
US-Markt: Neue Spielregeln für die Ostschweizer Exportwirtschaft
Zölle, Währungsturbulenzen, Auftragsflaute: Die Herausforderungen für Ostschweizer Exporteure sind einmal mehr gross. Was bedeuten die hohen US-Zölle für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem US-Markt?
Seit dem 7. August gilt für die meisten Schweizer Exporte in die USA ein Zollsatz von 39% – der höchste eines europäischen Landes und deutlich mehr als die 15%, die auf Exporte aus der EU erhoben werden. Die Auswirkungen dieser Zölle auf die Unternehmen variieren je nach Wettbewerbssituation stark, sind jedoch für die Ostschweizer Exportindustrie insgesamt erheblich. Zudem bleibt die Unsicherheit rund um die US-Handelspolitik hoch. Selbst ein bilaterales Abkommen mit den USA würde die Planungssicherheit nur teilweise verbessern, da neue Zolldrohungen gegen einzelne Länder oder Branchen jederzeit möglich sind.
Nicht nur direkte Exporte in die USA betroffen
Direkt von den US-Zöllen betroffen sind Unternehmen in der Ostschweiz, die ihre Produkte in die USA exportieren. Trotz starker Spezialisierung in Nischenmärkten dürfte ein Zoll von 39% für viele Exporteure kaum auf die Kundschaft abwälzbar sein – insbesondere dort, wo es Konkurrenz aus den USA oder der EU gibt. Die zusätzlichen Kosten drücken auf die Margen, während höhere Preise die Nachfrage gefährden. Doch auch Zulieferer für die Industrie in der EU geraten unter Druck. Viele Ostschweizer Unternehmen liefern Komponenten, Maschinen oder Spezialteile an grosse Schweizer oder europäische Exporteure, deren Endprodukte in die USA verkauft werden. Diesen Unternehmen drohen eine sinkende Nachfrage oder Preisverhandlungen entlang der Lieferkette. Zudem hemmt die Unsicherheit über künftige Handelsbedingungen die Investitionstätigkeit. Die erwartete weltwirtschaftliche Abkühlung dürfte die Situation zudem weiter verschärfen.
Schwacher US-Dollar verschlechtert Wettbewerbsfähigkeit
Die erratische Politik von US-Präsident Donald Trump hat das Vertrauen in den US-Dollar beschädigt. Seit Jahresbeginn hat die US-Währung gegenüber allen wichtigen Währungen deutlich an Wert verloren – gegenüber dem Schweizer Franken um 14%, gegenüber dem Euro um 13%. US-Zölle und Wechselkurseffekte zusammen führen dazu, dass Schweizer Produkte auf dem US-Markt innerhalb weniger Monate um rund 50% teurer geworden sind – ein massiver Wettbewerbsnachteil für exportierende Unternehmen.
Herausfordernde Situation in der Industrie
Die neuen Zölle treffen die Ostschweizer Industrie in einer bereits angespannten Lage. Die schwache Nachfrage aus Europa sorgt bereits seit geraumer Zeit für einen schleppenden Auftragseingang. Durch die US-Zölle gerät die Exportwirtschaft nun zusätzlich unter Druck. Besonders die in der Ostschweiz stark vertretene Investitionsgüterindustrie dürfte in den kommenden Monaten eine schwächere Nachfrage verzeichnen. Die Herausforderungen für die Unternehmen sind erheblich – aber gerade in unserer Region gibt es zahlreiche Beispiele für Unternehmen, die aus schwierigen Phasen gestärkt hervorgegangen sind. Die Ostschweizer Industrie hat bereits mehrfach bewiesen, dass sie auch unter Druck innovations- und anpassungsfähig bleibt.
Herausgegriffen: Pharmaindustrie am stärksten von den USA abhängig
Die EU ist für die Unternehmen aus dem Kanton St. Gallen der wichtigste Absatzmarkt, gefolgt von den USA. Jährlich werden Waren im Wert von rund 2 Milliarden Schweizer Franken in die USA exportiert. Dies entspricht 18% der Gesamtexporte des Kantons St. Gallen. Die grösste Bedeutung haben die USA für die lokale Pharmaindustrie. Diese exportierte im Jahr 2024 79% ihrer produzierten Güter in die USA und ist mit einem Exportvolumen von CHF 800 Millionen auch absolut am stärksten vom US-Markt abhängig. Damit sind die USA für die St. Galler Pharmaindustrie als Absatzmarkt sogar noch wichtiger als die EU. Für die in der Ostschweiz traditionell stark vertretene MEM-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie) sind die USA ebenfalls von Bedeutung. 18% aller Exporte von Präzisionsinstrumenten sowie 15% der Exporte aus dem Maschinenbau gehen in die USA. Allerdings exportiert auch die EU einen beträchtlichen Teil in die USA, weshalb ein Teil der Exporte in die EU später in die USA exportiert wird und damit ebenfalls vom US-Markt abhängig ist.
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