
10. April 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Unerwartete Zollpause versetzt US-Aktienmärkte in Euphorie
Auf die überraschende Ankündigung einer dreimonatigen Zollpause durch US-Präsident Trump reagierten die US-Börsen gestern mit einem gewaltigen Freudensprung. In der Schweiz stehen heute die Zwischenberichte von Givaudan, Barry Callebaut und Comet im Fokus.
Im Fokus
Kurz nachdem die neuen Einfuhrzölle in Kraft getreten sind, hat die US-Regierung eine 90-tägige Zollpause für die meisten Länder angekündigt. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ist hingegen weiter eskaliert. In den Tagen seit der Ankündigung der neuen Zölle hat es an den internationalen Finanzmärkten massive Kursverluste gegeben. Es mehren sich die Sorgen um eine Verlangsamung der Weltwirtschaft.
Zollpause nach massiven Verlusten an den internationalen Finanzmärkten
Kurz nachdem die neuen länderspezifischen Zölle auf Einfuhren in die USA in Kraft getreten sind, hat US-Präsident Trump eine 90-tägige Zollpause für die meisten Länder verordnet. Während dieser Zeit gilt ein deutlich reduzierter Zollsatz von 10%. An den Zöllen gegen China will die US-Regierung jedoch festhalten. Zuvor hatten die Zölle für massive Verluste an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Am 3. April verbuchten die US-Aktienmärkte den grössten Ein-Tages-Kursrückgang seit dem Jahr 2020. Neben den unmittelbaren Auswirkungen der Zölle trieben insbesondere die Sorgen um die US-Wirtschaft und höhere Inflationsraten die Märkte ins Minus. Teilweise wird sogar von einer drohenden Rezession in den USA berichtet. Diese Ängste werden zusätzlich befeuert durch die weitere Eskalation des Handelskonflikts mit China.
Eskalation im Handelskonflikt USA-China
China war von Anfang an eines der Hauptziele von Trumps Zollpolitik. Schon mit den am 2. April angekündigten Einfuhrzölle ergab sich eine Gesamtrate von 54% auf chinesische Güter. Im Sinne von Gegenmassnahmen hat China daraufhin seinerseits ein Paket von Massnahmen angekündigt, u.a. mit Zöllen in der Höhe von 34% auf US-Güter. Trump wiederum reagierte darauf, indem er per 9. April die Zölle für Produkte aus China nochmals deutlich erhöhte, auf insgesamt 125%. China zog wiederum nach und erhöhte seinerseits den Zoll auf 84%. Diese Reihe an Massnahmen und Gegenmassnahmen stellen eine erhebliche Eskalation des Handelskonflikts dar, dessen weiterer Verlauf sich im Moment nur schwer abschätzen lässt. Eine rasche Beruhigung ist im Moment nicht absehbar, da sich die Handelsmassnahmen im Kontext der allgemeinen Rivalität zwischen den beiden Grossmächten abspielen.
Aussergewöhnliche Marktbewegungen
Die aktuelle Situation bleibt auch eine Woche nach Trumps Liberation Day äusserst dynamisch. Die Nervosität an den globalen Finanzmärkten ist hoch. Sowohl die Tagesbewegungen als auch die Volatilitäten im Handelsverlauf an den Aktien- und Zinsmärkten sind derzeit aussergewöhnlich und verstärken die ohnehin angespannte Stimmung. An den Kreditmärkten sind die Kreditaufschläge ebenfalls deutlich angestiegen, allerdings befinden sich diese noch nicht auf Krisenniveau. Diese Abweichung deutet auf eine Marktverzerrung hin: Entweder übertreiben die Aktienmärkte in ihrer aktuellen Risikoaversion – oder die Bondmärkte unterschätzen die Gefahr.
Implikationen für Anleger
Am US-Aktienmarkt kam es gestern zu einem markanten Stimmungsumschwung: Eine überraschende Ankündigung von Präsident Donald Trump sorgte für eine breite Risiko-Rallye. Länder, die keine Vergeltungsmassnahmen ergriffen haben – darunter auch die Schweiz –, sollen «belohnend» mit einem reduzierten Zoll von 10% sowie einer 90-tägigen Aussetzung zusätzlicher Zölle bedacht werden. Insgesamt sind 75 Länder betroffen. Die Märkte reagierten mit starken Kursgewinnen: Die wichtigsten US-Indizes legten um 7-10% zu, während die Volatilität um rund 20 Prozentpunkte sank. Doch ist damit der Zeitpunkt gekommen, ins Risiko zu gehen? Aus unserer Sicht: noch nicht. Solange aus den USA und China keine klaren Signale einer Entspannung kommen, dürfte die Volatilität hoch bleiben. Fortschritte in den Zollverhandlungen könnten zwar Erleichterung bringen – die Visibilität bleibt jedoch begrenzt und erfordert eine laufende Neubewertung. Eine nachhaltige Trendwende der Märkte ist daher vorerst nicht zu erwarten. In diesem Umfeld ist Besonnenheit gefragt: Wer breit diversifiziert ist, langfristig denkt und seiner Strategie treu bleibt, ist auch in turbulenten Zeiten gut aufgestellt.
Aktienmarkt Schweiz
SMI: -4.15%, SPI: -4.08%, SMIM: -3.49%
Der Schweizer Aktienmarkt zog gestern erneut einen verlustreichen Tag ein. Nach der technischen Erholung vom Dienstag startete der SMI bereits mit deutlichen Verlusten in den Handel, die er in einem von hoher Volatilität geprägten Umfeld noch ausbaute und schliesslich 4.2% schwächer schloss. Die Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China lastete auf der Stimmung. Zudem hatte Trump in einem Interview vor neuen Abgaben auf Pharmaprodukten gewarnt, die bisher von den Zöllen ausgenommen waren. Als Folge gehörten die beiden Pharmaschwergewichte Roche und Novartis mit Verlusten von 5.8% respektive 6.4% zu den schwächsten grosskapitalisierten Werten. Ebenfalls stark unter Druck standen die Aktien von Logitech (-5.4%). Der Computerzubehörhersteller wird aufgrund seiner fehlenden Produktionspräsenz in den USA als Verlierer der Zollsituation gesehen. Aufgrund zunehmender Rezessionsängste gerieten mit Holcim (-4.3%), ABB (-4.7%), Kühne + Nagel (-4.8%), Swiss Re (-4.8%), UBS (-4.9%) vor allem konjunktursensitive Titel und Finanzwerte unter Verkaufsdruck. Vergleichsweise robust hielten sich die Aktien von Givaudan (-0.2%) und Swisscom (unverändert). Beide Unternehmen erwirtschaften ihre Umsätze zum grössten Teil in Europa und sind damit von den neuen Zöllen praktisch nicht betroffen. Im breiten Markt gehörten Galderma (-8.7%) und Sandoz (-7.8%) zu den Tagesverlierern. Sie wurden analog zu Roche und Novartis von den Befürchtungen um hohe Pharmazölle gebremst. Die Zykliker ams (-8.1%) und Adecco (-5.7%) wurden von Rezessionsängsten belastet. Die Aktien von Mobilezone brachen um 17.3% ein. Allerdings war ein bedeutender Teil des Rückgangs auf den gestrigen Dividendenabgang von 90 Rappen zurückzuführen.
Aktienmärkte Europa
EuroStoxx50: -3.17%, DAX: -3.00%
Die europäischen Börsen drehten gestern nach der kurzen Erholung vom Dienstag ebenfalls wieder tief in die Verlustzone. Die Eskalation des Handelskonflikts und Sorgen um die möglichen Folgen für die Weltkonjunktur lasteten auf der Stimmung. Der EuroStoxx50 konnte sich am späten Nachmittag von den Tiefstständen lösen und schloss 3.2% tiefer. Der DAX gab 3.0% nach, während der britische FTSE 100 um 2.9% zurückfiel. Sämtliche Branchenindizes schlossen mit Kursverlusten. Am stärksten unter Druck stand der Gesundheitssektor, der stark negativ auf die Aussagen von US-Präsident Trump bezüglich möglicher Pharma-Zölle reagierte. Ebenfalls unter Druck standen Aktien aus dem Energiesektor, die vom deutlichen Rückgang der Ölpreise beeinflusst wurden. Im Quervergleich am besten hielten sich Unternehmen aus den defensiven Sektoren Basiskonsum, Kommunikationsdienste und Versorger.
Aktienmärkte USA
Dow Jones: +7.87%, S&P 500: +9.52%, Nasdaq: +12.16%
Nachdem US-Präsident Trump gestern Abend überraschend eine 90-tägige Zollpause ankündigte, sprangen die amerikanischen Aktienmärkte nach oben und machten die Kursverluste der verlustreichen letzten Handelstage mit einem gewaltigen Kurssprung weitgehend wieder wett. Für diejenigen Staaten, die keine Vergeltungszöllen erhoben, werden die erst gestern in Kraft getretenen US-Einfuhrzölle für 90 Tage ausgesetzt. Trump reagiert mit dem überraschenden Schritt anscheinend auf die jüngste Nervosität an den Finanzmärkten. Ein genereller Zollsatz von 10% auf US-Einfuhren bleibt jedoch für alle Staaten bestehen. Weiterhin in Kraft bleiben demnach auch die Zölle auf Aluminium, Stahl und Autos. China wird zudem wegen den zuletzt erhobenen Vergeltungszöllen von der Zollpause ausgenommen. Die US-Einfuhrzölle auf chinesische Produkte werden ab sofort sogar auf 125% angehoben. Der Dow Jones schnellte nach der Ankündigung um 7.9% nach oben, während der S&P 500 um 9.5% anzog. Beim technologielastigen Nasdaq stand zu Handelsschluss ein Kursplus von 12.2% zu Buche. Dies entspricht dem höchsten Tagesgewinn seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Die «glorreichen Sieben», rund um Alphabet, Apple, Amazon, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla gehörten zu den Tagesgewinner und schlossen zwischen 9.7% und 22.7% höher. Die Aktien von Walmart zogen um 9.6% an, nachdem der Einzelhandelskonzern trotz der neuen Zölle seine Jahresprognose bestätigte.
Unternehmensberichte
Givaudan legte heute Morgen die Umsatzzahlen zum 1. Quartal 2025 vor. Der Aromen- und Duftstoffhersteller steigerte den Umsatz im Vorjahresvergleich um 8.5% auf CHF 1.98 Mrd. Bereinigt um Währungs- und Übernahmeeinflüsse lag das Wachstum bei 7.4%. Damit schwächte sich die Wachstumsentwicklung im Vergleich zu den sehr starken 12.6% vom 4. Quartal 2024 etwas ab, lag aber immer noch klar über der mittelfristigen Zielbandbreite von 4% bis 5%. Im laufenden Geschäftsjahr 2025 rechnet Givaudan unter anderem wegen der Zölle mit steigenden Kosten, die man aber an die Kunden weitergeben will. Die Zielsetzung im Rahmen der aktuellen Strategieperiode, die noch bis Ende 2025 läuft, wurden bestätigt. Neben einem jährlichen organischen Umsatzwachstum zwischen 4% bis 5% rechnet das Management mit einem Free Cash Flow von mindestens 12% des Umsatzes. Gewinnzahlen publiziert Givaudan traditionsgemäss erst wieder mit der Publikation der Halbjahreszahlen im Juli. Die Umsatzzahlen übertreffen die Analystenerwartungen.
Barry Callebaut verkaufte im 1. Halbjahr 2024/25 4.7% weniger Schokolade als in der Vorjahresperiode. Zwischen September 2024 und Februar 2025 beliefen sich die verkauften Volumen auf 1.085 Mio. Tonnen. Beeinträchtig wurde die Verkaufsentwicklung unter anderem durch die gestiegenen Preise und verschobene Kundenaufträge. Der Umsatz stieg aufgrund der enorm gestiegenen Kakaopriese um 57% auf CHF 7.29 Mrd. Die Rohstoffpreisentwicklung wird über das «Cost-Plus-Modell» direkt an die Kunden weitergegeben, entsprechend verdient das Unternehmen daran nichts. Der bereinigte operative Gewinn (EBIT) erhöhte sich um 66.1% auf CHF 329.6 Mio. (+73.6% in Lokalwährungen). Der Reingewinn brach hingegen um 70.6% auf CHF 63.5 Mio. ein. Am laufenden Sparprogramm über CHF 250 Mio. hält das Unternehmen fest, rechnet allerdings wegen des anspruchsvollen Umfelds erst in 12 Monaten mit konkreten Ergebnissen. Die Zielsetzung für das noch bis Ende August laufende Geschäftsjahr wird leicht angepasst. Neu prognostiziert das Management einen Rückgang der Verkaufsmenge im mittleren, einstelligen Prozentbereich (zuvor: tief einstellig). Beim EBIT wird weiterhin ein zweistelliges währungsbereinigtes Wachstum erwartet. Das Ergebnis bleibt unter den Analystenerwartungen.
Comet hat heute Umsatzzahlen zum 1. Quartal 2025 publiziert. Der Spezialist für Röntgen- und Hochfrequenztechnologie steigerte den Auftragseingang im Vorjahresvergleich um 30.2% auf CHF 118.5 Mio. Der Umsatz erhöhte sich um 37.5% auf CHF 111.2 Mio. Alle drei Bereiche verzeichneten ein zweistelliges Umsatzwachstum. Für Wachstum sorgten vor allem die sich erholenden Aufträge aus der Halbleiterindustrie, während das Umfeld im Bereich der traditionellen Industrie anspruchsvoll blieb. Für das Gesamtjahr 2025 rechnet Comet weiterhin mit einem starken Wachstum im Halbleiterbereich, während bei den Industriesegmenten eine Stagnation erwartet wird. Beim Umsatz wird ein Wert zwischen CHF 480 bis 520 Mio. angestrebt, während die EBITA-Marge bei 17% bis 20% erwartet wird. In Bezug auf die US-Zölle sieht sich Comet angesichts der starken Marktstellung gut positioniert. Gewinnzahlen werden erst wieder mit dem Halbjahr publiziert. Das Zwischenergebnis übertrifft die Analystenerwartungen.
Kapitalmärkte
Rendite 10 Jahre
USA: 4.28%; DE: 2.61%; CH: 0.50%
An den Kapitalmärkten stand einmal mehr die Entwicklung der US-Treasury-Anleihe im Fokus, dessen Rendite in den Tagen davor stark angestiegen ist. Nach weiteren Ausschlägen nach oben auf bis zu 4.5% hat die Ankündigung der 90-tägigen Zollpause die Märkte wieder etwas beruhigt und auch die Rendite der US-Staatsanleihe ist wieder leicht zurückgegangen. Die Unsicherheit an den Märkten bleibt aber weiterhin gross. Heute werden die neusten Inflationszahlen aus den USA erwartet. Diese könnten neue Hinweise zum weiteren Vorgehen der US-Notenbank liefern.
Währungen
Euro in Franken: 0.9358
US-Dollar in Franken: 0.8546
Euro in US-Dollar: 1.0971
Der Schweizer Franken als sicherer Hafen hat einen turbulenten Tag hinter sich: Bereits auf einem hohen Niveau startend, hat er sich im Kontext des weiter eskalierenden Zollstreits zwischen den USA und China gegenüber dem US-Dollar nochmals weiter aufgewertet. Nach der Ankündigung der Zollpause hat er jedoch gegenüber den meisten anderen Währungen wieder an Wert verloren.
Rohwarenmärkte
Ölpreis WTI: USD 61.53 pro Fass
Goldpreis: USD 3'121.73 pro Unze
Nachdem der Ölpreis der Sorte WTI in den letzten Tagen zum ersten Mal seit Langem unter die Marke von 60 US-Dollar pro Fass gefallen ist, hat sich der Preis im Kontext der angekündigten Zollpause wieder etwas erholt. Trotzdem liegt der Ölpreis weiterhin so tief wie seit mehreren Jahren nicht mehr.
Wirtschaft und Konjunktur
China: Inflationsrate (YoY, März)
letzte: -0.7%; erwartet: 0.0%; aktuell: -0.1%
Die Inflationsrate in China hat sich nach dem Taucher im Februar (-0.7%) wieder etwas erholt und belief sich im März auf -0.1%. Die Inflation in China ist damit weiterhin deutlich geringer als der angestrebte Zielwert von «um 2%».
Matthias Müller

8021 Zürich
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