
30. Mai 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Juristisches Hin und Her um die US-Zölle
Innert zwei Tagen gab es zwei Gerichtsentscheide zu den von der Trump-Regierung verhängten Einfuhrzöllen. Diese gelten vorerst weiter.
Im Fokus
Trumps Zölle beschäftigen die Justiz: Nachdem am Mittwochabend ein US-Gericht die meisten von der Trump-Regierung verhängten Einfuhrzölle für ungültig erklärt hatte, wurde dieser Entscheid am Donnerstag von einem Berufungsgericht vorläufig wieder ausgesetzt. Die Zölle gelten damit vorerst weiter und der damit verbundene Rechtsstreit dürfte sich noch längere Zeit hinziehen.
Im ersten Urteil vom Mittwoch hatte der Court of International Trade in New York dem US-Präsident die Befugnis verweigert, solch weitreichende Zölle ohne Zustimmung des US-Kongress zu verhängen. Trump hatte die Zölle bisher juristisch mit einer nationalen Notlage begründet, welche aus den Handelsdefiziten und damit verbundenen Risiken für die nationale Sicherheit entstünden. Gegen das Urteil hatte die Trump-Regierung Berufung eingelegt. Das angerufene Berufungsgericht hat den Entscheid der Vorinstanz nun vorübergehend ausgesetzt, bis es sich selbst materiell mit der Sache befassen wird. Es ist wahrscheinlich, dass am Ende erst der Supreme Court abschliessend über den Fall befinden wird. Nicht betroffen vom Rechtsstreit sind die Zölle auf Aluminium und Stahl sowie Autos, da diese auf anderen rechtlichen Grundlagen basieren.
Das juristische Hin und Her führt zu weiteren Unsicherheiten rund um die US-Zollpolitik. Noch offen ist beispielsweise, ob und wie dadurch die aktuell laufenden Verhandlungen zwischen den USA und Ländern wie der Schweiz beeinflusst werden. Der Bundesrat hat erst am Mittwoch ein entsprechendes Verhandlungsmandat verabschiedet. Sollten sich die angestrebten Handelsabkommen durch die juristisch unsicherere Ausgangslage verzögern, würde dies die Phase der Rechtsunsicherheit für die Unternehmen weiter verlängern. Welches Szenario genau eintreten wird, lässt sich im Moment aber noch nicht abschätzen.
Aktienmarkt Schweiz
SMI: geschlossen, SPI: geschlossen, SMIM: geschlossen
Der Schweizer Aktienmarkt war gestern aufgrund des Feiertags «Auffahrt» geschlossen.
Aktienmärkte Europa
EuroStoxx50: -0.14%, DAX: -0.44%
Die europäischen Aktienmärkte mussten gestern mehrheitlich Kursverluste verzeichnen, trotz positiver Unternehmensresultate aus den USA und der Nachricht, dass ein US-Bundesgericht dem US-Präsidenten die Einführung von Zöllen basierend auf einem Notstandsgesetz untersagte. Die US-Regierung hat jedoch rasch Berufung gegen diesen Entscheid eingelegt. Ausgenommen davon sind Importzölle auf bestimmte Waren wie Aluminium, Stahl, Autos oder auch Arzneimittel. Die stärksten Abgaben verzeichneten der italienische FTSE MIB und der deutsche DAX mit einem Minus von je 0.4%. Der spanische IBEX 35 war der einzige Index, der mit einem Plus von 0.1% leichte Gewinne verzeichnen konnte. Auf Sektorenebene schnitten die Bereiche Immobilien, Finanzen und Technologie am besten ab. Unterdurchschnittlich zeigten sich hingegen die Sektoren Versorger, Kommunikationsdienste und Industrie. Unternehmensneuigkeiten waren aufgrund des Feiertags Auffahrt rar gesät. An der Tabellenspitze stand die Porsche-Aktie mit einem Plus von +1.5%, gefolgt von Henkel (+1.3%) und Qiagen (+1.1%). Unter Abgabedruck standen die Aktien von Siemens und Zalando, die je um 2.3% nachgaben, sowie die Aktien von Heidelberg Materials (-2.1%).
Aktienmärkte USA
Dow Jones: +0.28%, S&P 500: +0.40%, Nasdaq: +0.39%
Die amerikanischen Aktienmärkte zeigten sich gestern von der freundlichen Seite und verbuchten leichte Kursgewinne. Während der technologielastige Nasdaq und der marktbreite S&P500 je 0.4% höher schlossen, gewann der US-Leitindex DowJones 0.3% hinzu. Das Bundesgericht für internationalen Handel untersagte dem US-Präsidenten unter Berufung auf ein Notstandsgesetz weitreichende Zölle. Ein Berufungsgericht hob die angekündigte Blockade der meisten Zölle jedoch bereits gestern Abend vorerst wieder auf und kündigte an, den Fall zuerst zu prüfen. Auf Sektorenebene schwangen die defensiven Bereiche Immobilien, Gesundheit und Versorger obenauf. Unterdurchschnittlich schnitt einzig der Sektor Kommunikationsdienste ab. Das Zahlenset vom Chip-Gigant Nvidia (+3.2%) vermochte die Erwartungen zu übertreffen. Zudem warnte der Konzern, dass die US-Exportbeschränkungen für KI-Technik dazu führen könnten, dass chinesische Chipanbieter die weltweite Führung in diesem Bereich erlangen. An der Spitze des DowJones Index stand Boeing (+3.3%). Der Flugzeugbauer plant, die Produktion des Flugzeugtyps 737 Max zu erhöhen.
Unternehmensberichte
Der Chiphersteller Nvidia präsentierte am Mittwochabend ein Quartalsupdate. Der Umsatz legte im abgelaufenen Quartal um 69% auf USD 44.1 Mrd. zu. Dies ist vor allem der anhaltend starken Nachfrage nach KI-Chips zu verdanken. Der Umsatz im Segment Data Center erhöhte sich im Vergleich zur Vorjahresperiode um 73% auf USD 39.1 Mrd. Der operative Gewinn nahm um 28% auf USD 16.9 Mrd. zu, während der Reingewinn 26% höher bei USD 14.9 Mrd. zu liegen kam. Für das laufende Quartal wird ein Umsatz von USD 45 Mrd. (+/- 2%) angestrebt. Dieser Wert beinhaltetet bereits einen Umsatzverlust von rund USD 8 Mrd. bei den modernsten Hochleistungschips H20 Chips, die aufgrund von Restriktionen nicht mehr nach China verkauft werden dürfen. Das Zahlenset liegt über den Analystenerwartungen. Die Aktie legte gestern 3.3% zu.
Kapitalmärkte
Rendite 10 Jahre
USA: 4.42%; DE: 2.51%; CH: 0.30%
Die Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen ist am Donnerstag leicht zurückgegangen, nachdem eine Auktion von neuen siebenjährigen Anleihen gut verlaufen war. Es resultierten leicht geringere Zinssätze als erwartet. Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch zudem das Protokoll ihrer letzten Zins-Sitzung publiziert. Dieses bestätigte den vorsichtigen und vorerst abwartenden Kurs der Währungshüter. Die Fed sieht sich dem Zielkonflikt gegenüber, dass die von US-Präsident Trump verhängten Zölle gleichzeitig zu höherer Inflation und einem verlangsamten Wirtschaftswachstum mit höherer Arbeitslosigkeit führen könnten. An den Märkten wird allgemein mit einer Senkung der Leitzinsen gerechnet.
Währungen
Euro in Franken: 0.9334
US-Dollar in Franken: 0.8228
Euro in US-Dollar: 1.1348
Die Gerichtsentscheide rund um die US-Zollpolitik haben auch die Entwicklung des US-Dollars beeinflusst. Nach vorübergehenden Zugewinnen hat die US-Währung nach dem Entscheid der Berufungsinstanz und vergleichsweise schwachen Daten vom amerikanischen Arbeitsmarkt gegenüber den meisten wichtigen Währungen wieder an Wert verloren. Profitieren konnte davon insbesondere der Euro, welcher wieder rund 1.135 US-Dollar kostet. Auch der Schweizer Franken hat gegenüber dem US-Dollar erneut leicht an Wert gewonnen.
Rohwarenmärkte
Ölpreis WTI: USD 60.75 pro Fass
Goldpreis: USD 3'294.80 pro Unze
Auch beim Ölpreis zeigte sich das Hin und Her rund um die US-Zollpolitik. Am Donnerstag legte er zuerst zu und übertraf dabei kurzzeitig sogar die Marke von 63 US-Dollar pro Fass der Sorte WTI. Im weiteren Handelsverlauf verlor er aber sämtliche Zugewinne wieder und fiel unter 61 Dollar. Der Goldpreis setzte derweil seine Konsolidierungsphase fort und bewegte sich weiterhin um die Marke von 3'300 US-Dollar pro Unze.
Wirtschaft und Konjunktur
USA: BIP-Wachstum 1. Quartal 2025 (zweite Schätzung)
Erste Schätzung: -0.3%, zweite Schätzung: -0.2%
Basierend auf verbesserten Datengrundlagen wurde das Wachstum des US-BIP für das 1. Quartal 2025 leicht nach oben korrigiert. Die erste Flash-Schätzung von Anfang Monat hatte gegenüber dem Vorquartal einen annualisierten Rückgang von -0.3% ausgewiesen. In der zweiten Schätzung wurde dieser Wert nun auf -0.2% korrigiert. Dazu beigetragen haben u.a. höhere Investitionen, was auf noch verstärkte Vorholeffekte vor der Einführung der Zölle hindeutet. Nach unten korrigiert wurden hingegen die Zahlen für den Privatkonsum. BIP-Revisionen in dieser Grössenordnung sind nicht aussergewöhnlich. Die neuen Schätzungen wurden aufgrund der aktuell unsicheren konjunkturellen Lage aber besonders beachtet.
Angela Truniger

8021 Zürich

Roman Elbel

8021 Zürich

Ihr nächster Schritt
Möchten Sie unsere Research-Berichte als Newsletter erhalten? Abonnieren Sie die Themen-Newsletter unseres Investment Centers oder verschaffen Sie sich mit unserem kompakten Anlagemagazin /sicht einen Gesamtüberblick.