
14. April 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Trumps Achillesferse
Der Teilrückzug von Donald Trump im Zollstreit als Reaktion auf den Anstieg der Renditen der US-Obligationen wurde verschiedentlich als Trumps 'Liz Truss Moment' deklariert. So weit sind wir in den USA bei weitem noch nicht.
Im Fokus
Der Teilrückzug von Donald Trump im Zollstreit als Reaktion auf den Anstieg der Renditen der US-Obligationen wurde verschiedentlich als Trumps 'Liz Truss Moment' deklariert. Zur Erinnerung: Die britische Premierministerin Liz Truss musste im Oktober 2022 nach wenigen Wochen ihren Posten räumen, nachdem der Obligationenmarkt mit einem starken Renditeanstieg auf ihre finanzpolitischen Pläne reagiert hat. Die Rendite der 10-jährigen Gilt-Anleihe ist innert kurzer Zeit von 3.00% auf 4.50% gestiegen, was das britische Finanzsystem erschütterte. Die Bank of England musste notfallmässig eingreifen, um die Lage zu stabilisieren. Die Rendite der 10-jährigen britischen Anleihe liegt aktuell übrigens bei 4.70% und ist kein Thema. So weit sind wir in den USA bei weitem noch nicht. Die Rendite des 10-jährigen US-Treasury ist «nur» von 4.00% auf 4.50% gestiegen. Die Reaktion der Amerikaner hat aber gezeigt, wo ihr Schwachpunkt liegt. Ihr Zahlungsbilanzdefizit betrug 2024 1'130 Mrd. US-Dollar und das Budgetdefizit 1'800 Mrd. US-Dollar. Trotz DOGE und Zöllen werden die Defizite nicht verschwinden und müssen finanziert werden. Die Amerikaner sind ähnlich wie die Entwicklungsländer darauf angewiesen, dass das Ausland in den USA investiert. Der Absturz des US-Dollars zeigt, dass momentan jedoch Geld aus den USA abfliesst.
Grosser Finanzierungsbedarf des US-Treasury
Das Volumen an ausstehenden US-Treasuries hat Ende Jahr das Niveau der Schuldenobergrenze von 36'104 Mrd. US-Dollar erreicht und sogar leicht überschritten. Seither hangelt sich das Finanzministerium mit buchhalterischen Massnahmen über die Runden. Spätestens Mitte Jahr muss und wird die Schuldenobergrenze durch den US-Kongress angehoben werden. Nach der letzten Anhebung wurden in kurzer Zeit 700 Mrd. US-Dollar an zusätzlichen US-Treasury-Papieren emittiert. Das wird diesmal nicht anders sein und diese Papiere brauchen Käufer. Ein Viertel der US-Schulden wird von Ausländern gehalten, davon die Hälfte durch staatliche Organisationen wie Zentralbanken oder Staatsfonds. Wenn diese als Käufer ausbleiben, weil sie das Vertrauen in die Verlässlichkeit der USA verloren haben oder ein Protestzeichen setzen wollen, wird es schwierig sein, die zusätzlichen Papiere zu platzieren. Ob die Fed in diesem Fall einspringen kann und will, ist eine offene Frage. Die Gefahr eines deutlichen Anstiegs der Renditen ist daher recht gross.
Treasuries bestimmen die Finanzierungsbedingungen in der Wirtschaft
Ein Anstieg der Renditen der Treasuries erhöht nicht nur die Ausgaben des Finanzministeriums für die Zinsen, sondern auch die Finanzierungsbedingungen in der amerikanischen Wirtschaft. Das betrifft in erster Linie die Hypotheken. Der Zins für eine 30-jährige Standardhypothek ist zuletzt etwas gesunken, ist mit 6.70% aber immer noch hoch. Ein Anstieg auf deutlich über 7% wäre für den Immobilienmarkt eine herbe Belastung. Die Treasuries beeinflussen aber auch die Kosten für die Fremdfinanzierung der Unternehmen, sei es über Kredite der Banken oder wie in den USA verbreitet über die Ausgabe von Obligationen. Viele Unternehmen sind deutlich stärker fremdfinanziert als dies in der Schweiz der Fall ist. Das gilt vor allem für die Energiefirmen, die durch den tiefen Ölpreis eh schon unter Druck sind.
Gefahr einer US-Bankenkrise steigt
Wenn die Aktienkurse sinken, verlieren die Anlegerinnen und Anleger Geld und die Amerikaner sehen ihre private Altersversorgung dahinschmelzen. Die US-Banken trifft es aber nur indirekt, da sie keine grossen Aktienbestände als Eigenposition führen. Wenn die Preise der US-Treasuries deutlich sinken, sieht es jedoch anders aus. Viele Kredite in den USA werden mit Treasuries besichert. Wenn die Sicherung nicht mehr ausreicht, werden Nachforderungen fällig und das Risiko des Kreditportfolios steigt. Zudem haben verschiedene Banken einen rechten Teil der Kundeneinlagen in Anleihen investiert, um Zinsgewinne zu machen. Wenn die Banken auf ihren Anleihen grosse Verluste machen, schwindet das Vertrauen ihrer Kunden schnell. Die Beispiele der Silicon Valley Bank oder der First Republic Bank im Frühjahr 2023 lassen grüssen. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, aber Donald Trump spielt ein heisses Spiel und es ist zu hoffen, dass seine Entourage sich der Risiken bewusst ist.
Audio-Podcast der SGKB
Neue Zölle belasten Handel, Konsum und Industrie weltweit. Wie stark die USA, die Schweiz und insbesondere die industrielastige Ostschweiz davon betroffen sind, das ist das Thema im Gespräch zwischen unserem Chief Investment Officer Thomas Stucki und unserer Strategieanalystin Céline Koster.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +1.56%, S&P500: +1.81%, Nasdaq: +2.06%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.66%, DAX: -0.92%, SMI: -0.04%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +1.77%, HangSeng: +2.41%, S&P/ASX 200: +1.43%
Die Aktienmärkte bleiben unberechenbar. Die Kursschwankungen sind anhaltend hoch, sowohl gegen oben als auch gegen unten. Die Richtung gibt Donald Trump vor, je nachdem ob er gerade neue Zölle verhängt oder solche aufhebt. Der S&P 500 legte letzte Woche 5.70% zu. Die europäischen Aktien sanken 1.87%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 2.08% abschloss.
Wie es an den Aktienmärkten in den nächsten Tagen weitergeht, hängt davon ab, ob sich die Amerikaner und die Chinesen mit immer höheren Handelszöllen gegenseitig hochschaukeln oder nicht. Am besten wäre es, alle Beteiligten würden vorerst einmal Ruhe bewahren, bevor sie ihre nächsten Schritte entscheiden und veröffentlichen. Das gilt insbesondere für Donald Trump. Viel wird auch davon abhängen, ob und wie sich ein Widerstand gegen die Zölle in den USA selber aufbauen wird. Bis sich die bereits implementierten Zölle in der Wirtschaft negativ äussern, dauert es eine Weile. Es bleibt somit noch Zeit, zur Vernunft zurückzukehren. In Panik sich von seinen Aktien jetzt zu trennen, ist falsch. Die qualitativ guten Unternehmen werden auch diese Belastung überstehen. Sie sind auch unterschiedlich von den Zöllen betroffen, sowohl direkt als auch indirekt über die Zweitrundeneffekte. Eine gute Diversifikation über verschiedene Titel und Sektoren ist in diesem Umfeld noch wichtiger als sonst schon.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.460%; DE: 2.570%; CH: 0.435%
Die starke Aufwertung des Frankens wirft das Scheinwerferlicht auf die SNB. Wird sie reagieren und wenn ja, wie? Davon betroffen sind vor allem die Renditen der Anleihen mit kurzen Laufzeiten, die teilweise in den negativen Bereich gefallen sind. Die langfristigen Renditen liessen sich davon nicht anstecken.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8172
Euro in US-Dollar: 1.1368
Euro in Franken: 0.9289
Der US-Dollar ist stark unter Druck geraten. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der USA hat einen argen Dämpfer erlitten. Der eine oder andere Investor wird sich überlegen, ob Investitionen in den USA und insbesondere in amerikanischen Wertpapieren das Risiko noch wert sind. In seinem Schlepptau entwickeln sich auch das Britische Pfund und die Rohstoffwährungen wie die Norwegische Krone oder der Australische Dollar schwach. Der Euro hält sich dagegen wacker. Er wird plötzlich wieder eine Alternative zum Dollar.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 61.22 pro Fass
Goldpreis: USD 3'226.45 pro Unze
Das Gold scheint keine Grenze mehr zu kennen. Die Angst treibt die Investoren in das gelbe Metall, scheinbar fast zu jedem Preis.
Wirtschaft
Grossbritannien: Monthly GDP (Februar)
letztes: 0.0%; erwartet: 0.1%; aktuell: 0.5%
Die britische Wirtschaft ist im Februar sehr stark gewachsen. Die Produktion der Firmen profitierte davon, dass im Vorfeld der erwarten US-Zölle und Gegenzölle die Firmen und Konsumenten ihre Lager auffüllten. Diese Verzerrung des allgemeinen Wirtschaftsbildes wird sich auch in anderen Ländern zeigen.
Thomas Stucki

8021 Zürich

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