15. September 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Die US-Notenbank im Fokus

Die US-Notenbank Fed bewegt sich derzeit in einem Spannungsfeld aus konjunktureller Abkühlung, hartnäckiger Inflation und politischem Druck. Ihre Glaubwürdigkeit bleibt ein Schlüsselfaktor für die globalen Finanzmärkte.

Im Fokus

Am kommenden Donnerstag wird die amerikanische Notenbank Fed aller Voraussicht nach ihren Leitzins nach einer längeren Pause und zum ersten Mal in diesem Jahr senken. Eine Leitzinssenkung ist für sich kein bemerkenswerter Vorgang aber die US-Notenbank steht seit jeher im Fokus der globalen Finanzmärkte. Ihre Glaubwürdigkeit bei der Inflationskontrolle gilt als entscheidender Eckpfeiler für stabile Konjunktur- und Marktbedingungen. Ein Blick zurück zeigt, dass die Fed zwar in den 1970er-Jahren lange zögerte, die Inflation entschieden zu bekämpfen, dies jedoch unter Paul Volcker Anfang der 1980er-Jahre mit massiven Zinserhöhungen nachholte. Seither konnte die Notenbank über mehrere Jahrzehnte hinweg eine bemerkenswert stabile Preisentwicklung sichern. Die Finanzkrise 2008 und die Pandemie führten zwar zu aussergewöhnlichen geldpolitischen Eingriffen, doch letztlich gelang es der Fed, die Inflationserwartungen über weite Strecken verankert zu halten.

Die Inflationsdynamik hat sich jüngst nach den massiven Preisschüben der Jahre 2021 und 2022 wieder deutlich abgeschwächt. Die Inflation in den USA sinkt seit rund zwei Jahren aber nur noch geringfügig in Richtung der 2%-Zielmarke und nimmt seit Juni dieses Jahres wieder leicht zu. Zudem sind die verhängten Zölle ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor für die zukünftige Preisentwicklung. Aufgrund der erhöhten Inflationsraten in den letzten fünf Jahren liegt das Preisniveau in den USA rund 10% höher, als wenn der ursprüngliche Preispfad hätte beibehalten werden können.

Duales Mandat und politischer Druck
Aufgrund ihres gesetzlichen Mandats muss die Fed nicht nur der Inflation, sondern auch dem Arbeitsmarkt Beachtung schenken. Dort zeigte sich zuletzt eine gewisse Abkühlung. Die Beschäftigungsgewinne fallen im Vergleich zu den Boomjahren nach der Pandemie deutlich geringer aus und wurden vielfach nach unten revidiert. Die Arbeitslosenquote liegt aber nach wie vor auf einem historisch niedrigen Niveau und die Löhne steigen zwar moderater, jedoch noch immer oberhalb des Vorkrisentrends. Damit befindet sich die Fed in einer heiklen Balance zwischen Preisstabilität und Beschäftigung. Skeptiker befürchten, dass es wie in den 1970er-Jahren zu einem zweiten Inflationsschub kommen könnte, als die Fed nach dem ersten Inflationsschub die Zinsen zu rasch wieder gesenkt hatte.

Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor ist die politische Komponente. Donald Trump hat die Fed bereits während seiner ersten Amtszeit attackiert und seine Attacken jüngst deutlich intensiviert. Diese politischen Druckversuche stellen die institutionelle Unabhängigkeit der Notenbank infrage und damit einen Eckpfeiler der Glaubwürdigkeit in der Inflationsbekämpfung. Die langfristige Stabilität der Inflationserwartungen könnte dadurch stärker in Zweifel gezogen werden. Die Finanzmärkte reagieren bis anhin zwar gelassen, aber sie werden auf eine weitere Politisierung der Fed mit steigenden Risikoaufschlägen reagieren.

Was heisst das für Anlegerinnen und Anleger?
Die US-Börsen haben in den vergangenen Jahren vor allem von der Stärke des Technologiesektors profitiert. Diese Technologielastigkeit macht den mittlerweile teuer bewerteten US-Markt anfällig für Zinsbewegungen. Der Grund ist, dass steigende Zinsen die Bewertungsmultiplikatoren wachstumsstarker, aber zinssensitiver Unternehmen besonders stark drücken. Umgekehrt profitieren Technologie-Aktien überdurchschnittlich von einer geldpolitischen Lockerung. Damit ist der US-Aktienmarkt enger als je zuvor mit der Zinspolitik der Fed verknüpft. Für Investoren bedeutet dies: Die Zinsentwicklung in den USA bleibt der dominierende Treiber, insbesondere angesichts der Technologielastigkeit der Indizes. Jede Veränderung in der Wahrnehmung der Fed, sei es aufgrund ökonomischer Daten oder politischer Eingriffe, wird unmittelbare Spuren an den Finanzmärkten hinterlassen.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.59%, S&P500: -0.05%, Nasdaq: +0.44%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.07 %, DAX: -0.02%, SMI: -0.80%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.89%, HangSeng: +1.16%, S&P/ASX 200: +0.68%

Während die Anleger abwägen, wie lange die aktuelle Rally noch anhalten wird, bewegten sich die Aktienkurse letzten Freitag nahe ihrer Allzeithochs. Der S&P 500 legte auf Wochensicht 1.59% zu. Die europäischen Aktien konnten um 1.36% zulegen, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.98% abschloss.
Das globale Wachstum wird durch die US-Zollpolitik gebremst. Dennoch zeigen sich die Aktienmärkte bislang widerstandsfähig. Haupttreiber ist die anhaltend hohe Nachfrage nach Halbleitern im Zuge des weltweiten KI-Booms. In Europa wirken geplante Infrastruktur- und Rüstungsinvestitionen stabilisierend. In den US-Inflationsdaten ist der Zoll-Effekt bisher kaum sichtbar, gleichzeitig kühlt sich aber der Arbeitsmarkt zunehmend ab. Dies belastet den Konsum und dämpft das Wachstum. Da geldpolitische Massnahmen zeitverzögert wirken, ist eine Zinssenkung der Fed am 17. September sehr wahrscheinlich, was einen positiven Impuls für Aktien darstellt. Allerdings ist auch die Marktbreite gesunken. Im S&P 500 tragen nur rund 10% der Titel wesentlich zur Performance bei. Die starke Konzentration auf wenige Werte sowie die einseitige Positionierung der Investoren erhöhen das Risiko von Korrekturen. Umso wichtiger bleibt in diesem Umfeld ein breit diversifiziertes Portfolio.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.06%; DE: 2.71%; CH: 0.19%
Die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen sind am Freitag auf beiden Seiten des Atlantiks leicht angestiegen. Nichtsdestotrotz verzeichneten die richtungsweisenden US-Treasuries im Vorfeld der Fed-Zinsentscheidung vom Donnerstag die vierte Woche in Folge sinkende Renditen.

Währungen

Euro in Franken: 0.9342
US-Dollar in Franken: 0.7965
Euro in US-Dollar: 1.1729
Die Herabstufung des Ratings von Frankreich am Freitagabend durch Fitch hat den Euro nicht gross beeinflusst. Der EUR/CHF-Wechselkurs bewegt sich weiterhin in einer engen Spanne zwischen 93 und 94 Rappen. Auch der USD/CHF-Kurs bewegte sich am Freitag mehrheitlich seitwärts unterhalb der Marke von 80 Rappen.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 63.08 pro Fass
Goldpreis: USD 3'644.02 pro Unze
Sowohl der Öl- wie auch der Goldpreis konnten am Freitag leicht zulegen. Der Goldpreis setzte seine positive Entwicklung fort und schloss die vierte Woche in Folge höher. Allerdings verlangsamte sich das Tempo des Aufwärtstrends, und Mitte der Woche kam es zu einer gewissen Konsolidierung. Das letzten Dienstag erzielte Allzeithoch bei 3'674 USD pro Unze liegt aber weiter in Griffweite.

Wirtschaft

USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (September):
letzter: 58.2; erwartet: 58.0; aktuell: 55.4
Die Stimmung der US-Verbraucher sank im September auf den niedrigsten Stand seit Mai. Der vorläufige Stimmungsindex sank laut der University of Michigan von 58.2 im August auf 55.4 im September. Die Zahlen unterstreichen die Besorgnis der Verbraucher hinsichtlich ihrer Beschäftigungsaussichten und ihrer persönlichen Finanzensituation.

Dominik Schmidlin

Portraitfoto von Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analyse bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Anlagestrategie und Analyse
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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