20. Oktober 2025, CIO-Sicht | Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Wie stehen die Chancen auf eine Jahresendrally?

Historisch zählt das vierte Quartal jeweils zu den stärksten Börsenphasen. Nach einem bereits starken Börsenjahr hoffen Anleger auch 2025 auf eine Jahresendrally, doch die Vorzeichen sind gemischt.

Im Fokus

Im 4. Quartal richtet sich der Blick der Anleger traditionell auf eine mögliche Jahresendrally. Die Frage, ob die Aktienmärkte in den verbleibenden Wochen des Jahres 2025 nochmals zulegen können, ist aktueller denn je. Nach einem volatilen, aber sehr erfreulichen Börsenjahr mit zweistelligen Kursgewinnen bei den meisten Aktienmärkten, stellt sich die Frage, ob die in der Vergangenheit oftmals beobachteten saisonalen Muster auch diesmal greifen werden.

 

Historische Stärke im Schlussquartal

Statistisch gilt das vierte Quartal als die renditestärkste Phase des Jahres. Über die vergangenen fünf Jahrzehnte erzielte der weltweite Aktienmarkt im Schlussquartal eine durchschnittliche Performance von 4.6%. Das ist etwa doppelt so viel wie in den übrigen drei Quartalen. Besonders der November und der Dezember stechen hervor. Mit durchschnittlichen Zuwächsen von jeweils rund 2% zählen sie zu den besten Börsenmonaten überhaupt. Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Monatsperformance liegt am globalen Aktienmarkt im November bei rund 66%, im Dezember sogar bei über 80%. Ähnliche saisonale Verläufe zeigen sich in allen grossen Märkten, allerdings reagiert der defensivere Schweizer Aktienmarkt in der Regel etwas verhaltener. Generell verstärkt sich das Muster, wenn das laufende Jahr bereits positiv verlaufen war.

 

Was aktuell für eine Rally spricht

Mehrere Faktoren sprechen für eine Fortsetzung der positiven Saisonalität. Erstens bleibt das Marktmomentum trotz der jüngsten Konsolidierung hoch. Dies zeigte sich etwa jüngst beim Kursrückgang, nachdem Trump neue Zölle gegenüber China angedroht hatte. Kaum zeichnete sich eine Entspannung ab, kehrten die Käufer rasch zurück. Zweitens sorgt das sogenannte «Window Dressing» institutioneller Anleger für zusätzliche Nachfrage, da Fondsmanager ihre Portfolios zum Jahresende mit Gewinnern aufwerten. Drittens stützt die Liquiditätssituation die Märkte: Die Aussicht auf weitere Zinssenkungen in den USA stärkt die Risikobereitschaft. Gleichzeitig schichten viele Anleger im Schlussquartal frische Mittel in Aktien um.

 

Die Luft wird dünner

Doch es gibt auch Gegenargumente. Die Märkte sind nach den sehr positiven letzten Monaten hoch bewertet, insbesondere die grossen US-Technologiewerte. Ein Teil der Kursgewinne der vergangenen Monate basiert auf Erwartungen, die sich in den kommenden Quartalsberichten erst bestätigen müssen. Hinzu kommt, dass negative Unternehmensnachrichten wie jüngst der Konkurs von First Brands in den USA oder geopolitische Unsicherheiten, etwa rund um den Handelskonflikt, jederzeit zu Gewinnmitnahmen führen können. Auch aus makroökonomischer Sicht zeigt sich ein ambivalentes Bild: Das Wachstum hat sich zwar nicht so stark abgeschwächt, wie im Frühling noch befürchtet wurde, doch mehren sich die Schwächesignale am amerikanischen Arbeitsmarkt.

 

Fazit: Chancen und Risiken halten sich die Waage

Die Jahresendrally ist kein Naturgesetz, aber ein wiederkehrendes Phänomen, genährt durch saisonale Psychologie und taktische Umschichtungen. Historische Muster und das anhaltend starke Momentum sprechen dafür, dass die Aktienmärkte auch dieses Jahr zum Ausklang nochmals zulegen könnten. Gleichzeitig mahnen hohe Bewertungen und geopolitische Risiken zur Vorsicht. In der Summe halten sich Chancen und Risiken einer Jahresendrally in etwa die Waage. Wer sich dafür positionieren möchte, kann dies tun. Im Allgemeinen sollten Anleger sich jedoch nicht von kurzfristigen Schwankungen leiten lassen, sondern ihre strategische Allokation diszipliniert beibehalten.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.52%, S&P500: +0.53%, Nasdaq: +0.52%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.79%, DAX: -1.82%, SMI: -0.45%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -1.44%, HangSeng: -2.48%, S&P/ASX 200: -0.81%

Nachdem Zweifel an der Bonität regionaler US-Banken einige nervöse Anleger zu panikartigen Verkäufen nach dem Motto «erst verkaufen, dann fragen» veranlasst hatten, kehrte am Freitag die Zuversicht wieder zurück. Der S&P 500 legte über die Woche hinweg um 1.71% zu. Bei den europäischen Aktien betrug das Plus auf Wochensicht 1.39%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.87% abschloss.

Das globale Wachstum bleibt positiv und die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA erachten wir derzeit als tief. Der Handelskonflikt dämpft jedoch die konjunkturelle Dynamik in den betroffenen Ländern. Obwohl die Unsicherheitsfaktoren zahlreich sind, zeigen sich die Aktienmärkte bisher robust. Viele Indizes markieren neue Höchststände und sind mittlerweile teuer bewertet. Insbesondere in den USA sind die Unternehmensergebnisse grösstenteils erfreulich ausgefallen und die Gewinnerwartungen für die kommenden Quartale bleiben positiv. Einer der Haupttreiber ist die anhaltend hohe Nachfrage nach Halbleitern, die vom weltweiten KI-Boom befeuert wird. Allerdings wird die Kursentwicklung verstärkt von wenigen Schwergewichten aus dem Technologiesektor getragen. Diese Konzentrationsrisiken sowie die einseitige Positionierung vieler Investoren erhöhen die Anfälligkeit für Korrekturen. Gleichwohl überwiegt derzeit an den Märkten das Vertrauen, dass Chancen und Risiken einander die Waage halten.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.02%; DE: 2.58%; CH: 0.16%

Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe kletterte am Freitag wieder über die Marke von 4%, nachdem sie am Vortag den tiefsten Stand seit über einem Jahr erreicht hatte. An den europäischen Kapitalmärkten war zum Wochenschluss nur wenig Bewegung zu spüren. Die Renditen der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe und auch der 10-jährigen Eidgenossenanleihe schlossen praktisch unverändert.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.7928
Euro in US-Dollar: 1.1674
Euro in Franken: 0.9255

In den letzten Tagen war der Franken aufgrund seines Rufs als sicherer Hafen wieder stärker gefragt. Der US-Dollar bewegte sich am Freitag gegenüber dem Franken grösstenteils seitwärts. Der Euro verlor leicht an Boden und schloss gegenüber dem Franken 0.2% tiefer.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 57.25 pro Fass
Goldpreis: USD 4'254.58 pro Unze

Der Goldpreis nahm am Freitagmorgen die Marke von 4'400 USD je Unze ins Visier. Anschliessend setzte eine Gegenbewegung ein, sodass Gold zum Tagesschluss 1.7% tiefer notierte. Auf Wochensicht verblieb dennoch ein deutliches Plus von 5.8%. Der Ölpreis der US-Sorte WTI bewegte sich am Freitag um die Marke von 57 USD je Barrel und verzeichnete auf Wochenbasis ein Minus von 2.3%. Die Aussagen von US-Präsident Trump, wonach die angekündigten Zölle auf chinesische Produkte nicht von Dauer seien und ein Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in zwei Wochen stattfinden werde, sorgten für eine gewisse Entspannung.

Wirtschaft

Es wurden am vergangenen Freitag keine Konjunkturdaten aus der ersten Reihe veröffentlicht.

Dominik Schmidlin

Portraitfoto von Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analyse bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Anlagestrategie und Analyse
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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