10. November 2025, CIO-Sicht | Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Inflation ist ein seltsames Phänomen
Die Inflation ist ein seltsames Phänomen. Statistisch nüchtern wird sie mit der von staatlichen Ämtern berechneten Inflationsrate festgehalten. Gefühlt wird sie durch Preiserhöhungen von Produkten und Dienstleistungen, wobei die Wahrnehmung subjektiv ist und oft überzeichnet wird.
Im Fokus
Die Inflation ist ein seltsames Phänomen. Statistisch nüchtern wird sie mit der von staatlichen Ämtern berechneten Inflationsrate festgehalten. Gefühlt wird sie durch Preiserhöhungen von Produkten und Dienstleistungen, wobei die Wahrnehmung subjektiv ist und oft überzeichnet wird. Sie ist unfair, da sie die einen stärker belastet als die anderen. Aber sie bewegt die Stimmung in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten. In den USA rätselt man, warum die von Donald Trump verhängten Strafzölle die Inflation nicht stärker steigen lassen. In der Schweiz provoziert der Preisrückgang von 0.3% im Oktober Rufe nach Negativzinsen durch die SNB.
Inflationsmechanismen sind komplex
Die Inflationsentwicklung in den USA zeigt, dass die Inflation keine einfache Dreisatzrechnung ist. Zölle von X% gleich Inflation von Y%, das funktioniert nicht. Die amerikanische Inflationsrate wird durch die Preise für Dienstleistungen dominiert. Diese machen 61% der Berechnung aus. Der Preisdruck in diesem Bereich ist mit einem Preisanstieg von rund 3.5% konstant hoch und hält die Inflationsrate im Bereich von 3%. Von den Zöllen sind die Dienstleistungen aber nur am Rande und indirekt betroffen. Entscheidend sind die Löhne der Angestellten. Der Lohndruck nimmt auf einem hohen Niveau ab, was angesichts der sich abschwächenden Wirtschaft normal ist. Die Kerngüter machen in der Inflationsberechnung nur 18% aus. Deren Preise sind durch die Zölle stärker betroffen und nehmen seit ein paar Monaten zu, nachdem die zuvor eingekauften Lager aufgebraucht sind. Stark steigen die Preise der Lebensmittel, welche ein Gewicht von 13% haben. Deren Einfluss auf die Gefühlslage ist deutlich stärker als auf die Inflationsrate. Insgesamt dürfte sich der treibende Einfluss der Zölle und der dämpfende Einfluss des geringeren Lohndrucks ausgleichen. Die Inflationsrate in den USA wird über der von der Fed angestrebten Marke von 2% verharren, aber nicht in einem Ausmass ansteigen, welches eine starke Reaktion der Fed benötigt.
Trend ist entscheidend, nicht einzelne Zahlen
Die Preise in der Schweiz sind im Oktober im Monatsvergleich um 0.3% gesunken. Saisonale Effekte wie Ferien, Ausverkauf oder ähnliches haben auf die Monatswerte einen erheblichen Einfluss. Wichtiger für die Beurteilung des Inflationsdruckes sind deshalb die mittelfristigen Trends. Die tieferen Energiepreise drücken die Inflationsrate nach unten, jedoch abnehmend. Auf der anderen Seite wird der inflationäre Druck steigender Mieten auch kleiner. Generell ist die Inflationslage in der Schweiz ähnlich wie in den anderen Ländern. Die Preise für Dienstleistungen steigen, während die Güterpreise sinken. In der Schweiz kommt hinzu, dass die Währung über die Preise der Importgüter eine wichtige Rolle spielt. Per Saldo zeigt sich ein konstanter Preisdruck auf tiefem Niveau. Die Gefahr eines starken Anstiegs der Inflationsrate ist gering, ebenso die Gefahr eines nachhaltigen Falls in die Deflation. Die Inflationsrate wird sich weiterhin im Bereich knapp über 0% bewegen. Für die SNB ist das ein angenehmes Inflationsumfeld.
Geringer Einfluss auf die Finanzmärkte
Wir wollen die Inflation nicht verharmlosen. Hohe oder stark negative Inflationsraten lösen wirtschaftliche, soziale und politische Prozesse aus, die schwer zu kontrollieren sind. Deshalb ist es richtig, dass für die Zentralbanken die Gewährung der Preisstabilität ein zentrales Ziel ihrer Geldpolitik ist. Die Feinsteuerung der Inflation ist aber nicht möglich, weshalb die Zinspolitik auf den Trend der Inflation auszurichten ist. Momentan zeigt sich diesbezüglich weder in den USA noch in der Schweiz eine Entwicklung, die eine starke Reaktion wie 2009 nach der Finanzkrise oder beim Inflationsschub von 2022 notwendig macht. Solange sich daran nichts ändert, werden die Inflationsdaten an den Finanzmärkten nur kurzfristige Bewegungen provozieren.
Video-Podcast der SGKB
Milliarden fliessen in Serverfarmen und Chips. Die Bewertungen der Tech-Unternehmen steigen ins Astronomische. Ob das Wachstum real oder nur ein Rausch ist, darüber sprechen unser Leiter Anlagestrategie und Analyse Dominik Schmidlin und unsere Senior Aktienanalystin Angela Truniger im Video-Podcast.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.16%, S&P500: +0.13%, Nasdaq: +0.21%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.80%, DAX: -0.69%, SMI: +0.00%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: +1.26%, HangSeng: +1.10%, S&P/ASX 200: +0.76%
Verschiedene Wall Street-Grössen warnen vor einer KI-Blase, was die hochgejubelten Tech-Titel unter Druck bringt. Die restlichen Sektoren lassen sich nur bedingt anstecken, was den Schweizer Aktien hilft. Der S&P 500 verlor letzte Woche 1.63%. Die europäischen Aktien sanken 1.69%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.04% abschloss.
Die Marktlage präsentiert sich bemerkenswert robust. Zwar kommt es vereinzelt zu kleineren Rückschlägen, doch treten nach negativen Handelstagen regelmässig neue Käufer auf den Plan. Auf globaler Ebene wurden die Wachstumserwartungen für das laufende Jahr in vielen Ländern nach oben revidiert. Auch die US-Wirtschaft ist solide unterwegs, obwohl der amerikanische Arbeitsmarkt jüngst Anzeichen einer Abschwächung zeigte. Die Unternehmensresultate fielen bislang mehrheitlich erfreulich aus, und auch für die laufende Berichtssaison zum dritten Quartal sind die Erwartungen positiv. Besonders hoch sind die Erwartungen einmal mehr für die USA. Die zentrale Frage ist, wie lange der Aufschwung im amerikanischen Technologiesektor noch anhalten kann. Zuletzt sorgten die zunehmenden Verflechtungen unter den grossen Tech-Unternehmen für Diskussionen. Ein direkter Vergleich mit der Situation bei der Dotcom-Blase drängt sich zwar fundamental aufgrund der soliden Gewinndynamik noch nicht auf, doch die Risiken einer Korrektur nehmen zu. Gleichwohl überwiegt derzeit an den Märkten das Vertrauen, dass Chancen und Risiken einander die Waage halten.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.136%; DE: 2.667%; CH: 0.132%
An den Kapitalmärkten ist es ruhig. Das Fehlen vieler Wirtschaftsdaten aus den USA aufgrund des Shutdowns macht sich bemerkbar. Die Erwartungen an die zukünftige Zinspolitik verändert sich dadurch nicht von Tag zu Tag. So schlecht ist das nicht.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8059
Euro in US-Dollar: 1.1565
Euro in Franken: 0.9320
Der Franken ist sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro schwächer geworden. Allzu viel sollte man in diese Bewegung aber nicht hineininterpretieren. Insgesamt halten sich die Kursbewegungen in einem engen Rahmen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 60.33 pro Fass
Goldpreis: USD 4'062.48 pro Unze
Der Anstieg des Goldpreises in diesem Jahr ist aussergewöhnlich. In unserem Podcast Glänzende Zeiten für Gold – die Hintergründe beleuchten wir die Hintergründe des Goldrausches.
Wirtschaft
USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (November)
letztes: 53.6; erwartete: 53.0; aktuell: 50.3
Der von der University of Michigan ermittelte Stimmungsindikator der US-Konsumenten ist auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen. Dabei wird vor allem die aktuelle Situation deutlich schlechter gesehen. Der Shutdown der Bundesverwaltung hinterlässt seine Spuren. Die Angst vor der Inflation ist auch nur unwesentlich kleiner geworden.
Thomas Stucki
8021 Zürich
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