17. November 2025, CIO-Sicht | Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Die Anleger sind nervös geworden – das ist gut so
Die Nervosität an den Finanzmärkten steigt. Die hochgelobten Tech-Aktien sind neu auf der Verliererseite, wobei diese Aussage zu relativieren ist.
Im Fokus
Die Nervosität an den Finanzmärkten steigt. Die hochgelobten Tech-Aktien sind neu auf der Verliererseite, wobei diese Aussage zu relativieren ist. Die Aktie von Nvidia hat 12% verloren, ist aber immer noch 84% teurer als Mitte April. Diejenige von Palantir verlor 19%, wird aber immer noch zum 10-fachen im Vergleich zu Anfang 2024 gehandelt. Der Volatilitätsindex VIX ist innert kurzer Zeit auf 22% gestiegen. Im mittelfristigen Chart ist das ein Erdbeben mit Stärke 3 und fällt nicht besonders auf. Die Unsicherheit schwappt wie üblich auf die anderen Märkte über. Der Bitcoin verliert 25%. Die Kryptowährungen handeln trotz des Rückschlags immer noch auf einem hohen Niveau. Im Gold werden auch Gewinne mitgenommen. Einzig der sichere Hafen Franken lockt mit seinen Leuchttürmen. Dass es an den Finanzmärkten zu solchen Gegenbewegungen kommt, ist nach dem Rally der letzten Monate normal und auch gut so. Dass die Crash-Propheten aus der Versenkung auftauchen und sich ins Szene setzen, gehört ebenfalls dazu.
Anleger waren zu sorglos
Dass die amerikanische Bundesverwaltung mehr als einen Monat geschlossen war, interessierte die Märkte nicht. Dabei ist ein Shutdown dieser Länge nicht nur für die betroffenen Angestellten eine schwere Belastung, sondern auch für die US-Wirtschaft. Die Ankündigungen der grossen Investitionsvorhaben in KI wurden bejubelt, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob sich diese Investitionen je auszahlen. Dass die Fed und Jerome Powell sich bezüglich Zinssenkungen immer vorsichtig geäussert haben, wurde in der Euphorie überhört. An die US-Zölle hat man sich auch gewöhnt. Wer nicht als Unternehmer direkt betroffen ist, für den wurden sie je länger, je mehr zu einer Zahl, die sich zwischendurch halt ändert. Das schnelle Geld wollte nicht abseitsstehen und sprang auf den fahrenden Zug auf.
Nicht alles ist schlecht
Ob die gigantischen Investitionen in KI die gewünschten Effekte zeigen werden, wird man erst in ein paar Jahren sehen. Vorderhand gehen sie weiter. Die KI-Unternehmen werden weiterhin viel Geld verdienen und die US-Wirtschaft wird von den Investitionen in Rechenzentren und ähnlichem profitieren. Neben den KI-Investitionen bleibt der Konsum in den USA eine verlässliche Stütze. Die Arbeitslosigkeit nimmt zwar zu und die Jobsicherheit ab, aber vor allem bei den jüngeren Leuten und den Minderheiten. Die für den Konsum wichtigste Bevölkerungsgruppe der Leute im mittleren Alter ist bisher nur wenig betroffen. Auch wenn die Fed im Dezember den Zins nicht senken sollte, sprechen die Zinsen für die Aktien. Die Fed hat noch viel Potenzial, bei Bedarf die Zinsen zu senken. Das alles zeigt sich auch an den Finanzmärkten. Bei Kursrückschlägen, praktisch egal wo, finden sich rasch wieder Käufer, die die tieferen Preise als Kaufgelegenheit sehen.
Sich von den Aktien zu verabschieden, ist nicht opportun
Die grösseren Kursschwankungen tun dem Aktienmarkt gut. Die Trittbrettfahrer und Momentum-Trader lösen ihre Positionen auf. Eine wenig loyale Investorengruppe verliert dadurch an Bedeutung. Die US-Wirtschaft, die entscheidende Stütze des Aktienmarktes, steht nicht vor dem Fall in eine Rezession. Klar sind die Bewertungen teilweise hoch, insbesondere bei den US-Titeln und den Rüstungsaktien. Die Schweizer Aktien sind dagegen nicht teuer bewertet. Die Unternehmen trotzen der Unsicherheit und zeigen mehrheitlich gute Zahlen. Die Gewinnerwartungen der Analysten für das nächste Jahr werden nach oben revidiert. Man darf die Augen vor den Gefahren der aktuellen KI-Blasen-Diskussion nicht verschliessen. Aufgelaufene Gewinne in diesen Titeln abzuschöpfen, ist daher keine schlechte Idee. Wenn man an den Finanzmärkten in nächster Zeit etwas verdienen will, muss man jedoch weiter auf die Aktien setzen.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.65%, S&P500: -0.05%, Nasdaq: +0.13%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.85%, DAX: -0.69%, SMI: -0.84%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.21%, HangSeng: -1.01%, S&P/ASX 200: +0.02%
Das Ende der Schliessung der US-Bundesverwaltung hat keinen markanten Einfluss auf die Aktienmärkte gehabt. Vielmehr wartet man auf die zurückgehaltenen Daten aus der US-Wirtschaft. Das gleiche gilt für die vorläufige Einigung der Schweiz mit den USA im Handelsstreit. Der S&P 500 legte letzte Woche 0.08% zu. Die europäischen Aktien stiegen 2.29%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 2.46% abschloss.
Die Marktlage präsentiert sich bemerkenswert robust. Zwar kommt es vereinzelt zu kleineren Rückschlägen, doch treten nach negativen Handelstagen regelmässig neue Käufer auf den Plan. Auf globaler Ebene wurden die Wachstumserwartungen für das laufende Jahr in vielen Ländern nach oben revidiert. Auch die US-Wirtschaft ist solide unterwegs, obwohl der amerikanische Arbeitsmarkt jüngst Anzeichen einer Abschwächung zeigte. Die Unternehmensresultate fielen bislang mehrheitlich erfreulich aus. Die zentrale Frage ist, wie lange der Aufschwung im amerikanischen Technologiesektor noch anhalten kann. Zuletzt sorgten die zunehmenden Verflechtungen unter den grossen Tech-Unternehmen für Diskussionen. Ein direkter Vergleich mit der Situation bei der Dotcom-Blase drängt sich zwar fundamental aufgrund der soliden Gewinndynamik noch nicht auf, doch die Risiken einer Korrektur nehmen zu. Gleichwohl überwiegt derzeit an den Märkten das Vertrauen, dass Chancen und Risiken einander die Waage halten.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.142%; DE: 2.720%; CH: 0.180%
Die Erwartung, dass die Fed Mitte Dezember den Leitzins das nächste Mal senken wird, ist unter 50% gefallen. Die Renditen der Obligationen haben mit einem Anstieg darauf regiert. Das Ausmass der Bewegung ist jedoch bescheiden.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.7950
Euro in US-Dollar: 1.1601
Euro in Franken: 0.9222
Der Franken ist stärker geworden. Ob das eine Reaktion auf die Einigung im Zollstreit oder ein Zeichen der grossen Unsicherheit der Anleger ist, ist schwer zu beurteilen. Auf einen schwachen Franken zu wetten, hat sich einmal mehr als nicht sehr erfolgsversprechend gezeigt.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 59.46 pro Fass
Goldpreis: USD 4'057.88 pro Unze
Der Goldpreis hält sich standhaft über der Marke von 4'000 US-Dollar pro Unze. Die Preisschwankungen werden grösser, vor allem in absoluten Zahlen. Das verwundert nicht. 1% bei 4'000 US-Dollar ist ja auch doppelt so viel wie bei 2'000 US-Dollar.
Wirtschaft
Ob und wann die in den USA während der Schliessung der Verwaltung zurückgehaltenen Wirtschaftsdaten veröffentlicht werden, ist nicht klar. Wie zuverlässig die Erhebung der Daten in den letzten Wochen und momentan war, kann auch mit einem Fragezeichen versehen werden. Die nächsten Zahlen müssen mit Vorsicht beurteilt und interpretiert werden.
Thomas Stucki
8021 Zürich
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