11. August 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Wie geht es weiter?

Was bedeuten die US-Zölle für die Schweizer Wirtschaft und die Finanzmärkte? Vieles konnte man dazu hören und lesen. Wie es weitergeht, ist aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen, da die Haltung der Amerikaner sich jederzeit ändern kann, oder auch nicht.

Im Fokus

Was bedeuten die US-Zölle für die Schweizer Wirtschaft und die Finanzmärkte? Vieles konnte man dazu hören und lesen. Was wir darüber denken, wird nachfolgend zusammengefasst. Wie es weitergeht, ist aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen, da die Haltung der Amerikaner sich jederzeit ändern kann, oder auch nicht. Das gilt sowohl für den Basiszoll von 39% als auch für die Zolldrohungen gegen die Pharmabranche. Wir gehen davon aus, dass es mit der Zeit gelingen wird, den Basiszoll etwas zu senken, wahrscheinlich in den Bereich von 15% - 20%. Vorerst wird man sich aber mit den 39% arrangieren müssen. Die Pharmabranche ist eine andere Baustelle und betrifft nicht nur die Schweizer Firmen.

Keine Angst vor einer Rezession, solange der Zollstreit nicht eskaliert

Die Zölle betreffen vor allem Exportbranchen und Firmen, die es bisher schon nicht leicht hatten und unter der Schwäche in Deutschland leiden. Ihre wirtschaftlichen Probleme wurden bisher durch den Binnenmarkt aufgefangen. Der Binnenmarkt und der Private Konsum werden die Schweizer Konjunktur weiterhin stützen. Das BIP-Wachstum wird sich abschwächen. Eine Rezession erwarten wir aber nicht. Die grösste Gefahr für die Schweizer Wirtschaft wäre eine Eskalation des Zollstreits auf globaler Ebene, beispielsweise eine massive Anhebung der US-Zölle gegenüber der EU. Das würde die Weltwirtschaft drastisch schädigen. Momentan sieht es nicht danach aus, aber das kann sich ändern.

SNB macht auf Fed

Die SNB hat momentan keinen Handlungsbedarf. Ähnlich wie die Fed muss sie zuerst einschätzen, was die Zölle für Auswirkungen auf die Inflation und die Konjunktur haben werden. Im Unterschied zur Fed geht es bei der SNB darum, wie stark die Inflationsrate sinkt. Jetzt die Zinsen zu senken, bringt den betroffenen Unternehmen nichts. Eine Erleichterung wäre ein schwächerer Franken. Daraus wird leider nichts. Der Franken wird zum Dollar nicht billiger werden. Das hat aber mehr mit dem Dollar als mit dem Franken zu tun. Das Vertrauen in den Dollar ist angekratzt. Mit den Angriffen gegen die Fed, den öffentlichen Forderungen von Trump für markant tiefere Zinsen und dem aggressiven Vorgehen gegenüber ihren Handelspartnern untergraben die Amerikaner das Ansehen des Dollars zusätzlich. Dagegen kann die SNB nichts machen.

Aktienmarkt zeigt sich gelassen

Die Schweizer Aktien haben bisher gelassen auf den US-Zoll reagiert. Fundamental ist das gerechtfertigt, emotional doch einigermassen überraschend. Es spricht für die Liquidität des Marktes, die Qualität der gehandelten Unternehmen und die Rationalität der Investoren. Auch das kann sich jedoch ändern. Wie stark die Aktien leiden und wer betroffen ist, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen, wenn sich die Unternehmen klarer positionieren. Es lohnt sich, sein Depot bezüglich der Sensitivität der Unternehmen hinsichtlich des direkten und indirekten Handels mit den USA zu überprüfen. Nur auf Luxus- und Uhrentitel zu setzen, ist mutig. Binnenorientierte Titel aus Sektoren wie den Versicherungen, den Banken oder den Versorgern sollten dabei sein. Pharmatitel kann man haben. Ob sie im Portfolio ein Gewicht von 26% wie bei einem ETF auf den Swiss Performance Index oder gar von 30% bei einem SMI-ETF haben sollten, ist angesichts der Drohungen von Trump gegen die Pharmafirmen zu hinterfragen. Industrieaktien, die bisher qualitativ gut waren, sind das immer noch. Eine Immobilienaktie als Ergänzung ist ein Gedanke wert. Die Schweizer Zinsen werden in diesem Umfeld nicht steigen, was den Immobilienmarkt attraktiv macht. Mit einem gut diversifizierten, auf die Qualität der Firmen geprüften Portfolio wird man auch durch diesen Sturm ohne grösseren Schaden kommen.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.47%, S&P500: +0.78%, Nasdaq: +0.98%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.29%, DAX: -0.12%, SMI: +0.15%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: +0.19%, S&P/ASX 200: +0.30%

Die Aktienmärkte lassen die Zollflut von Trump weiter an sich abperlen. Das gilt auch für die Schweizer Aktien, obschon der für die Schweiz bestimmte Zollsatz von 39% ein arger Dämpfer ist. Auch die Zweifel am Zustand der US-Wirtschaft lassen die Investoren für den Moment kalt. Der S&P 500 legte letzte Woche 2.43% zu. Die europäischen Aktien stiegen 3.53%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.25% abschloss.

Die Aktienmärkte zeigten sich bislang gegenüber den amerikanischen Zolldrohungen erstaunlich gelassen. Unter den Marktteilnehmern ist die Annahme verbreitet, dass Trump seine Drohungen am Ende doch nicht vollumfänglich umsetzen und viele Ausnahmen zubilligen wird. Ein stabilisierender Faktor bleibt zudem der weltweite KI-Boom und die starke Chip-Nachfrage. In Europa wirken Infrastruktur- und Rüstungsinvestitionen unterstützend. Die US-Konjunktur bleibt vorderhand auch robust. Die Dynamik am Arbeitsmarkt schwächt sich zwar ab, aber insgesamt ist die Lage weiterhin gut. Von Rezession ist derzeit keine Rede. Die ökonomischen Folgen vieler Zollmassnahmen treten allerdings erst zeitverzögert ein. Der Aufschwung an den Aktienmärkten beruht jedoch zunehmend auf wenigen Titeln, was die Anfälligkeit für Korrekturen erhöht. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus liegt auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.283%; DE: 2.690%; CH: 0.294%

Während die Schweizer Aktien auf den Zollhammer nur bedingt reagieren, sieht es bei den Zinsen anders aus. Die Zinsen sind deutlich auf den tiefsten Wert seit Mitte Juni gefallen. Der Gedanke an eine Zinserhöhung der SNB in mittlerer Frist passt nicht mehr zu den Aussichten für die Schweizer Wirtschaft.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8063
Euro in US-Dollar: 1.1672
Euro in Franken: 0.9412

Der Euro hält sich weiterhin gut, sowohl zum US-Dollar als auch zum Franken. Gegenüber dem Franken ist er wieder über die Marke von 94 Rappen gestiegen. Die Konstruktionsmängel des Euro und die Schuldenfrage sind angesichts der Probleme der Konkurrenten in den Hintergrund gerückt.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 63.45 pro Fass
Goldpreis: USD 3'377.48 pro Unze

Der Druck auf den Ölpreis hat nachgelassen, nachdem für Donald Trump Sanktionen gegen Russland und seine Ölexporte offenbar nicht mehr so wichtig sind.

Wirtschaft

Am Dienstag werden in den USA die Inflationsdaten für den Juli veröffentlicht. Die Frage wird wiederum sein, welche Auswirkungen die Zölle haben. Wahrscheinlich werden sie sich auch im Juli noch im Rahmen gehalten haben. Eine Entspannung bei der Inflation in Richtung des Zielwerts der Fed von 2% werden wir jedoch auch nicht sehen.

Thomas Stucki

Portraitfoto von Thomas Stucki, Leiter Investment Center bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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