Zwischen Gegenwind und Gelassenheit Fünf Thesen der St.Galler Kantonalbank für das Anlagejahr 2026
26. November 2025
Die Aktien- und Zinsmärkte zeigten sich 2025 so sprunghaft wie schon lange nicht mehr – getrieben von der erratischen Handels- und Fiskalpolitik der USA. Der US-Dollar reagierte empfindlich auf die Unsicherheiten und geriet unter Druck, während Gold und Silber als sichere Häfen neue Rekordhöhen erreichten. An den Märkten wurde heftig darüber spekuliert, ob die KI-Euphorie in eine Blase münden wird. Und die Schweizer Zinsen sind wieder an der Nullgrenze angelangt. Trotz all dieser Turbulenzen dürften die meisten Anlegerinnen und Anleger zufrieden auf die Entwicklung ihres Portfolios blicken.
Auch im neuen Jahr setzt sich der bisherige Trend fort: ein schwacher US-Dollar, ein starker Franken, Nullzinsen in der Schweiz – und Aktienmärkte, die zwischen KI-Euphorie und Konjunktursorgen pendeln. Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analyse der St.Galler Kantonalbank, ordnet ein: «Die Rahmenbedingungen für Aktien bleiben günstig. Doch auch 2026 werden die Nachfrage nach künstlicher Intelligenz und die Investitionen in KI-Infrastruktur den Takt an den Börsen vorgeben. Für Anlegerinnen und Anleger heisst das: Breit diversifizieren und die hohen Bewertungen im Auge behalten.»
Fünf Thesen für das Anlagejahr 2026
These 1: Konjunktur im Gegenwind
Die US-Konjunktur wird sich weiter abkühlen und das weltweite Wachstum auch im Jahr 2026 belasten. «Eine Rezession in den USA erwarten wir nicht. Die robuste Konsumnachfrage und der Dienstleistungssektor mit den hohen Investitionen im Technologiebereich stabilisieren die Wirtschaft», kommentiert Thomas Stucki, Chief Investment Officer St.Galler Kantonalbank. Europa bleibt aufgrund der Exportabhängigkeiten und der bekannten strukturellen Herausforderungen in der Industrie sowie der hohen Regulierungsdichte und fehlenden Fachkräften ein schwacher Wachstumsfaktor. In der Schweiz wird das BIP-Wachstum 2026 das vierte Jahr in Folge unter Potenzial bleiben. «Die Schweizer Binnenkonjunktur sorgt für eine gewisse Stabilität, doch die exportorientierten Sektoren bleiben unter Druck. Die Arbeitslosenrate dürfte leicht ansteigen», schliesst Thomas Stucki.
These 2: Vertrauensverlust schwächt US-Dollar
Der US-Dollar dürfte auch 2026 schwach bleiben. Politische Unsicherheiten in den USA und ein schwindendes Vertrauen in die Staatsfinanzen setzen die US-Währung weiter unter Druck. Der Euro profitiert von der Dollarschwäche sowie einer vorsichtigen wirtschaftlichen Stabilisierung in Europa und dürfte sich gegenüber dem Franken behaupten. Die Gefahr einer weiteren deutlichen Aufwertung des Frankens zum Euro ist derzeit geringer als in früheren Jahren. Thomas Stucki erklärt: «Für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft bleiben die Rahmenbedingungen anspruchsvoll. Der starke Franken schmälert die Wettbewerbsfähigkeit – insbesondere bei Exporten in den US-Dollar-Raum.» Die Schweizerische Nationalbank wird an ihrer zurückhaltenden Haltung bei Deviseninterventionen festhalten und den Wechselkurs weiterhin primär über die Zinsen steuern.
These 3: SNB setzt auf Kontinuität
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält an ihrer Nullzinspolitik fest; Zinserhöhungen werden frühestens 2027 wieder ein Thema sein. Damit sendet die SNB ein klares Signal für Kontinuität. Die Zinskurve dürfte im Verlauf des Jahres weitgehend unverändert bleiben. Bei langlaufenden Obligationen sind Schwankungen von 20 bis 30 Basispunkten möglich, eine Trendwende bei den Zinsen ist jedoch nicht zu erwarten. Dominik Schmidlin erklärt die wirtschaftlichen Konsequenzen: «Die Finanzierungskosten bleiben tief, die Geldpolitik unterstützend – zusätzliche Spielräume der SNB sind jedoch begrenzt. Ein Risiko von Negativzinsen können wir nicht ausschliessen, auch wenn die SNB klar signalisiert hat, dass die Hürde für deren Einführung hoch ist.»
These 4: Schweizer Betongold glänzt
Die Nachfrage nach Immobilien bleibt ungebrochen. Wohneigentum bleibt attraktiv, auch wenn sich die Preisdynamik allmählich abschwächt. Bei Renditeliegenschaften sorgen steigende Angebotsmieten und ein Mangel an Anlagealternativen im Tiefzinsumfeld für eine anhaltend starke Nachfrage institutioneller Anleger. Schwieriger gestaltet sich die Situation bei Geschäftsliegenschaften, insbesondere im Detailhandel und in der Industrie. Dominik Schmidlin kommentiert: «Insgesamt bleibt der Immobilienmarkt ein stabiler Anker für Investoren und Eigenheimbesitzer, getragen von robustem Bevölkerungswachstum, knappem Angebot und den tiefen Zinsen.»
These 5: Aktien, das Langzeitinvestment der Wahl
«Für 2026 gehen wir von einem «normalen» Aktienjahr aus, mit einer Performance im oberen einstelligen Prozentbereich», formuliert Thomas Stucki die Erwartungen der St.Galler Kantonalbank. Die Märkte werden dabei mit Unsicherheiten, insbesondere im Vorfeld der US-Kongresswahlen, konfrontiert sein, was vorübergehend zu erhöhter Volatilität führen dürfte. Die fundamentalen Rahmenbedingungen bleiben jedoch günstig: Sinkende US-Zinsen, fiskalische Impulse in Europa und eine robuste Unternehmenslandschaft stützen Kurssteigerungen. Dominik Schmidlin ergänzt: «Aktien bleiben die zentrale Anlageklasse für langfristig orientierte Investoren. Besonders in der Schweiz bieten die sehr tiefen Zinsen in Kombination mit stabilen Dividenden und die internationale Ausrichtung der Firmen weiterhin einen attraktiven Mix aus defensiven und wachstumsorientierten Eigenschaften.»
Anlagestrategie für den Start ins Jahr 2026
- Obligationen: Die St.Galler Kantonalbank bleibt gegenüber der strategischen Allokation deutlich untergewichtet. Obligationen dienen aber nach wie vor als Absicherung gegen starke Kursschwankungen an den Aktienmärkten. Damit diese Schutzfunktion greift, sollen Anlagen ausschliesslich in Heimatwährung erfolgen und auf eine hohe Kreditqualität geachtet werden.
- Aktien: Die St.Galler Kantonalbank ist bei Aktien gegenüber der strategischen Allokation übergewichtet. Die robuste Gewinndynamik und ein Umfeld mit positiven Wachstumsraten macht Aktien attraktiv. Entscheidend ist jedoch eine breite Diversifikation über die verschiedenen Sektoren und Geschäftsmodelle hinweg. Regional bevorzugt die St.Galler Kantonalbank den Schweizer Markt, der dank tiefer Zinsen und moderater Bewertungen eine überzeugende Risikoprämie bietet. Trotz höherer Bewertungen bleibt auch der US-Markt aufgrund der positiven Gewinnentwicklung übergewichtet. Die Schwellenländer gewichten wir neutral und in Europa bleiben wir untergewichtet.
- Rohwaren: Die St.Galler Kantonalbank hält eine Goldquote von 5 %. Das Edelmetall behauptet sich trotz seines hohen Preisniveaus als sicherer Hafen und verlässlicher Schutz in Phasen mit erhöhter Unsicherheit.
Thomas Stucki
8021 Zürich
Dominik Schmidlin
8021 Zürich