
Zollstreit belastet Ausblick in der Ostschweizer Industrie
Trotz der 90-tägigen Zollpause von US-Präsident Trump erhöht die US-Handelspolitik den Druck auf die Ostschweizer Industrie. Die wirtschaftliche Unsicherheit bleibt hoch und der erhoffte Aufschwung entsprechend fragil.
Leichter Aufschwung jäh gestoppt
In der Ostschweizer Industrie deuteten zuletzt erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung auf eine mögliche Wende hin. Die Bestellungseingänge zogen wieder leicht an. Auch der Bestand an Auslandsaufträgen und die Auslastung der Produktionskapazitäten wurden von den befragten Unternehmen zuletzt leicht positiver eingeschätzt – wenn auch ausgehend von einem tiefen Niveau. Ausgerechnet in diese Phase eines zaghaften konjunkturellen Aufschwungs fielen nun jedoch die handelspolitischen Turbulenzen, ausgelöst durch die US-Zollpolitik. Dadurch wurde die Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung abrupt gebremst. Im April ist die Zuversicht auf weiter steigende Bestellungseingänge deutlich gesunken. Ebenso trübten sich die Erwartungen zur Geschäftsentwicklung ein.
Mehr Unsicherheit, weniger Investitionen
Die Exportwirtschaft in der Ostschweiz gerät durch die US-Zölle zusätzlich unter Druck. Unmittelbar von den Zöllen betroffen sind Unternehmen, die Güter in die USA exportieren. Das höhere Zollniveau und der stärkere Schweizer Franken verteuern diese Exporte. Die Auswirkungen der US-Zölle gehen aber darüber hinaus: Betroffen sind auch Zulieferer für Güter, die später zum Beispiel aus der Europäischen Union in die USA exportiert werden. Zudem erschwert die Unsicherheit Investitionsentscheide weltweit. Projekte und Investitionen, die nicht sofort umgesetzt werden müssen, werden aufgeschoben. Dies trifft besonders die in der Ostschweiz stark verankerte Investitionsgüterindustrie. Je länger die Phase der Unsicherheit andauert, desto weitreichender werden die Auswirkungen sein.
Verlangsamung der Konjunktur droht
Die Unsicherheit hinterlässt auch global ihre Spuren. Zusammen mit den materiellen Effekten der US-Zölle droht eine Verlangsamung der weltweiten Wirtschaftsentwicklung. Davon wäre auch die Schweiz als kleine, offene Volkswirtschaft mit einer Währung mit «Save-Haven-Status» überdurchschnittlich betroffen. Wie stark die US-Zölle die Konjunktur tatsächlich treffen werden, lässt sich im Moment aber noch nicht eindeutig einschätzen. Die konjunkturelle Visibilität ist aktuell äusserst eingeschränkt. Auffällig ist: Noch vor dem Inkrafttreten der Zölle stiegen die Exporte in die USA spürbar an – ein Hinweis auf Vorzieheffekte aufgrund von Lageraufstockungen. Dieser Sondereffekt verzerrt die Wirtschaftsdaten zusätzlich. Ein klareres Bild ist erst mit den Zahlen der kommenden Monate zu erwarten.
Ausblick mit Fragezeichen
Wie sich die Lage in den kommenden Monaten weiterentwickeln wird, hängt stark vom weiteren Verlauf des Zollstreits ab. Sowohl weitere Verhandlungserfolge als auch neue Zollankündigungen können die Situation rasch wieder verändern. Entsprechend schwer fällt auch den Osterschweizer Unternehmen die Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage. Zwei Drittel der Industrieunternehmen berichten von einer grossen Unsicherheit. Für die kommenden Monate überwiegen die Abwärtsrisiken – nicht zuletzt wegen des ungelösten Zollstreits. Die Ostschweizer Industrie hat jedoch in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass sie mit anspruchsvollen Rahmenbedingungen umgehen kann – auch in herausfordernden Zeiten.
Herausgegriffen:
Schwacher US-Dollar trifft auf Frankenstärke
Zu Jahresbeginn zeigte sich der Schweizer Franken weitgehend unauffällig. Im April jedoch änderte sich das Bild: Im Kontext der US-Zollpolitik, der globalen Unsicherheit und der hohen Marktvolatilität wertete der Franken gegenüber sämtlichen wichtigen Währungen auf. Mit rund 7% war die Aufwertung gegenüber dem US-Dollar im April besonders ausgeprägt. Im Vergleich zum Euro war die Aufwertung mit rund 2% geringer. Blickt man in die Zukunft, dürfte die US-Zollpolitik ein zentraler Taktgeber an den Devisenmärkten bleiben: Solange der handelspolitische Ausblick ungewiss bleibt, steht der Schweizer Franken weiterhin hoch in der Gunst. Sollte noch zusätzliche Unsicherheit aufkommen, ist auch eine weitere Aufwertung denkbar. Andererseits könnten positive Meldungen wie die jüngsten Verhandlungsergebnisse auch wieder eine Abschwächung mit sich bringen.