
30. Juni 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Unsicherheit ist das neue Normal
Das erste Halbjahr 2025 hat einiges geboten. Der Wirtschaftskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt wurde durch harsche Worte und taktische Rückzüge ausgefochten. Das Lagebild ist dabei nebulös und kann sich je nach Stimmungslage des US-Präsidenten rasch ändern.
Im Fokus
Das erste Halbjahr 2025 hat einiges geboten. Der Wirtschaftskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt wurde durch harsche Worte und taktische Rückzüge ausgefochten. Das Lagebild ist dabei nebulös und kann sich je nach Stimmungslage des US-Präsidenten rasch ändern. Der Wirtschaftskrieg wurde zwischendurch durch einen echten Krieg zwischen dem Iran und Israel aus den Schlagzeilen vertrieben. Bevor die Finanzmärkte dessen Folgen einschätzen konnten, wurde er durch Trump als beendet erklärt. Elon Musk und sein irrlichternder Abbruch der amerikanischen Verwaltung hat man schon vergessen. In der Schweiz hat die Nationalbank wieder Negativzinszinsen eingeführt, ohne diese so zu benennen.
Finanzmärkte trotzen der Unsicherheit
Die Aktienmärkte liessen sich zuerst beeindrucken, bevor sie die Kursverluste wieder aufholten. Insgesamt haben die Aktien den Anlegerinnen und Anleger im ersten Halbjahr Freude bereitet. Die Obligationenmärkte haben ihre Aufgabe auch erfüllt. Als die Aktienkurse im April einbrachen, haben sie die Portfolios stabilisiert. Mehr wird von ihnen in diesem Umfeld nicht erwartet. Als gute Investition in unsicheren Zeiten hat sich einmal mehr das Gold erwiesen. Die Kryptowährungen wurden vom Umfeld von Trump nach Kräften unterstützt. Dennoch konnten sie nicht verbergen, dass sie den Aktien folgen, sowohl nach oben als auch nach unten. Der grosse Verlierer des ersten Halbjahres war der US-Dollar, der nicht nur zum Franken, sondern auch zum Euro deutlich an Wert verlor und nie zu einer Gegenbewegung ausholen konnte. Vielmehr erodiert das Vertrauen in den Dollar und damit auch sein Wert zusehends weiter.
Unsicherheit bleibt ein treuer Begleiter
Aus dem Hause Trump wird es auch im zweiten Halbjahr die eine oder andere Überraschung geben. Flexibilität und Nehmerqualitäten werden weiterhin gefragt sein. Die grösste Bedrohung geht von den Zöllen aus. Die von Trump festgelegte Frist für den Abschluss von Handelsverträgen läuft Anfang Juli aus. Viel Konkretes hat man bisher nicht gehört. Es ist gut möglich, dass Trump aus Frustration wieder die Zollkeule schwingen wird, zumindest vorübergehend. Dazu kommt, dass die bereits in Kraft gesetzten Zölle erst jetzt ihre Wirkung auf die Preise und die Konjunktur entfalten werden, nachdem die «zollfreien» Lager aufgebraucht sind. Die amerikanische Wirtschaft erweist sich aber als widerstandsfähig. Dass sie schwächer wird, zeigt sich in verschiedenen Bereichen, beispielweise in tieferen Konsumausgaben oder sinkenden Preisen für Hotelübernachtungen und Flugtickets. Einen abrupten Fall in eine Rezession wird es jedoch nicht gegeben. Zudem wird die Fed mit tieferen Zinsen einen positiven Impuls setzen, wenn sie die Folgen der Zölle besser einschätzen kann.
Fortführung der bisherigen Strategie ist die beste Lösung
In einer Marktlage mit einer so geringen Visibilität lohnt es sich nicht, an den Finanzmärkten grosse Experimente zu wagen. Zu überraschend und zu stark sind die Kursbewegungen. Um ein gut diversifiziertes Aktienportfolio kommt man auch im Rest des Jahres nicht herum. Dieses muss neben konservativeren Titeln auch Aktien aus zyklischen Sektoren umfassen. Die US-Wirtschaft wird sich an die durch die Zölle veränderten Rahmenbedingungen anpassen. In Europa werden die Ausgabenprogramme konkreter werden und die Fantasie der Anleger stimulieren. Ein paar Technologieaktien als Ergänzung braucht es auch. Neben den Aktien müssen die Obligationen und das Gold ihre Funktion als Stabilisator fortführen. Meiden sollte man Anleihen in US-Dollar, trotz der erwartenden Zinssenkungen der Fed. Diese werden nicht nur der Konjunktur helfen, sondern auch die Inflationserwartungen erhöhen. Eine steilere Zinskurve und höhere langfristige Zinsen werden die Folge sein. Dazu kommt die Schwäche des US-Dollars.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +1.00%, S&P500: +0.52%, Nasdaq: +0.52%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +1.56%, DAX: +1.62%, SMI: +0.84%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +1.13%, HangSeng: -0.42%, S&P/ASX 200: +0.59%
Meldungen, wonach die Amerikaner sich mit China in Handelsfragen geeinigt hätten, haben die Aktienmärkte beflügelt. Wie diese Einigung aussieht und ob sie wirklich in trockenen Tüchern ist, bleibt jedoch unklar. Der S&P 500 legte letzte Woche 3.44% zu. Die europäischen Aktien stiegen 1.76%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.97% abschloss.
Die Finanzmärkte reagieren weniger ausgeprägt auf Äusserungen von US-Präsident Donald Trump als auch schon. Der anhaltende Zollkonflikt wirkt aber weiterhin verzerrend auf die Konjunkturdaten. Vor- und Nachholeffekte sowie die Zurückhaltung von Konsumenten und Unternehmen erschweren eine Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Die zwischenzeitliche Eskalation im Nahen Osten hat die Märkte wenig interessiert. Vielmehr hat der Rückgang des Ölpreises nach dem verkündeten Ende des Krieges den Aktien geholfen. Aus ökonomischer Sicht messen wir dem Zollkonflikt eine grössere Bedeutung bei. Mit starken Kursschwankungen und neuen Zoll-Drohungen ist zu rechnen. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus liegt auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.281%; DE: 2.592%; CH: 0.466%
Im Unterschied zum April, als die Drohungen von Trump, den Fed-Präsidenten zu entlassen, die Renditen der US-Treasuries nach oben trieben, sind diese nun nach den Ausfällen von Trump gegen Powell gefallen. Die Finanzmarktteilnehmer erwarten, dass die Fed einknickt und die Zinsen rascher senken wird als geplant. Ich denke, da haben sie die Rechnung ohne Jerome Powell gemacht.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.7977
Euro in US-Dollar: 1.1736
Euro in Franken: 0.9361
Der Kriechgang des US-Dollars geht weiter. Donald Trump versucht, den Druck auf die Fed und Jerome Powell zu erhöhen, die Zinsen zu senken. Das kommt am Devisenmarkt nicht gut an. Der US-Dollar verliert nicht nur gegen den Franken an Wert, sondern auch gegenüber den anderen Währungen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 65.23 pro Fass
Goldpreis: USD 3'287.07 pro Unze
Für die Produzenten von Erdöl lautet das Motto: «so gewonnen, so zerronnen». Nachdem der Krieg zwischen dem Iran und Israel und die im Raum stehende Drohung der Schliessung der Strasse von Hormuz den Ölpreis nach oben getrieben haben, hat das von Trump angekündigte Ende des Konflikts den Preis wieder auf das alte Niveau nach unten gedrückt. Dabei sprechen wir von einer Preisschwankung von satten 15%. Das aktuelle Niveau ist eine schlechte Meldung für die US-Produzenten, die bei einem Preis von 65 US-Dollar pro Fass nichts mehr verdienen.
Wirtschaft
USA: Personal Income (Mai) letztes: 0.7%; erwartet: 0.3%; aktuell: -0.4%
USA: Personal Spending (Mai) letztes: 0.2%; erwartet: 0.2%; aktuell: -0.1%
Die Einkommen der amerikanischen Haushalte sind im Mai gesunken. Zusammen mit der Unsicherheit, welche Folgen die von Trump angedrohten Zölle haben werden, hat das die Stimmung der Konsumenten belastet. Das zeigt sich auch daran, dass sie sowohl für Dienstleistungen wie Reisen oder für Käufe dauerhafter Güter wie Autos weniger Geld ausgegeben haben.
Thomas Stucki

8021 Zürich

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