17. April 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Fed-Chef Powell beunruhigt US-Börsen

Die von US-Präsident Trump angekündigte 90-tägige Zollpause ist in Kraft. Trotzdem bleiben die Sorgen um die Weltwirtschaft. Auch US-Notenbankchef Jerome Powell sprach in der Nacht von einer Verlangsamung der US-Konjunktur.

Im Fokus

Zollpause in Kraft – Ausnahme China

Die von US-Präsident Trump angekündigte 90-tägige Zollpause ist in Kraft. Bis voraussichtlich Anfang Juli 2025 gilt damit ein reduzierter Zollsatz von 10% für die meisten Einfuhren in die USA. Ausgenommen von dieser Reduktion sind Güter aus China. Die Zollpause soll für Verhandlungen um die zukünftigen Handelsbeziehungen genutzt werden. Als Erstes wird voraussichtlich Japan entsprechende Gespräche mit der US-Administration führen. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen dürften dann Hinweise darauf geben, welche Art von Zugeständnissen an die USA auch von anderen Ländern notwendig sein dürften und wie stark die Zölle damit reduziert werden können.

Weitere Eskalation im Handelskonflikt USA-China

China war von Anfang an das Hauptziel von Trumps Zollpolitik. Schon mit den am 2. April angekündigten Einfuhrzöllen ergab sich eine Gesamtrate von 54% auf chinesische Güter. Dies hat eine Eskalationsspirale mit Gegen- und Vergeltungsmassnahmen von Seiten Chinas und den USA in Gang gesetzt. Aktuell steht auf die Einfuhr der meisten chinesischen Produkte in die USA ein Zoll von insgesamt 145%. Einzig gewisse Elektronikprodukte wie Computer und Smartphones sind davon ausgenommen. Umgekehrt gilt für die Einfuhr von US- Produkten nach China ein Zollsatz von 125%. Zusätzlich hat China diverse weitere Massnahmen ergriffen, u.a. den Stopp von Exporten verschiedener seltener Erden. Dieser Stopp gilt nicht nur gegenüber den USA, sondern weltweit. Der weitere Verlauf dieses Handelskonflikts lässt sich im Moment nur schwer abschätzen. Eine rasche Beruhigung ist im Moment nicht absehbar, da sich der Konflikt im Kontext der allgemeinen Rivalität zwischen den beiden Grossmächten abspielt.

Sorgen um Weltwirtschaft bleiben

Trotz der angekündigten Zollpause gegenüber den meisten Ländern bleiben die Sorgen um eine Abkühlung der Weltwirtschaft gross. Es mehren sich die Stimmen, welche eine Rezession in den USA befürchten. Ob eine solche tatsächlich eintritt, lässt sich im Moment noch nicht abschätzen. Hält die aktuelle Phase der Unsicherheit weiter an und kommt es zu keiner Beruhigung im Handelskonflikt mit China, ist ein solches Szenario aber nicht auszuschliessen. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie sich die Zölle selbst und die davon ausgehende Unsicherheit auf die Wirtschaft auswirken werden.

Implikationen für Anleger

Die Aktienmärkte haben den ersten Schock verdaut und zeigen seit einigen Tagen Erholungstendenzen. Die extremen Tagesschwankungen haben infolge der Zollpause nachgelassen, was positiv zu werten ist. Die konjunkturelle Visibilität bleibt jedoch gering. Je länger die Unsicherheit anhält, desto gravierender dürften die wirtschaftlichen Folgen ausfallen. Entsprechend ist auch weiterhin mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Besonders im Blick behalten sollten Investoren die Entwicklung an den US-Zinsmärkten sowie die anhaltende Schwäche des US-Dollars. In einem von Unsicherheit geprägten Umfeld profitieren sichere Häfen wie Gold und der Schweizer Franken. Anleger sollten sich vorerst zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Für langfristig orientierte Investoren können sich selektiv Chancen bei Qualitätsaktien mit solider Substanz bieten. Breite Risikoengagements sind derzeit jedoch nicht ratsam – vielmehr sollte der Fokus klar auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios liegen.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: -0.10%, SPI: -0.19%, SMIM: -0.54%

Nach dem guten Wochenauftakt dominierten zur Wochenmitte am Schweizer Aktienmarkt wieder die Verkäufer das Handelsparkett. Belastet wurde die Stimmung unter anderem durch schwache Zahlen des niederländischen Chiphersteller ASML und die Ankündigung von Nvidia, dass die Exportbeschränkungen nach China beim US-Schwergewicht zu einer Belastung von USD 5.5 Mrd. führen werden. Dank einem starken Endspurt konnte der SMI einen Grossteil der Verluste wettmachen und schloss noch 0.1% tiefer. Der breiter gefasste SPI gab 0.2% nach. Bei den grosskapitalisierten Werten fielen die Aktien von Logitech um 2.6% zurück. Sie wurden von neuen Zollsorgen und im Zuge der weltweit schwachen Technologiewerte verkauft. Die Aktien von Sika gaben einen Tag nach der Veröffentlichung der Umsatzzahlen um 1.3% nach, belastet durch vorsichtige Analystenkommentare. Ebenfalls unter Druck standen UBS (-1.0%), Kühne + Nagel (-1.8%) und Partners Group (-2.6%). Bei den Schwergewichten konnte sich neben Nestlé (+0.5%) auch Novartis (+0.3%) mit einem späten Endspurt noch über die Pluslinie hieven. Die Aktien von Roche (-0.4%) verloren hingegen an Terrain. Unter den wenigen Gewinnern reihten sich die Aktien von Alcon (+0.5%), Swiss Life (+0.6%), Swisscom (+0.8%) und Zurich Insurance (+0.9%) ein. Im breiten Markt gaben die Aktien von Straumann um 2.8% nach, nachdem ein Broker seine Verkaufsempfehlung in einer Studie bekräftigte. Aktien mit Bezug zum Halbleitersektor wie VAT (-4.8%), Inficon (-4.5%) und Comet (-4.5%) wurden nach den enttäuschenden zahlen von ASML in Sippenhaft genommen. Die Aktien von Gurit (-1.9%) reagierten mit leichten Kursverlusten auf die gestrige Vorlage der Umsatzzahlen.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: -0.08%, DAX: +0.27%

Die europäischen Aktienmärkte legten nach der jüngsten Erholung gestern im Zuge der Zollsorgen zunächst ebenfalls wieder den Rückwärtsgang ein. Die meisten Indizes drehten kurz vor Handelsschluss noch leicht in die Pluszone. Der EuroStoxx50 schloss 0.1% tiefer, während der DAX um 0.3% anstieg. Der spanische IBEX 35 und der italienische FTSE MIB schlossen 0.5% respektive 0.6% höher. Aus Branchensicht führte der Technologiesektor nach den schwachen Zahlen von ASML (-5.2%) das Verliererfeld mit grossem Abstand an. Der Halbleiterkonzern enttäuschte insbesondere beim Bestellungseingang, der im 1. Quartal 2025 von EUR 7.1 Mrd. im Vorquartal auf EUR 3.9 Mrd. zurückfiel. Ebenfalls auf den Verkaufszetteln standen Aktien aus den Sektoren Industrie, Gesundheit und zyklischer Konsum. Auf der Gewinnerseite standen mit den Sektoren Basiskonsum, Immobilien und Versorger mehrheitlich defensive Branchenvertreter. Ebenfalls gefragt waren die Energietitel, die Rückenwind von der jüngsten Stabilisierung der Ölpreise erhielten.

Aktienmärkte USA

Dow Jones: -1.73%, S&P 500: -2.24%, Nasdaq: -3.07%

An den US-Aktienmärkte drehten die Kurse nach der jüngsten Erholung gestern wieder deutlich in die Verlustzone. Die Verluste akzentuierten sich im Tagesverlauf, nachdem sich Fed-Chef Powell dezidiert negativ zu den Auswirkungen des Zollkriegs auf die Inflation und Wirtschaftswachstum äusserte. Der Dow Jones fiel um 1.7% zurück, während der S&P 500 um 2.2% nachgab. Der Nasdaq wurde von schwachen Technologiewerten belastet und sackte um 3.1% ab. Die Aktien von Nvidia gaben nach der Ankündigung über Lieferbeschränkungen und die zusätzliche Belastung von USD 5.5 Mrd. um 6.9% nach. Branchennachbar AMD (-7.4%) schätzt die Kosten im Zusammenhang mit den Ausfuhrbeschränkungen auf USD 800 Mio.

Unternehmensberichte

ABB steigerte den Auftragseingang im 1. Quartal 2025 um 3% auf USD 9.2 Mrd. Bereinigt um Währungseinflüsse erreichte der Industriekonzern ein Wachstum von 5%. Der Umsatz erhöhte sich währungsbereinigt um 1% auf USD 7.9 Mrd., was einem währungsbereinigten Anstieg von 3% entspricht. Der operative Gewinn auf Stufe EBITA erhöhte sich um 13% auf USD 1.6 Mrd. Unterstützt wurde der überproportionale Anstieg durch einen Immobilienverkauf. Dadurch verbesserte sich die Marge im Vergleich zum Vorjahresquartal um 230 Basispunkte auf 20.2%. Unter dem Strich verblieb dem Konzern in ein um 22% höherer Reingewinn von USD 1.1 Mrd. Die Jahresprognose, die ein Umsatzwachstum im mittleren, einstelligen Prozentbereich und eine Margenerhöhung im Vergleich zum Vorjahr anstrebt, wurde trotz der neuen Handelszölle bestätigt. Durch die starke Präsenz in den USA, wo rund 75% bis 80% der Produkte lokal hergestellt werden, sieht sich ABB im aktuellen Zollstreit gut positioniert. ABB kündigte zudem die Abspaltung der Robotik-Sparte an, die im 2. Quartal eigenständig an der Schweizer Börse kotiert werden soll. Falls die Aktionäre zustimmen, wird die Abspaltung als Aktienausschüttung via Sachdividende an die ABB-Aktionäre erfolgen. Das Zahlenset von ABB bleibt beim Umsatz leicht unter den Erwartungen, fällt aber beim Bestellungseingang und Gewinn besser aus als erwartet.

VAT veröffentlichte heute die Umsatzzahlen und Bestellungszahlen zum 1. Quartal 2025. Der Auftragseingang des Vakuumventilherstellers erhöhte sich im Vorjahresvergleich dank einer leichten Erholung der Halbleiterinvestitionen um 2.5% auf CHF 241.7 Mio. Der Auftragsbestand verringerte sich im Vergleich zum Vorjahr um 8.4% auf CHF 370 Mio. Der Nettoumsatz stieg um 39% auf CHF 275.1 Mio. und erreichte damit das untere Ende der angepeilten Bandbreite von CHF 275 bis 275 Mio. VAT rechnet für das laufende Jahr weiterhin mit einer Erholung des Halbleiter-Investitionsumfelds und sieht sich gut aufgestellt für weitere Marktanteilsgewinne. Trotz der Unsicherheit durch die neue US-Zollpolitik, deren Auswirkungen für VAT derzeit schwer abschätzbar sind, erwartet das Management keine materiellen Auswirkungen auf den Investitionsappetit der US-Kunden. Für das Gesamtjahr 2025 rechnet VAT unverändert mit einem Anstieg beim Auftragseingang, Umsatz, EBITDA und der EBITDA-Marge. Für das laufende 2. Quartal prognostiziert das Unternehmen einen Umsatz zwischen CHF 260 bis 290 Mio. Der Zwischenbericht bleibt etwas unter den Analystenerwartungen.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.31%; DE: 2.51%; CH: 0.46%

Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen ist weiter leicht zurückgegangen und bewegt sich nun um die Marke von 4.3%. Trotz der Beruhigung der letzten Tage ist die Rendite aber immer noch rund 10 Basispunkte höher als Anfang Monat, vor der Ankündigung der US-Zölle. In der Nacht hat Fed-Präsident Jerome Powell in einer Rede in Chicago vor einer Verlangsamung der US-Wirtschaft gewarnt. Die Konjunktur sei zwar in einer soliden Lage, es gäbe aber für das erste Quartal 2025 Anzeichen eines geringeren Wachstums. Heute gibt zudem die EZB ihren Zinsentscheid bekannt. Es wird mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 2.25% gerechnet.

Währungen

Euro in Franken: 0.9287
US-Dollar in Franken: 0.8186
Euro in US-Dollar: 1.1350

An den Devisenmärkten haben sich bei den wichtigsten Währungspaaren keine grösseren Veränderungen ergeben. Belastet durch die Zölle hat der US-Dollar gegenüber dem Euro leicht an Wert verloren. Ein Euro kostet im Moment rund 1.135 US-Dollar und damit rund 5% mehr als Anfang Monat. Der Schweizer Franken bleibt insgesamt stark, bewegte sich gestern aber ohne klaren Trend seitwärts.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 63.41 pro Fass
Goldpreis: USD 3’332.45 pro Unze

Das Gold setzt seinen steilen Anstieg fort und hat heute Morgen mit einem Preis von über 3'350 US-Dollar zwischenzeitlich ein neues Allzeithoch erreicht. Seit Anfang Jahr hat das Edelmetall damit mehr als ein Viertel an Wert gewonnen. Auch der Ölpreis notiert leicht höher als am Vortag, liegt mit rund 63 USD pro Fass aber immer noch mehr als 6% unter dem Wert vor der Zollankündigung durch US-Präsident Trump.

Wirtschaft und Konjunktur

USA: Detailhandelsumsätze (März)
letzter: 0.2%; erwartet: 1.4%; aktuell: 1.4%

Die Detailhandelsumsätze in den USA sind im März gegenüber dem Vormonat deutlich um 1.4% gestiegen. Auch der um volatile Elemente, wie Autos, Benzin und Baumaterialien, bereinigte Index stieg um 0.4% an. Hintergrund des Anstiegs sind unter anderem die US-Zölle, welche Anfang April eingeführt wurden. In Erwartung höherer Preise haben US-Konsumentinnen und Konsumenten im März nochmals höhere Ausgaben getätigt. Besonders profitiert haben davon die Verkäufe von Autos, welche um mehr als 5% höher ausfielen als im Vormonat.

Matthias Müller

Senior Finanzanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich

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