17. November 2025, CIO-Sicht | Konjunktur | Meine Anlagewelt

Schweizer Zoll-Deal mit den USA

Mit der Zolleinigung zwischen der Schweiz und den USA sinken die amerikanischen Zölle auf die meisten Schweizer Exporte von 39 auf 15 Prozent - gleich viel wie für die EU. Im Gegenzug sollen Schweizer Unternehmen bis 2028 rund 200 Milliarden US-Dollar in den USA investieren. Ziel ist, das US-Handelsdefizit gegenüber der Schweiz innerhalb weniger Jahre auszugleichen. Kurzfristig überwiegen die positiven Effekte. Mittelfristig könnten die volkswirtschaftlichen Kosten aber erheblich sein.

Was beinhaltet die Einigung mit den USA?

Der Schweizer Zoll-Deal mit den USA beinhaltet eine Reduktion der US-Zölle auf die meisten Schweizer Exportprodukte von 39 Prozent auf neu 15 Prozent. Pharmaprodukte sind aktuell weiterhin von den Zöllen ausgenommen. Im Gegenzug verpflichten sich Schweizer Unternehmen, bis Ende 2028 insgesamt 200 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Die Schweiz baut zudem eigene Einfuhrzölle auf bestimmte US-Produkte ab und gewährt neue zollfreie Kontingente, z.B. für Rind-, Bison- und Geflügelfleisch.​ Die Schweiz soll zudem keine Digitalsteuer einführen und amerikanische Sicherheitsstandards im Automobilbereich anerkennen. Durch die verschiedenen Massnahmen soll das Warenhandelsdefizit mit den USA bis 2028 beseitigt werden. Die Ratifizierung des Abkommens ist für Anfang 2026 vorgesehen.​

Die ersten Reaktionen auf die Zolleinigung zwischen der Schweiz und den USA sind positiv ausgefallen. Inzwischen zeigt sich jedoch ein differenzierteres Bild, da bislang nur wenige offizielle Angaben aus Bern vorliegen, während die US-Regierung bereits detaillierte Informationen veröffentlicht hat (Fact Sheet: The United States, Switzerland, and Liechtenstein Reach a Historic Trade Deal – The White House).

Ausgleich des Güterhandelsdefizits

Im Zentrum der Diskussion steht die amerikanische Forderung nach einem ausgeglichenen Warenhandel bis 2028. Im Jahr 2024 verzeichneten die USA noch ein Defizit im Handel mit Gütern von 38.5 Milliarden US-Dollar. Ein vollständiger Ausgleich des Handels in so kurzer Zeit ist ausserordentlich ambitioniert und mit potenziell hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Grundsätzlich gibt es aus Schweizer Sicht zwei wesentliche Stellhebel: weniger in die USA exportieren und/oder mehr aus den USA importieren.

Pharmaindustrie im Fokus

Bei den Schweizer Exporten besteht das grösste Potential zur Anpassung in der Pharmaindustrie. So haben mehrere Unternehmen bereits angekündigt, ihre Produktion und Investitionstätigkeit in den USA markant auszubauen. Eine besondere Rolle dürfte auch der Goldsektor spielen. Da die Schweiz ein globaler Knotenpunkt der Goldverarbeitung ist, könnte die Verlagerung einzelner Produktionsprozesse in die USA den Schweizer Handelsüberschuss deutlich reduzieren. In anderen Branchen wie etwa Uhren, Maschinen oder Nahrungsmittel ist der Spielraum hingegen begrenzt, ohne Geschäftsmodelle und Wettbewerbsfähigkeit deutlich einzuschränken. Begrenzte Wirkung wird auch von zusätzlichen US-Exporten in die Schweiz erwartet. Laut amerikanischer Regierung könnte der zusätzliche Marktzugang etwa 300 Millionen Dollar betragen, ein kleiner Beitrag.

Unsere Einschätzung

Die Investitionszusagen von 200 Milliarden US-Dollar bis Ende 2028 sind enorm hoch. Dafür müssen die Direktinvestitionen von Schweizer Firmen in den USA deutlich ansteigen. Das wird nicht ohne negative Rückwirkung auf die Investitionen in der Schweiz bleiben. Trotzdem überwiegen unseres Erachtens kurzfristig die positiven Effekte. Die Senkung des Zollsatzes schafft eine gewisse Planungssicherheit und nimmt Unternehmen eine lähmende Unsicherheit. Zentral ist zudem, dass Schweizer Exporteure und besonders die MEM-Branchen gleiche Wettbewerbsbedingungen wie Konkurrenten aus der EU oder Japan erhalten. Dies hilft, weitere Auslagerungen von der Schweiz ins europäische Ausland zu verhindern. Am meisten profitieren werden jene Unternehmen, bei denen der US-Umsatz hoch ist, die Wertschöpfung aber mehrheitlich in der Schweiz entsteht. Die grössten Vorteile aus der neuen Zollregelung dürften in Branchen wie der Luxusgüterindustrie und der Medizintechnik erzielt werden. Am Aktienmarkt dürfte ein Grossteil davon bereits eingepreist sein. Die Einigung wirkt aber auch insgesamt stimmungsaufhellend: So dürfte das Wirtschaftswachstum in der Schweiz im Jahr 2026 etwas höher ausfallen als die von uns bis anhin erwarteten 1%. Auch der befürchtete Stellenabbau in den betroffenen Branchen wird geringer ausfallen. Zudem verschafft die Einigung der Schweiz Zeit, um sich auf die kommenden Verhandlungsrunden mit den USA vorzubereiten.

Dominik Schmidlin

Portraitfoto von Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analyse bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Anlagestrategie und Analyse
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Roman Elbel

Portraitfoto von Roman Elbel, Senior Strategieanalyst bei der St.Galler Kantonalbank
Senior Strategieanalyst
Stauffacherstrasse 41
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