28. Juli 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Zauberlehrlinge sind am Werk

Am Mittwoch wird die Fed ihren Leitzins bei 4.375% belassen, so zumindest ist die Erwartung des Marktes. Das wird Donald Trump nicht gefallen und er wird erneut an der Unabhängigkeit der Fed pickeln.

Im Fokus

Am Mittwoch wird die Fed ihren Leitzins bei 4.375% belassen, so zumindest ist die Erwartung des Marktes. Das wird Donald Trump nicht gefallen und er wird erneut an der Unabhängigkeit der Fed pickeln. Dabei muss er nur bis im nächsten Mai warten, wenn er Jerome Powell mit einem ihm hörigen Fed-Präsidenten ersetzen kann. Powell könnte zwar noch weitere zwei Jahr Fed-Governor bleiben, was er sehr wahrscheinlich aber nicht machen wird. Bereits im Januar 2026 kann Trump eine weitere Position als Governor besetzen, wenn die Amtszeit von Adriana Kugler ausläuft. Die Neuen werden sich dem Willen von Trump beugen. Wie stark sich die anderen dagegen auflehnen werden, wird man sehen. Die bisherigen Erfahrungen mit der Administration, dem Kongress und den Gerichten machen dazu nicht viel Hoffnung. Im Vorfeld der Zwischenwahlen werden die Zinsen in den USA deshalb wohl stark nach unten gedrückt werden. Auch wenn das ökonomisch sogar gerechtfertigt wäre, wird man es als Akt der Unterwürfigkeit anschauen und die Unabhängigkeit der Fed in Frage stellen.

Türkei 2.0?

Bei der Frage, welche Folgen ein Vertrauensverlust in die Fed haben werden, sind sich die Beobachter ziemlich einig: Der US-Dollar sinkt, die Inflation und die langfristigen Zinsen steigen. Als Begründung wird auf die Türkei verwiesen, die diese Erfahrung gemacht hat, als Präsident Erdogan die Zinspolitik bestimmte. Die Richtung wird auch für die USA stimmen, wobei das Ausmass deutlich geringer ausfallen wird als in der Türkei. Zum einen sind die US-Märkte grösser und träger, zum andern hat die Fed mehr Möglichkeiten und Mittel als die Türkische Zentralbank, um korrigierend einzugreifen.

Steuerung der Zinskurve als Korrekturelement

Das Senken der Leitzinsen hilft nur den Zinsausgaben des Staates, aber nicht dem Bürger und Wähler, der eine Hypothek braucht. Diese hängt an den langfristigen Zinsen. Der Druck auf die Fed wird deshalb gross sein, die ganze Zinskurve zu steuern, wie es die Bank of Japan lange gemacht hat. Allein die Ankündigung einer Zinskurvensteuerung durch die Fed hätte eine dämpfende Wirkung auf die langfristigen Zinsen. Mit Shortpositionen in den Treasuries auf höhere Zinsen zu wetten, wäre in diesem Fall ein riskante Strategie. Dennoch muss die Fed bereit sein, mit viel Geld Anleihen jeglicher Laufzeiten aufzukaufen. Die Folge ist eine massive Ausweitung der Liquidität im System, was wiederum zusätzlich inflationsfördernd wirkt und weitere Korrekturmassnahmen verlangt. Die Kollateralschäden und Verzerrungen in der Wirtschaft wären auch in den USA gross, wenn diese Politik über eine längere Zeit verfolgt würde.

Wenn in den USA investieren, dann in Aktien

Die Folgen für die Finanzmärkte sind schwierig zu beurteilen. Wie das Beispiel der Türkei zeigt, muss eine Abwertung der Währung und ein Anstieg der Inflation für die US-Aktien nicht negativ sein. In US-Aktien kann man in einem solchen Umfeld investieren. Man darf aber den Moment zum Verkaufen nicht verpassen, bevor die Fed die Notbremse zieht und den Leitzins zur Inflationsbekämpfung massiv anheben muss, wie 1974. Meiden sollte man dagegen US-Obligationen. Diese verlieren sowohl über irgendwann doch steigende Zinsen und durch den Verlust auf der Währung an Wert. Generell macht es Sinn, das Währungsrisiko des US-Dollars abzusichern. Zumindest einen positiven Effekt hat das Ganze. Da die kurzfristigen US-Zinsen gesenkt werden, sinken auch die Kosten für die Währungsabsicherung.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0,47%, S&P500: +0.40%, Nasdaq: +0.24%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.06%, DAX: -0.32%, SMI: -0.75%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.99%, HangSeng: +0.40%, S&P/ASX 200: +0.38%

Die möglichen oder doch nicht zustande kommenden Zollabkommen mit den Amerikanern beherrschen nach wie vor die Stimmung an den Aktienmärkten. Da die Informationslage sich immer wieder ändert, fehlt den Investoren die Orientierung. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.46% zu. Die europäischen Aktien sanken 0.13%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.21% abschloss.

Die Aktienmärkte zeigen sich bislang gegenüber den amerikanischen Zolldrohungen erstaunlich gelassen. Unter den Marktteilnehmern ist die Annahme weitverbreitet, dass Trump seine Drohungen nicht vollumfänglich umsetzen wird. Ein stabilisierender Faktor bleibt zudem der weltweite KI-Boom und die starke Chip-Nachfrage. In Europa wirken Infrastruktur- und Rüstungsinvestitionen unterstützend. Die US-Konjunktur bleibt auch robust. Die Dynamik am Arbeitsmarkt schwächt sich zwar leicht ab, aber insgesamt ist die Lage weiterhin gut. Von Rezession ist derzeit keine Rede. Die ökonomischen Folgen vieler Zollmassnahmen treten allerdings erst zeitverzögert ein. Der Aufschwung an den Aktienmärkten beruht jedoch zunehmend auf wenigen Titeln, was die Anfälligkeit für Korrekturen erhöht. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus liegt auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.390%; DE: 2.718%; CH: 0.441%

An den Kapitalmärkten herrscht sommerliche Ruhe. Die Zinsen bewegen sich wenig und zufällig. Sie reagieren kurz auf eine Meldung in die eine oder andere Richtung, um dann auf einen neuen Impuls zu warten. Daran wird auch die geldpolitische Sitzung der Fed am Mittwoch nicht viel ändern.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.7954
Euro in US-Dollar: 1.1749
Euro in Franken: 0.9345

Der US-Dollar konnte sich im Bereich knapp unter 80 Rappen zum Franken stabilisieren. Argumente für ein Rallye des Greenbacks gibt es wenige, solange Trump mit Zolldrohungen und Attacken gegen die Fed die Schlagzeilen füllt.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 65.45 pro Fass
Goldpreis: USD 3'340.46 pro Unze

Der Preis für Kakaobohnen hat sich vom Höchstwert gelöst und liegt rund 20% tiefer. Im Vergleich zum Vorjahr muss aber immer noch 60% mehr bezahlt werden. Zudem sind die kurzfristigen Preisschwankungen anhaltend gross, was die Lage für die Schokoladenhersteller nicht einfacher macht.

Wirtschaft

Deutschland: IFO-Geschäftsklimaindex (Juli) letzter: 88.4; erwartet: 89.0; aktuell: 88.6

Die Stimmung bei den deutschen Firmen hat sich etwas verbessert. Die Erwartungen bleiben aber aufgrund der Unsicherheit über mögliche Handelshemmnisse verhalten. Zudem ist nicht klar, ob und wie stark die Bemühungen der Regierung zur Ankurbelung der Konjunktur in Deutschland erfolgreich sein werden.

Thomas Stucki

Portraitfoto von Thomas Stucki, Leiter Investment Center bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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