09. April 2025, Konjunktur | Meine Anlagewelt

US-Zollpolitik trifft Ostschweizer Wirtschaft besonders stark

Die neuen US-Zölle sind eine Herausforderung für die exportorientierten Unternehmen in der Ostschweiz.

Am 2. April hat die Trump-Administration neue Einfuhrzölle angekündigt. Neben einem pauschalen Zoll von 10% auf fast alle Einfuhren, wurden zusätzliche Zölle auf Waren aus Ländern beschlossen, welche gegenüber den USA einen hohen Handelsüberschuss aufweisen. Die Schweiz ist mit einem Zollsatz von 31% überdurchschnittlich stark betroffen, wobei Pharmaprodukte von den neuen Zöllen vorerst ausgenommen sind. Die neuen Zölle traten zwischen dem 5. und 9. April in Kraft. Für viele exportorientierte Unternehmen in der Ostschweiz bringt diese Entwicklung neue Herausforderungen mit sich.

Exporte in die USA verlieren an Wettbewerbsfähigkeit

Im Kanton St. Gallen gingen im Jahr 2023 rund 18 Prozent der Exporte in die USA – hinter Deutschland war dies der zweitwichtigste Absatzmarkt. Die Bedeutung des US-Markts für die exportorientierten Unternehmen der Region hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen: 2020 lag der Anteil noch bei 15 Prozent. Viele Unternehmen haben seither ihre Aktivitäten in den USA ausgebaut – nicht zuletzt, weil traditionell wichtige Absatzmärkte wie Deutschland und Europa wirtschaftlich geschwächelt haben. Für betroffene Unternehmen bedeutet der neue Zollsatz von 31 Prozent eine spürbare Verteuerung ihrer Produkte auf dem US-Markt – sie werden dort faktisch um 31 Prozent teurer. Damit geraten sie in einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten aus Ländern mit tieferem Zollsatz, etwa aus der EU (20 Prozent), oder gegenüber Unternehmen mit Produktionsstandorten in den USA. Viele Unternehmen stehen daher nun vor der Frage, ob sie Preiszugeständnisse machen und dadurch Einbussen bei der Marge in Kauf nehmen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nicht nur Direktexporteure spüren die Folgen: Viele Ostschweizer Unternehmen liefern als Zulieferer Komponenten, Maschinen oder Spezialteile an grosse Schweizer oder europäische Exporteure, deren Endprodukte in die USA verkauft werden. Diese indirekten Exporte geraten ebenso unter Druck – etwa durch sinkende Nachfrage oder Preisverhandlungen entlang der Lieferkette.

Zollerhöhung vom 2. April nach Handelspartner

{"barCategories":[{"category":"Irland","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 20"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 4"}]},{"category":"Vereinigtes K\u00F6nigreich","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 10"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":"12"}]},{"category":"Italien","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 20"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 16"}]},{"category":"Frankreich","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 20"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 17"}]},{"category":"Schweiz","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 31"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 18"}]},{"category":"Deutschland","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 20"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 18"}]},{"category":"Indien","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 26"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 20"}]},{"category":"Japan","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 24"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 22"}]},{"category":"S\u00FCdkorea","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 25"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 22"}]},{"category":"Taiwan","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 32"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 26"}]},{"category":"China","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 34"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 30."}]},{"category":"Thailand","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 36"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 32"}]},{"category":"Vietnam","barDataPoints":[{"subCategory":" angek\u00FCndigte Zollerh\u00F6hung","value":" 46"},{"subCategory":" effektive Zollerh\u00F6hung inkl. Ausnahmen (handelsgewichtet)","value":" 41"}]}],"chartType":"column","yAxisTitle":"Z\u00F6lle in %","unitSign":"","commaPosition":""}

Ostschweizer Industrie besonders stark betroffen

Die pauschalen Zölle treffen fast alle bedeutenden Exportgüter der Ostschweizer Industrie. Gerade Maschinen, Präzisionsteile und Elektrotechnik wurden in der Vergangenheit häufig in die USA geliefert. Diese Güter stehen nun im verschärften Wettbewerb mit Produzenten aus den USA selbst, aber auch der EU, Südkorea oder Mexiko, deren Zölle teilweise deutlich tiefer ausfallen. Im Gegensatz dazu bleiben Chemie – und Pharmaprodukte von den neuen US-Zöllen ausgenommen. Diese machen schweizweit rund zwei Drittel der Exporte in die USA aus. Bei der stärker MEM-geprägten Ostschweiz liegt dieser Anteil jedoch nur bei rund einem Drittel. Die Ostschweiz ist damit im regionalen Vergleich klar stärker von den Zöllen betroffen als beispielsweise die pharmazentrierte Region Basel.

Unsicherheit bremst Investitionen

Die aktuelle Unsicherheit führt dazu, dass Investitionen zurückgestellt werden. Nicht dringliche Projekte werden vertagt, strategische Entscheidungen verschoben. Gerade in der Ostschweizer MEM-Industrie, die stark auf Investitionsgüter spezialisiert ist, schlägt sich diese Zurückhaltung direkt in der Nachfrage nieder. Die Zölle treffen die Ostschweizer Industrie in einem bereits herausfordernden Umfeld. Bereits seit einiger Zeit berichten viele Unternehmen von einem schleppenden Auftragseingang und leeren Auftragsbüchern. Mit den neuen Zöllen droht eine weitere Eintrübung – insbesondere, wenn sich die Handelspolitik der USA in den kommenden Monaten weiter verschärfen sollte oder andere Länder mit Gegenmassnahmen reagieren und damit den globalen Handel weiter belasten sollten. Zusätzlich erschwerend könnte eine Aufwertung des Schweizer Frankens wirken, wenn Anlegerinnen und Anleger aufgrund der globalen Unsicherheiten einen sicheren Hafen suchen.

Starke Nischenposition ist ein Vorteil

Während internationale Konzerne mit US-Standorten ihre Produktion mittelfristig verlagern können, fehlt KMU meist diese Möglichkeit. In der Ostschweiz sind aber viele hochspezialisierte Unternehmen tätig, die in einer globalen Nische führend sind. Ihre Produkte sind schwer ersetzbar, was kurzfristig eine gewisse Robustheit bietet – mittelfristig kann aber auch dieser Vorteil erodieren, wenn sich Kundinnen und Kunden nach Alternativen umsehen. Trotz aller Herausforderungen: Ostschweizer Unternehmen sind robust aufgestellt. Ihre Produkte sind komplex, oft individualisiert, und erfordern hochqualifiziertes Fachpersonal in der Herstellung. In vielen Fällen gibt es weltweit nur wenige Anbieter mit vergleichbarer Qualität. In früheren Krisen – etwa nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Jahr 2015 – haben sie ihre Widerstandsfähigkeit bereits unter Beweis gestellt. Trotz der einmal mehr erschwerten Rahmenbedingungen dürfte sich die Kombination aus Innovationskraft, Qualitätsbewusstsein und Flexibilität auch diesmal als Vorteil erweisen.

Handlungsoptionen: Flexibel bleiben – Märkte beobachten

Viele Unternehmen prüfen derzeit, wie sie ihre internationalen Lieferketten anpassen oder neue Absatzmärkte erschliessen können. Auch Kooperationen mit europäischen Partnern, Investitionen in Automatisierung, Produktivitätssteigerungen oder die gezielte Diversifikation der Märkte rücken wieder stärker ins Zentrum der strategischen Überlegungen. Der Handlungsdruck ist hoch – aber gerade in der Ostschweiz gibt es zahlreiche Beispiele für Unternehmen, die aus schwierigen Phasen gestärkt hervorgegangen sind. In einem dynamischen Umfeld bleibt der Blick nach vorn entscheidend – und der ist in der Ostschweizer Wirtschaft traditionell stark ausgeprägt.

Céline Koster

Portraitfoto von Céline Koster, Strategieanalystin bei der St.Galler Kantonalbank
Strategieanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Ihr nächster Schritt

Möchten Sie unsere Research-Berichte als Newsletter erhalten? Abonnieren Sie die Themen-Newsletter unseres Investment Centers oder verschaffen Sie sich mit unserem kompakten Anlagemagazin /sicht einen Gesamtüberblick.