27. Oktober 2025, CIO-Sicht | Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Kein Grund für Negativzinsen
Die SNB betont regelmässig, dass sie keine Negativzinsen möchte. Die Finanzmärkte scheinen ihr diesbezüglich aber nicht zu trauen. Ein Rückgang des Euro/Franken-Wechselkurses von 93 Rappen auf 92 Rappen hat genügt, die Spekulationen auf Negativzinsen erneut anzuheizen.
Im Fokus
Die SNB betont regelmässig, dass sie keine Negativzinsen möchte. Die Finanzmärkte scheinen ihr diesbezüglich aber nicht zu trauen. Ein Rückgang des Euro/Franken-Wechselkurses von 93 Rappen auf 92 Rappen hat genügt, die Spekulationen auf Negativzinsen erneut anzuheizen. Einzelne Analysten, vorzugsweise aus dem angelsächsischen Raum, schlagen in die gleiche Kerbe. Die Renditen der Eidgenossen-Anleihen sind bis zu Laufzeiten von 5 Jahren unter null gefallen. Die 10-jährige Anleihe des Bundes rentiert nur noch 0.15%, verglichen mit den 0.47% vom August. Der 3-jährige Swapzins ist nun ebenfalls negativ. Zumindest in den Saron-Futures zeigt sich die Erwartung von Negativzinsen nicht stärker als zuvor. Negativzinsen werden dort nicht ausgeschlossen, aber auch nicht als gegeben betrachtet. Ökonomische Gründe für eine weitere Zinssenkung der SNB gibt es jedoch keine.
Rezession in weiter Ferne
Die Schweizer Wirtschaft ist zweigeteilt. Die Industrie leidet unter den US-Zöllen und der schwachen deutschen Autoindustrie. Der Binnenmarkt läuft dagegen gut. Gebaut wird praktisch überall, der Tourismus boomt und die Leute konsumieren. Der vorausschauende KOF-Konjunkturindikator deutet mit 98.0 Punkten ein unterdurchschnittliches BIP-Wachstum an, ist aber von einem Rezessionsniveau weit entfernt. Noch tiefere Zinsen in der Schweiz lösen weder den Handelsstreit mit den USA noch helfen sie den deutschen Autobauern auf die Beine. Die Zinskosten sind auch für die Industrie kein Grund zur Sorge.
Gefahr einer Deflation ist gering
Die Inflationsrate ist mit 0.2% nicht weit von der Nulllinie entfernt. Dennoch ist die Gefahr gering, dass die Inflation dauerhaft und deutlich in den deflationären Bereich fällt. Während die Güter und Waren billiger werden, steigen die Preise der Dienstleistungen mit 1.4% immer noch deutlich an. Der Preisanstieg in diesem Bereich hat zuletzt wieder zugenommen. Der Preisrückgang bei den Waren ist zudem von aussen getrieben, vor allem von den Energiepreisen, die um über 6% tiefer sind als vor einem Jahr. Auf letztere hat die SNB nur einen geringen Einfluss. Mit noch tieferen Zinsen in der Schweiz steigt die globale Nachfrage nach Erdöl nicht. Allenfalls wird der Franken etwas billiger, was sich in höheren Importpreisen auswirkt.
Franken ist stark, aber keine Belastung
Der Franken ist seit dem Sommer handelsgewichtet 2% teurer geworden, nachdem zuletzt der Euro unter dem Eindruck der chaotischen Politik in Frankreich geschwächelt hat. Die Aufwertung im ersten Halbjahr war der Schwäche des US-Dollars geschuldet, der gegenüber allen Währungen eingebrochen ist. In einem solchen Umfeld interessiert sich kein Devisenhändler und kein Anleger für die Zinsen in der Schweiz. Man darf auch nicht vergessen, dass der Franken im letzten Jahr schwächer geworden ist. Trotz des Dollar-Einbruchs und der kürzlichen Euroschwäche ist der Franken im Vergleich zu Anfang 2024 nur um 2% teurer. Ein Anstieg, den der Inflationsvorteil für die Unternehmen mehr als kompensiert hat. Dass die Inflationsdifferenz zu den USA und zur Eurozone in nächster Zeit markant geringer wird, ist unwahrscheinlich.
Negativzinsen lösen kein Problem, schaffen aber neue
Eine Senkung des Leitzinses durch die SNB auf -0.25% macht keinen Sinn. Negativzinsen helfen der Industrie nicht. Wenn die SNB sie über einen schwachen Franken unterstützen möchte, muss der Zins stärker gesenkt werden, zumindest auf die altbekannten -0.75% oder noch tiefer. Die daraus resultierenden Verzerrungen wie die ungezügelte Nachfrage nach Immobilien kennen wir. Daher ist es gut, wenn die SNB bei einer Nullzinspolitik bleibt.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +1.01%, S&P500: +0.79%, Nasdaq: +1.15%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.11%, DAX: +0.13%, SMI: +0.09%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +2.25%, HangSeng: +1.00%, S&P/ASX 200: +0.41%
An den Aktienmärkten ist es ruhig. Die Berichte der Unternehmen für das dritte Quartal haben bisher keine grossen Wellen geworfen. Im Handelsstreit zwischen den USA und China wird dagegen wieder Optimismus verbreitet. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.92% zu. Die europäischen Aktien stiegen 1.20%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.07% abschloss.
Die Aktienmärkte kennen weiterhin nur eine Richtung und haben neue Rekordstände erreicht. Die Marktlage präsentiert sich bemerkenswert robust. Zwar kommt es vereinzelt zu kleineren Rückschlägen, doch treten nach negativen Handelstagen regelmässig neue Käufer auf den Plan. Auf globaler Ebene wurden die Wachstumserwartungen für das laufende Jahr in vielen Ländern nach oben revidiert. Auch die US-Wirtschaft ist solide unterwegs, obwohl der amerikanische Arbeitsmarkt jüngst Anzeichen einer Abschwächung zeigte. Die Unternehmensresultate fielen bislang mehrheitlich erfreulich aus, und auch für die laufende Berichtssaison zum dritten Quartal sind die Erwartungen positiv. Besonders hoch sind die Erwartungen einmal mehr für die USA. Die zentrale Frage ist, wie lange der Aufschwung im amerikanischen Technologiesektor noch anhalten kann. Zuletzt sorgten die zunehmenden Verflechtungen unter den grossen Tech-Unternehmen für Diskussionen. Ein direkter Vergleich mit der Situation bei der Dotcom-Blase drängt sich zwar fundamental aufgrund der soliden Gewinndynamik noch nicht auf, doch die Risiken einer Korrektur nehmen zu. Gleichwohl überwiegt derzeit an den Märkten das Vertrauen, dass Chancen und Risiken einander die Waage halten.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.037%; DE: 2.626%; CH: 0.157%
Am Mittwoch wird die Fed ihre Leizinsen wahrscheinlich erneut um 0.25% senken. Wichtiger als der Zinsentscheid wird der Kommentar von Jerome Powell sein. Die Analysten werden versuchen, aus seinen Worten und Gebärden Hinweise auf die zukünftige Zinspolitik der Fed herauszulesen.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.7965
Euro in US-Dollar: 1.1625
Euro in Franken: 0.9259
Der Euro hat sich wieder etwas erholt. Die Preisveränderungen an den Devisenmärkten waren in den letzten Tagen deutlich geringer als die mediale Aufmerksamkeit, weil der Euro zum Franken ein neues Mehrjahrestief erreicht hat.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 61.74 pro Fass
Goldpreis: USD 4'079.10 pro Unze
Der Ölpreis ist nach der Ankündigung der US-Sanktionen gegen die russischen Ölfirmen gestiegen. Das Angebot an Erdöl wird durch die Sanktionen, sofern sie am Ende überhaupt umgesetzt werden, nicht so schnell abnehmen. Die Reaktion des Ölpreises hat mehr damit zu tun, dass ein paar Investoren mit Shortpositionen auf Öl kalte Füsse bekommen haben.
Wirtschaft
USA: Inflationsrate (September)
letzte: 2.9%; erwartet: 3.1%; aktuell: 3.0%
Trotz der anhaltenden Blockierung der amerikanischen Bundesstellen wurden am Freitag mit Verzögerung die Inflationsraten für den September publiziert, da diese für die Berechnung der Rentenzahlungen notwendig sind. Überraschungen und neue Erkenntnisse gab es aus den Zahlen keine. Die Zölle zeigen sich in den Preisen, aber nur in bestimmten Segmenten wie beispielsweise den Möbeln.
Thomas Stucki
8021 Zürich
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