Karriere und Kabine
Dass Winona Berweger leidenschaftlich Fussball spielt, ist längst kein Bankgeheimnis mehr. Beim Thema Fussballerinnen fällt ihr Name auffallend oft. Kein Wunder: Die junge Kundenberaterin aus Diepoldsau steht als Verteidigerin für die erste Frauenmannschaft des FC Widnau auf dem Platz. Es ist Dienstagabend, 19 Uhr, Winona steht auf dem Spielfeld – bereit, alles zu geben. Als Innenverteidigerin beim Frauenteam des FC Widnau ist sie die letzte Bastion vor dem Tor. «Da fühle ich mich am sichersten», sagt sie. «Ich habe den Überblick und kann viel steuern.» Grosse Verantwortung? «Habe ich nie so gesehen», meint sie mit einem Schulterzucken. Fussball war bei ihr Familiensache. «Ich habe meiner Schwester einfach alles nachgemacht, auch das mit dem Fussball», sagt sie und lächelt. Die Schwester hat später aufgehört, Winona blieb. 2012 begann sie bei den Juniorinnen des FC Staad, absolvierte dort vier intensive Jahre. Dann kam die Lehre bei der St.Galler Kantonalbank, der Fussball rückte in den Hintergrund. «Meine Ausbildung war mir wichtiger. Profifussball war nie ein Thema», stellt sie nüchtern fest.
«Meine Ausbildung war mir wichtiger. Profifussball war nie ein Thema.»
Winona Berweger
Beraterin Privatkunden in Diepoldsau
Teamspirit und Zusammenhalt
Doch der Fussball liess sie nicht los. 2020 steht sie gerade am Spielfeldrand, um ihre Schwester anzufeuern, da spricht sie der Trainer des FC Widnau an. Ob sie nicht wieder spielen wolle. Sie will. Und sie bleibt. «Es ist ein sehr intensives Hobby», gibt sie zu. Während der Saison trainiert sie zwei bis drei Mal pro Woche, dazu kommen Spiele am Wochenende. Sempach, Tessin, Ostschweiz: Sechs Monate im Jahr sind verplant. Zeit für Freunde, Familie und ihren Partner? «Es wird knapp, aber ich mache das sehr gerne.» Was sie hält? Der Teamspirit. Freundschaften, Zusammenhalt, geteilte Niederlagen. Auch jetzt, wo die Mannschaft eine schwierige Rückrunde hinter sich hat und der Abstieg bevorsteht. «Viele Verletzungen, viel Pech, aber wir halten zusammen.» Winona ist keine, die sich beklagt. Auch wenn sie manchmal müde ist, zweifelt oder keine Lust hat. «Sobald ich auf dem Platz stehe, bin ich voll da. Dann spüre ich, warum ich das mache», erklärt die junge Kundenberaterin. Wenn dann noch Freunde und Eltern bei Heimspielen anfeuern, ist alles gut. Als sie im letzten Jahr ihre dreijährige Weiterbildung abschloss und gleichzeitig aus dem Elternhaus auszog, kam sie phasenweise an ihre Grenzen. «Da musste ich alles genau durchplanen: von der Arbeit über die Trainings bis zum Kochen.» Eine kleine Oase im Alltag: der Mittagstisch bei den Eltern. «Das war wie eine kurze Auszeit. Eine Stunde Ruhe, bevor es wieder weiterging.»
Zwischen Kabine und Kundengespräch
Auch beruflich hat Winona früh ihr Ziel erreicht: Seit Anfang 2025 ist sie Beraterin Privatkunden in Diepoldsau – mit gerade mal 24 Jahren. Ob ihr junges Alter ein Thema bei der Kundschaft ist? «Bis jetzt überhaupt nicht», sagt sie gelassen. Sie kennt die Niederlassung gut, hat dort ihre Lehre gemacht, blieb als Assistentin und ist jetzt voll in der Beratung angekommen. «Ich war nie weg aus Diepoldsau.» Zum Job gehört mehr, als sie sich vorgestellt hat. «Vor allem auf Kundengespräche bereite ich mich sehr gründlich vor.» Sie habe schnell gemerkt: «Wenn ich nicht in einfacher Sprache erkläre, versteht mein Gegenüber nicht, worum es geht.» Neben ihrer Beratungsrolle ist sie auch Berufsbildnerin: Sie betreut drei Lernende, führt Bewerbungsgespräche und organisiert Schnupperlehren. «Ich bin wohl ein bisschen streng», meint sie – nicht ohne Stolz. Für sie zählen Selbstständigkeit, vernetztes Denken und vor allem: zu Fehlern stehen zu können. Ihr Hobby Fussball hilft ihr dabei: «Es bricht oft das Eis, auch in Bewerbungsgesprächen.» Zudem engagiert sie sich im Vorstand des Gewerbeverbands Diepoldsau-Schmitter. Winona Berweger ist keine, die sich ins Rampenlicht drängt. Weder auf dem Platz noch im Job. Und doch ist sie eine, die mit Herzblut, Disziplin und Klarheit überzeugt. Ob als Verteidigerin beim FC Widnau oder als Kundenberaterin und Berufsbildnerin bei der St.Galler Kantonalbank: Sie übernimmt Verantwortung – leise, aber bestimmt.
Doppelte Lizenz, doppelter Einsatz
Sie ist erst 16, doch Ainoa de Martin weiss, was sie will: ganz nach oben im Fussball. Dafür lebt sie ein Leben, das sich kaum von dem einer erwachsenen Spitzensportlerin unterscheidet. Morgens ist sie Lernende bei der Kantonalbank in St.Gallen. Abends steht sie auf dem Fussballplatz. «Es ist kompliziert», sagt sie schmunzelnd, wenn man sie fragt, für welches Team sie eigentlich spielt. Bis Ende Juni hatte sie eine Doppellizenz und war in zwei Mannschaften aktiv: einerseits in der U15 des FC Wil, wo sie viermal pro Woche mit den Jungs trainierte und an den Wochenenden Spiele absolvierte. Andererseits spielte sie auch für die U18 der FC St.Gallen Frauen. Seit Anfang Juli konzentriert sie sich nur noch auf die U20 der FC St.Gallen Frauen. Und das ist längst nicht alles: Mit dem Schweizer U17-Nationalteam nimmt sie regelmässig an Trainingslagern und Länderspielen teil. Zusätzlich trainiert sie einmal pro Woche mit der ersten Mannschaft der FC St.Gallen Frauen, jeweils am frühen Morgen. Der Spagat zwischen Beruf und Sport gelinge ihr gut. Nach der Arbeit schalte sie beim Training ab und umgekehrt. «Der Wechsel hilft mir. Bei der Arbeit denke ich nicht an Fussball und beim Training nicht an die Bank.»
«Selbst wenn alles perfekt funktioniert, braucht es Glück. Eine Verletzung kann alles beenden.»
Ainoa de Martin
Lernende in St. Gallen
Vom Tanz zum Talentcampus
Zum Fussball kam Ainoa über Umwege. Als Kind tanzte sie, bis ihr das zu langweilig wurde. «Mein Vater hat dann vorgeschlagen, es mal mit Fussball zu versuchen», erzählt sie. Er brachte sie zu einem Probetraining und der Funke sprang sofort über. Das Talent? Ganz klar Familiensache. Auch ihr Vater spielte früher, sogar in der U21 des FC St.Gallen. Ainoa begann bei den Frauen des FC Uzwil. Doch schon bald war klar: Sie war den anderen Mädchen voraus – und wechselte zu den Jungs. «Ich wurde sofort akzeptiert», hält sie fest. Bei einer Talentsichtung wurde der FC Wil auf sie aufmerksam. Sie war neun, als sie zur E11 wechselte und damit begann ihre eigentliche Fussball-Laufbahn. Weil sie aussergewöhnlich talentiert war, wurde sie in den Talentcampus «Future Champs Ostschweiz» aufgenommen – eine Oberstufenschule in St.Gallen, die schulische Ausbildung mit professionellem Training verbindet. Dort wurde sie nicht nur fussballerisch, sondern auch in Sachen Selbstdisziplin und Belastbarkeit gefordert und gefördert.
Zweigleisig mit Plan B
Eine wichtige Rolle spielt bis heute ihr Vater. Er motiviert sie, wenn sie zweifelt, hilft ihr, wenn sie nicht weiterweiss, zeigt ihr Fehler auf und trainiert ab und zu am Abend mit ihr im heimischen Garten. «Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich heute bin.» Was wichtiger sei, Fussball oder Ausbildung? Für sie ist die Antwort klar: «Beides. Ich will Profi werden, aber ich brauche auch einen Beruf, falls es nicht klappt.» Deshalb macht sie die KV-Lehre mit voller Überzeugung. Denn sie weiss: Im Profifussball reicht Talent allein nicht. «Selbst wenn alles perfekt funktioniert, braucht es Glück. Eine Verletzung kann alles beenden.»
«Wenn ich auf dem Rasen stehe, klopft mein Herz»
Was sie am Fussball fasziniert? Ainoa muss nicht lange überlegen. «Wenn ich auf dem Rasen stehe, klopft mein Herz. Ich liebe es, zu spielen, Tore zu schiessen und der Duft von frisch geschnittenem Rasen ist einfach unbeschreiblich.» Im Team sei sie nicht nur Spielerin, sondern Teil einer zweiten Familie. «Wir halten zusammen – das ist wie eine kleine Gemeinschaft.» Auch ihre engsten Freundinnen sind Fussballerinnen. Partyabende oder Kinobesuche? «Ich gehe nie aus. Die Lehre bei der St.Galler Kantonalbank und das Training haben Vorrang. Und ehrlich gesagt bin ich abends nach dem Training so müde, dass ich gar nicht ans Ausgehen denke», sagt sie und lacht. Dass sie viel leistet, ist unbestritten. Doch das hat auch seinen Preis. «Es gab Phasen, da war der Druck sehr hoch. Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst: auf dem Platz wie in der Schule. Das macht es nicht immer einfach.» Mit dem Lehrstart habe sich aber einiges verändert: «Ich kann jetzt viel besser kommunizieren. Das hat mich mutiger gemacht, auch auf dem Feld. Wenn mir etwas nicht passt, sage ich es jetzt klar.» Ainoa hat ein Ziel und sie verfolgt es mit beeindruckender Konsequenz. Fussball ist für sie kein Hobby, sondern Leidenschaft und Lebensplan. Dass sie nebenbei eine Lehre macht und auch dort überzeugen will, zeigt: Sie denkt weiter als nur bis zur nächsten Saison. Und wenn sie über den Rasen spricht, über Tore, Teamgeist und Träume, wird klar: Hier kämpft eine für mehr als nur einen Sieg. Hier wächst eine, die weiss, was sie will.
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