
26. Mai 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Trump kann es nicht lassen
Der erste Schock an den Aktienmärkten nach den Zollankündigungen von Donald Trump Anfang April ist trotz der neuerlichen Eskalation verdaut. Die starken Tagesschwankungen haben spürbar nachgelassen, was positiv ist. Dennoch bleibt die Frage, wie stark die Zölle die Konjunktur belasten werden.
Im Fokus
Um die Zolldrohungen der Amerikaner ist es in letzter Zeit ruhig geworden. Die Regelung zwischen den USA und Grossbritannien ist mehr Schein als Sein. Gegenüber China haben die Amerikaner den Rückzug angetreten. Die Liste der Ausnahmen von den bestehenden Zöllen wurde immer länger. Die Lobbyisten in Washington leisten offensichtlich gute Arbeit. Da wurde es Zeit, dass Trump sein Lieblingsthema wieder einmal auspackte. Ob er damit von seinem Misserfolg bei der Beendigung des Krieges in der Ukraine ablenken will, sei dahingestellt. Er ist offenbar der Meinung, dass die EU ein einfacherer Gegner ist als China, um Stärke zu markieren. Ob das effektiv so ist, wird sich zeigen. Interessant ist die Reaktion der Finanzmärkte.
Aktienmärkte schütteln sich nur kurz
Die Aktienmärkte haben auf die Ankündigung der Zölle gegen die EU so reagiert, wie sie das bei negativen Meldungen immer tun. Die Kurse an den europäischen Märkten und bei den amerikanischen Futures verloren rund 2% an Wert. Im Laufe des Tages wurden die Verluste zum Teil wieder aufgeholt. Im Vergleich zur Panik Anfang April war die Reaktion bescheiden. Schauen wir mal, was da kommen wird, scheint die Devise zu sein. Ob die Gelassenheit der Anleger richtig ist, kann hinterfragt werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Amerikaner die angedrohten Zölle zwar reduzieren, aber nicht ganz aufheben. Welche Wirkung die Restzölle auf die Wirtschaft und die Unternehmen haben werden, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.
Unterschiedliche Zinsentwicklung
Als Reaktion auf Trumps Ankündigung sind die Renditen der Obligationen gesunken. Während die Zinsen in Europa auf den tieferen Niveaus verharrten, sind sie in den USA rasch wieder gestiegen. Sollten die Zinsen die Wirtschaft in der Eurozone belasten, kann und wird die EZB den Leitzins stärker senken. Die Inflationsentwicklung gibt ihr den nötigen Spielraum dazu. Für die Fed sieht es anders aus. Die Zölle auf den Importen schwächen die US-Wirtschaft, haben gleichzeitig aber auch eine inflationäre Wirkung. Dem muss die Fed bei ihrer Zinspolitik Rechnung tragen. Zinssenkungen in den USA sind deshalb weniger wahrscheinlich als in der Eurozone.
US-Dollar als Verlierer
Am Devisenmarkt war die Reaktion ebenfalls klassisch. Der Franken profitierte von seinem Ruf als sicherer Hafen und wurde teurer. Der Euro hat sich im Verlauf des Tages wieder etwas erholt. Der US-Dollar hat dagegen weiter an Wert verloren, obschon die sich ausweitende Zinsdifferenz eigentlich für ihn sprechen sollte. Die erratische und aggressive Wirtschaftspolitik der US-Regierung nagt am Vertrauen für den Dollar. Das sollte Trump und seiner Entourage zu denken geben, da die Amerikaner auf ausländische Investoren angewiesen sind, um ihr Bilanzdefizit zu finanzieren. Nach der wahrscheinlichen Anhebung der Schuldenobergrenze durch den Kongress im Sommer wird das US-Treasury eine grosse Menge an zusätzlichen Staatsanleihen auf den Markt bringen müssen. Eine Mässigung im Zollstreit wäre ein gutes Argument dafür, im US-Dollar und in US-Staatsanleihen zu investieren.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.61%, S&P500: -0.67%, Nasdaq: -1.00%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -1.81%, DAX: -1.54%, SMI: -0.58%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.74%, HangSeng: -1.00%, S&P/ASX 200: +0.08%
Die Zollfragen, die zuletzt eher im Hintergrund wirkten, sind mit der Drohung von Trump gegen die EU wieder in das Scheinwerferlicht der Märkte getreten. Zudem nagen die zunehmenden Zweifel an der Kreditwürdigkeit der USA am Vertrauen der Anleger. Der S&P 500 verlor letzte Woche 2.61%. Die europäischen Aktien verloren 1.86%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.78% abschloss.
Der erste Schock an den Aktienmärkten nach den Zollankündigungen von Donald Trump Anfang April ist trotz der neuerlichen Eskalation verdaut. Die starken Tagesschwankungen haben spürbar nachgelassen, was positiv ist. Dennoch bleibt die Frage, wie stark die Zölle die Konjunktur belasten werden. Je länger die Unsicherheit anhält, desto stärker fallen die wirtschaftlichen Schäden aus. Mit starken Kursschwankungen und neuen Drohungen ist weiterhin zu rechnen. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus muss auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios liegen.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.511%; DE: 2.567%; CH: 0.359%
Die Obligationenmärkte sind hin- und hergerissen. Einerseits sind es die Befürchtungen um die US-Schulden, nachdem Moody’s den USA das Aaa-Rating entzogen hat und der Kongress mit seiner Budgetvorlage das zukünftige Defizit weiter aufblähen wird. Andererseits hat Trump mit seinen Zolldrohungen die Angst vor einer Rezession wieder aufflammen lassen. Das erste lässt die Renditen steigen, das zweite lässt sie fallen. In der Summe bleibt ein nervöses Treten an Ort.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8203
Euro in US-Dollar: 1.1410
Euro in Franken: 0.9359
Der US-Dollar ist wieder auf dem Rückzug, nachdem die USA das Vertrauen der Anleger auf den Greenback erneut strapazieren. Davon profitiert neben dem sicheren Hafen Franken auch der Euro, der sich für grosse Anleger als Alternative zum US-Dollar positionieren kann.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 61.78 pro Fass
Goldpreis: USD 3'350.31 pro Unze
Das Gold hat auf die erneuten Zolldrohungen mit einem deutlichen Kursanstieg reagiert. Wie stark das mit dem schwächeren US-Dollar oder mit der generellen Unisicherheit zu tun hat, ist schwierig zu beurteilen. Das wirtschafts- und geopolitische Umfeld wird unsicher bleiben, was für das Gold als Sicherheitsanlage spricht.
Wirtschaft
Wirtschaftspolitisch läuft aktuell vieles, bezüglich Wirtschaftsdaten dafür wie Mitte Monat üblich weniger. Viele Daten sind zudem verzerrt, da die Zolldrohungen die Marktteilnehmer zu einem unüblichen kurzfristigen Verhalten verleiten. Das Paradebeispiel sind die Importe in die USA. Die US-Unternehmen haben vor dem Beginn der Zölle noch ihr Lager gefüllt. Das US-Handelsbilanzdefizit war im März mit 164 Mrd. US-Dollar deshalb doppelt so gross wie im letzten Jahr üblich. In den Folgemonaten wird dagegen weniger importiert werden, da die Lager ja bereits gut gefüllt sind. Auf der anderen Seite profitierten die Produktionsdaten in den exportierenden Ländern davon und fallen im ersten Quartal überdurchschnittlich hoch aus.
Thomas Stucki

8021 Zürich

Ihr nächster Schritt
Möchten Sie unsere Research-Berichte als Newsletter erhalten? Abonnieren Sie die Themen-Newsletter unseres Investment Centers oder verschaffen Sie sich mit unserem kompakten Anlagemagazin /sicht einen Gesamtüberblick.