
16. Juni 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Powell im Blindflug
Einen Tag vor der Nationalbank wird am Mittwoch die Fed ihren Zinsentscheid fällen. Während die Unsicherheit über den Entscheid der SNB gross ist, hält sich diese bei der Fed in engen Grenzen.
Im Fokus
Einen Tag vor der Nationalbank wird am Mittwoch die Fed ihren Zinsentscheid fällen. Während die Unsicherheit über den Entscheid der SNB gross ist, hält sich diese bei der Fed in engen Grenzen. Obwohl Donald Trump lautstark eine Zinssenkung fordert, wird die Fed ihm diesen Gefallen nicht tun. Alles andere als ein Beibehalten des Zinsbandes zwischen 4.25% und 4.50% wäre eine grosse Überraschung. Dieser Entscheid hat nichts mit einem Machtkampf zwischen dem Fed-Präsidenten Jerome Powell und Trump zu tun. Die Fed navigiert momentan im Blindflug, welche Auswirkungen die Wirtschaftspolitik der Regierung auf die Inflation und auf die Konjunktur haben. Da ist es ein vernünftiges Vorgehen, die weitere Entwicklung abzuwarten.
Inflation zeigt sich noch nicht
Dass die Zölle auf Importgütern zumindest zum Teil über höhere Preise an die Konsumenten weitergeben werden und die Inflationsrate nach oben treiben, ist unter Ökonomen unbestritten. Bisher zeigt sich davon in den harten Daten aber noch nichts. Die Kerninflation liegt bei 2.8% und damit einiges tiefer als Anfang Jahr. Das ist nicht weiter überraschend. Bis sich die Zölle durch die Produktionskette gefressen haben, dauert es seine Zeit. Die Produzentenpreise sind im Mai mit 2.6% zwar höher ausgefallen als im Vormonat, ein Trend nach oben ist jedoch nicht erkennbar. Welche Zölle für welche Produkte aktuell gelten, ist sehr unübersichtlich. Zudem stellt sich die Frage, ob die Zollbehörden operationell überhaupt in der Lage sind, die sich stets ändernden Zölle zu berechnen und einzuziehen. Einzig bei der Konsumentenumfrage der University of Michigan zeigen sich die höheren Inflationserwartungen. Die Amerikaner erwarten, dass die Preise in den nächsten 12 Monaten um 5.1% steigen. Im Vergleich zu den 6.6% des Vormonats sind sie aber wieder entspannter.
Widerstandsfähige Wirtschaft
Die Konjunktur zeigt sich bisher auch widerstandsfähig. Der Rückgang des BIP im ersten Quartal um annualisierte 0.2% hat vor allem mit den im Februar und März vorgezogenen Importen zu tun. Im zweiten Quartal haben sich die Importe wieder normalisiert, was die BIP-Rechnung für das zweite Quartal positiv beeinflussen wird. Die Arbeitslosenrate ist mit 4.2% nahe ihrem Tiefstwert und die Wirtschaft produziert immer noch jedem Monat über Hundert Tausend neue Stellen. Langsam zeigen sich jedoch Anzeichen, dass die Unsicherheit die Konjunktur belastet. Die Zahl der Neuanträge für Arbeitslosengelder steigt an, wenn auch auf einem tiefen Niveau. Der Einkaufsmanagerindex im wichtigen Dienstleistungssektor sinkt, vor allem der Unterindex mit den Neuaufträgen. Die Preise für Flugtickets und Hotelübernachtungen werden billiger. Die Amerikaner halten sich offensichtlich mit nicht unbedingt nötigen Ausgaben zurück.
Zinsen in den USA sind hoch
Die Zinsen in den USA befinden sich über dem konjunkturneutralen Niveau. Die FOMC-Mitglieder gingen im März in ihrer eigenen Projektion davon aus, dass sie das Zinsniveau in diesem Jahr um 0.50% senken werden. Die Fed hat zudem einen expliziten Auftrag, neben der Kontrolle der Inflation auch einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Zölle werden sich in den nächsten Monaten zunehmend in den Inflationsdaten bemerkbar machen. Einen markanten Anstieg wie 2021 erwarten wir aber nicht, da es bei einer Abschwächung der Wirtschaft schwieriger wird, die die Zollkosten über höhere Preise weiterzugeben. Die Fed wird noch etwas zuwarten. Wenn sie zum Schluss kommt, dass die Inflationsgefahr nicht zu gross ist, wird sie die Zinsen rasch nach unten nehmen. Wir erwarten deshalb ab dem Herbst noch drei Zinssenkungen in diesem Jahr.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: -1.79%, S&P500: -1.13%, Nasdaq: -1.30%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -1.31%, DAX: -1.07%, SMI: -0.58%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +1.26%, HangSeng: -0.12%, S&P/ASX 200: +0.00%
Die Aktienmärkte haben auf den Angriff Israels auf den Iran klassisch mit Kursverlusten reagiert. Die Sorge gilt dabei in erster Linie der Strasse von Hormuz. Eine Sperrung dies Nadelöhrs am Ausgang des Persischen Golfes hätte negative Auswirkungen für die Versorgung mit Erdöl. Deutlich höhere Ölpreise wären die Folge. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.39%. Die europäischen Aktien verloren 2.57%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.67% abschloss.
Der Schock an den Aktienmärkten nach den Zollankündigungen von Donald Trump ist verdaut. Die Tagesschwankungen haben spürbar nachgelassen, was positiv ist. Dennoch bleibt die Frage, wie stark die Zölle die Konjunktur belasten werden. Je länger die Unsicherheit anhält, desto stärker fallen die wirtschaftlichen Schäden aus. Mit starken Kursschwankungen und neuen Drohungen ist weiterhin zu rechnen. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus muss auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios liegen.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.426%; DE: 2.535%; CH: 0.379%
An den Kapitalmärkten ist es ruhiger geworden. Das geplante Budgetprogramm der US-Regierung mit der Ausweitung der Schulden ist in den Hintergrund gerückt. Verschwunden ist es aber nicht. Der Senat wird sich in den nächsten Wochen damit befassen. Gleichzeitig wird die Zolldiskussion wieder aufflammen, wenn die Frist für Zollabkommen in der ersten Julihälfte ablaufen wird. Die Ruhe an den Kapitalmärkten kann schnell wieder vorbei sein.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8128
Euro in US-Dollar: 1.1534
Euro in Franken: 0.9375
Am Freitag ist der Franken sofort stärker geworden, als die Meldungen über den israelischen Angriff auf den Iran über den Ticker liefen. Verloren hat einerseits der Euro, andererseits aber auch der US-Dollar. Dass der Dollar in dieser Situation nicht als sicherer Hafen gesucht wurde, zeigt einmal mehr, wie angeschlagen das Vertrauen in die Amerikaner und in den Greenback ist.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 73.88 pro Fass
Goldpreis: USD 3'427.09 pro Unze
Der Ölpreis ist am Freitag deutlich gestiegen, befindet sich aber erst auf dem Niveau von Ende Februar. Die Schwankungen beim Ölpreis werden je nach Entwicklung der Ereignisse mit Mittleren Osten in den nächsten Tagen gross sein.
Wirtschaft
USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (Juni) letztes: 52.2; erwartet: 53.6; aktuell: 60.6
Die Stimmung bei den amerikanischen Konsumenten hat sich deutlich verbessert. Das Zurückrudern der Regierung im Zollstreit mit China hat die Angst vor steigenden Preisen gemildert. Reduziert hat sich auch die Angst, den Job zu verlieren. Geblieben ist die Polarisierung je nach politischer Zugehörigkeit. Während die Republikaner ihre persönliche Situation so positiv einschätzen wie letztmals vor der Amtsübernahme von Joe Biden, versinken die Demokraten trotz einer kleinen Verbesserung ihrer Stimmung immer noch im Tal der Tränen.
Thomas Stucki

8021 Zürich

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