19. Dezember 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Ein Weihnachtslied als Inflationsmesser

Gestern wurden die neusten US-Inflationsdaten publiziert. Der ausgewiesene Inflationsrückgang könnte jedoch aufgrund des US-Shutdowns überzeichnet sein. Als Alternative widmen wir uns deshalb einem Weihnachtslied als Inflationsmesser.

Im Fokus: Ein Weihnachtslied als Inflationsmesser

Die Festtage stehen vor der Tür. Doch was kostet Weihnachten eigentlich? Eine Antwort darauf liefert seit Jahrzehnten der PNC Christmas Price Index. Er misst Jahr für Jahr die Kosten für die Geschenke aus dem traditionellen englischen Weihnachtslied «The Twelve Days of Christmas» – vom Rebhuhn im Birnbaum über die fünf Goldringe bis zu den zwölf Trommlern. In diesem Jahr kostet dieser Weihnachts-Warenkorb insgesamt 51’476 USD, ein Anstieg von 4.5% gegenüber 2024. Obwohl diese Inflationsberechnung mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist, bildet der Index Faktoren ab, die auch im Alltag eine Rolle spielen, etwa Lohnkosten und Rohstoffpreise.

Inflation bleibt auch an den Finanzmärkten ein Thema

Was der Christmas Price Index spielerisch illustriert, prägte im laufenden Jahr auch die Finanzmärkte. Nach den Zollankündigungen von Donald Trump stand die Inflationsentwicklung in den USA im Fokus. Ein zollbedingter Inflationsschub zeigt sich bislang zwar nur bei einzelnen Güterkategorien, wie etwa bei Bekleidung, Haushaltsgeräten oder Freizeitartikeln. Dennoch ist die Inflation in den USA in der zweiten Jahreshälfte wieder angestiegen.

US-Inflation im November überraschend tief

Gemäss den gestern publizierten Daten lagen die Konsumentenpreise in den USA 2.7% über dem Vorjahresniveau, nach 3.0% im September. Im Oktober konnten infolge des Shutdowns keine Daten erhoben werden. Auch die Kerninflation ging von 3.0% auf 2.6% zurück. Da die Datenerhebung im November aber nur in der zweiten Monatshälfte stattfand und damit eine Phase mit ausgeprägten Rabattaktionen rund um den Black Friday überrepräsentiert sein dürfte, könnte der gemessene Inflationsrückgang überzeichnet sein. Ein klareres Bild dürften erst die Dezemberdaten liefern.

Gold als Preistreiber im Weihnachtskorb und an den Märkten

Ein Preistreiber im Christmas Price Index waren dieses Jahr die fünf Goldringe. Der Goldpreis – eine zweite besondere Entwicklung im Jahr 2025. Das Edelmetall profitierte von der hohen wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit sowie der Suche nach Alternativen zum US-Dollar. Entsprechend stand Gold sowohl bei Zentralbanken als auch bei Anlegerinnen und Anlegern hoch im Kurs. Im Jahresverlauf legte das gelbe Edelmetall um 65% zu und erreichte im Oktober mit 4’381.52 US-Dollar pro Unze ein neues Rekordhoch. Der Christmas Price Index schlägt damit eine Brücke zwischen weihnachtlicher Tradition und wirtschaftlicher Realität.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: +0.82%, SPI: +0.91%, SMIM: +1.11%

Der Schweizer Aktienmarkt schloss gestern deutlich im Plus. Angetrieben wurde der Markt von tiefer als erwarteten US-Inflationszahlen, wodurch sich die Zinssenkungserwartungen wieder deutlich erhöhten. Die EZB-Zinsentscheidung sorgte hingegen für keine zusätzlichen Marktimpulse. Der Leitindex SMI schloss 0.8% höher, während der klein- und mittelkapitalisierte SMIM mit einem Plus von 1.1% noch stärker zulegen konnte. Von den 20 Blue Chips im SMI notierten 18 Werte in der Pluszone, während zwei Werte negativ schlossen. An der Spitze standen wirtschaftssensitive Werte. Partners Group (+3.0%) und UBS (+2.5%) avancierten deutlich. Dahinter folgten die Baustoffkonzerne Amrize (+2.1%), Holcim (+1.8%) und Sika (+1.5%). Die Indexschwergewichte notierten derweil uneinheitlich. Novartis (-0.2%) gab leicht nach, während Nestlé (+0.7%) und Roche (+0.8%) zulegen konnten. Zurich Insurance (-0.0%) schloss unverändert. Am breiten Markt standen Technologiewerte im Fokus. Comet (+10.7%), VAT (+2.7%) und Inficon (+2.7%) profitierten von dem besser als erwarteten Ausblick des US-Speicherchipkonzerns Micron, der auch in Europa für positive Impulse im Halbleitersektor sorgte.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +1.06%, DAX: +1.00%

Die europäischen Aktienmärkte zeigten sich gestern von ihrer freundlichen Seite. Angetrieben wurden die Indizes auch hier von den tiefer als erwartet ausgefallenen US-Inflationszahlen. Diese liessen wieder stärkere Zinssenkungshoffnungen für das nächste Jahr aufkommen. Der EZB-Zinsentscheid liess die Märkte kalt, da er wie erwartet ausfiel. Der spanische IBEX 35 legte um 1.2% zu, gefolgt vom länderübergreifenden EuroStoxx50 (+1.1%). Halbleiter-Titel profitierten auch in Europa vom besser als erwarteten Ausblick des US-Chipkonzerns Micron. ASML legte um 2.1% zu. Unter den DAX-Werten stach Siemens Energy mit einem Kurssprung von 3.5% positiv hervor. Das Unternehmen hielt gestern einen Pre-Close Call ab und erhielt zusätzlich Unterstützung durch eine Ratinghochstufung.

Aktienmärkte USA

Dow Jones: +0.14%, S&P 500: +0.79%, Nasdaq: +1.38%

Nach einem deutlichen Anstieg zu Handelsbeginn gaben die US-Aktienmärkte im Tagesverlauf einen Teil ihrer Gewinne wieder ab. Der technologielastige Nasdaq konnte sich dennoch mit einem Plus von 1.4% an die Spitze setzen, gefolgt vom marktbreiten S&P500 (+0.8%) und vom US-Leitindex DowJones (+0.1%). Die tiefer als erwartet ausgefallenen US-Inflationsdaten für den November sorgten für erhöhte Zinssenkungsfantasien. Zusätzliche Unterstützung kam vom Technologiesektor. Der Speicherchipkonzern Micron überzeugte mit einem deutlich über den Erwartungen liegenden Ausblick. Eine weiter anziehende Nachfrage bei gleichzeitig angespanntem Angebot erlaubt es dem Unternehmen, höhere Preise für seine Produkte durchzusetzen. Für das zweite Quartal stellt Micron einen Umsatz von USD 18.3 bis 19.1 Mrd. sowie einen Gewinn je Aktie von USD 8.22 bis 8.62 in Aussicht. Analysten hatten im Vorfeld lediglich mit einem Umsatz von rund USD 14.4 Mrd. und einem Gewinn je Aktie von USD 4.71 gerechnet. Entsprechend sprang die Aktie um 10.2% nach oben. Auf Sektorenebene zeigte sich ein wirtschaftssensitives Bild. Die Bereiche Zyklischer Konsum, Kommunikationsdienste und Technologie schwangen obenauf. Unterdurchschnittlich schnitten hingegen die Sektoren Energie, Nichtzyklischer Konsum und Immobilien ab.

Kapitalmärkte

Rendite 10-jährige Staatsanleihen
USA: 4.14%; DE: 2.85%; CH: 0.32%

Die neusten US-Inflationszahlen hatten gestern kaum Einfluss auf die Kapitalmärkte. In einer ersten Reaktion auf die höheren EZB-Inflationsprognosen sind die Zinsen in Europa gestern jedoch kurzzeitig um 5 Basispunkte angestiegen. Nach der Pressekonferenz von EZB-Präsidentin Lagarde verflüchtigte sich dieser Anstieg allerdings wieder und die Zinsen schlossen praktisch unverändert. Insgesamt sind die Renditen der 10-jährigen deutschen Bundesanleihen sowie des 10-jährigen «Eidgenoss» - getrieben von Spekulationen rund um den weiteren Zinspfad der Europäischen Zentralbank - seit Anfang Monat jedoch um mehr als 10 Basispunkte angestiegen.

Währungen

Euro in Franken: 0.931
US-Dollar in Franken: 0.795
Euro in US-Dollar: 1.172

Die Bewegungen an den Devisenmärkten hielten sich gestern trotz Publikation der neusten US-Inflationsdaten und dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank in Grenzen. Der Euro bewegt sich zum Schweizer Franken weiterhin im Bereich von 93 Rappen. Auch der US-Dollar hat sich in der zweiten Jahreshälfte im Vergleich zum Franken insgesamt nur wenig verändert.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 56.02 pro Fass
Goldpreis: USD 4'325.30 pro Unze

Seit vergangenem Freitag notiert der Preis für eine Unze Gold wieder über der Marke von 4'300 US-Dollar. Damit nähert sich der Goldpreis mit grossen Schritten den Rekordwerten von Mitte Oktober an. Im Vergleich mit Anfang Jahr beträgt das Plus rund 64%.

Wirtschaft und Konjunktur

Europäische Zentralbank: Leitzins (Einlagefazilität)
aktuell: 2.00% (erwartet: 2.00%, Vormonat: 2.00%)

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen für die Eurozone wie erwartet unverändert belassen. In ihrem Statement zeigten sich die Währungshüter überzeugt, dass sich die Inflation in der Eurozone auf mittlere Sicht beim Zielwert von 2% stabilisieren dürfte. Dennoch revidierten die EZB-Ökonomen ihre Prognosen leicht nach oben. So soll die Inflation im Jahr 2026 noch durchschnittlich 1.9% betragen, während man im September noch von 1.7% ausgegangen war. Die Kerninflation soll 2026 durchschnittlich bei 2.2% und damit leicht über dem Ziel von 2% verharren. Ebenfalls nach oben revidiert wurden die Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2025 (1.4% vs. 1.2%) und 2026 (1.2% vs. 1.0%). Hinsichtlich des weiteren Zinspfades liess sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde jedoch wie gewohnt nicht in die Karten blicken. Sie betonte, dass die EZB von Sitzung zu Sitzung entscheiden werde und sich dabei auf die Entwicklung der Konjunktur- und Inflationsdaten abstützen werde.

Patrick Häfeli

Portraitfoto von Patrick Häfeli, Senior Strategieanalyst Fixed Income bei der St.Galler Kantonalbank
Senior Strategieanalyst Fixed Income
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Angela Truniger

Portraitfoto von Angela Truniger, Senior Finanzanalystin bei der St.Galler Kantonalbank
Senior Finanzanalystin
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8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Céline Koster

Portraitfoto von Céline Koster, Strategieanalystin bei der St.Galler Kantonalbank
Strategieanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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