
23. Juni 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht
Der Franken wird entscheiden
Die SNB hat den Leitzins auf 0.00% gesenkt. Gleichzeitig hat sie den Zinssatz für die Giroguthaben der Banken über der Freigrenze auf -0.25% festgelegt. Damit hat sie faktisch wieder Negativzinsen eingeführt, ohne sie als solche zu bezeichnen.
Im Fokus
Die SNB hat den Leitzins auf 0.00% gesenkt. Gleichzeitig hat sie den Zinssatz für die Giroguthaben der Banken über der Freigrenze auf -0.25% festgelegt. Damit hat sie faktisch wieder Negativzinsen eingeführt, ohne sie als solche zu bezeichnen. Auffallend war, wie die SNB in ihrer Medienmitteilung zum Zinsenentscheid das Wort Negativzinsen unbedingt vermeiden wollte. Die Geldmarktzinsen werden sich dennoch leicht unterhalb den angestrebten 0% bei rund –0.05% einpendeln. Die Frage ist nun, ob die SNB am Ende ihres Zinssenkungszyklus angelangt ist oder ob es sich nur um einen Zwischenstopp handelt und die Negativzinsen auch beim Leitzins nicht zu vermeiden sind.
Wirtschaftlich gibt es keinen Grund für Negativzinsen
Die Inflationsrate ist im Mai auf -0.1% gefallen, getrieben durch stark sinkende Preise der Importgüter. Der Anstieg des Frankens und ein tieferer Ölpreis sind die Treiber hinter dieser Entwicklung. Der deflationäre Druck der Importpreise wird nachlassen. Der Ölpreis ist nach dem Angriff auf den Iran wieder höher. Zudem wird der Basiseffekt zu einer Entlastung führen, sofern der Franken nicht immer stärker wird. Die Inflationsrate kann auch in den nächsten Monaten negativ bleiben. Einen Fall in einen Bereich, der der SNB Sorgen bereiten würde, wird es jedoch nicht geben. Das zeigt auch die Inflationsprognose, die die SNB veröffentlicht hat. Von der Wirtschaftsseite ist der Druck auch gering. Die Konjunktur ist nicht brillant, aber von einer Rezession weit entfernt. Zudem sind hohe Refinanzierungskosten aktuell für die Firmen wohl das kleinste Problem. Die amerikanischen Zolldrohungen, die wirtschaftliche Schwäche in Deutschland und ein starker Franken sind die Themen, die die Umsätze und die Investitionsentscheide der Unternehmen beeinflussen.
Wie reagiert die SNB auf eine Franken-Aufwertung?
Dass die geopolitische Unsicherheit abnehmen wird, ist nicht anzunehmen. Das Gleiche gilt für die konfrontative Politik der US-Administration unter Donald Trump. In diesem Umfeld wird der Franken als sicherer Hafen gesucht sein. Die SNB wird eine langsame Aufwertung des Frankens zulassen, aber auf eine Aufwertungs-Spekulation und starke Bewegungen der Währung reagieren müssen. Das wirksamste und letztendlich einzige Mittel dagegen sind Interventionen am Devisenmarkt. Für die Wirksamkeit solcher Interventionen ist es jedoch entscheidend, dass die SNB den Markt wissen lässt, dass sie dahintersteckt. Diesbezüglich war die SNB bisher sehr zurückhaltend, um den Amerikanern keinen Grund zu geben, die Schweiz als Währungsmanipulator zu klassieren. Die Alternative wäre, einer Frankenstärke mit noch tieferen Zinsen zu begegnen. Dazu braucht es aber mehr als «nur» eine Leitzinssenkung auf -0.25% und die Erfolgsaussichten sind trotzdem gering. Wer Angst hat oder auf einen Währungsgewinn mit dem Franken spekuliert, den interessieren Negativzinsen nur am Rande.
Ende der Zinssenkungen
Die Hemmschwelle, die Zinsen weiter zu senken, ist für die SNB hoch. Mit ihrer ansteigenden Inflationsprognose signalisiert sie, mit einer Nullzinspolitik die Inflationsrate in ihrem Zielbereich etablieren zu können. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Zinssenkungen der SNB für diesen Zyklus zu Ende sind. Dass der Kapitalmarkt diese Auffassung teilt, zeigt sich an der Struktur der Zinskurve, die recht steil ist.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.08%, S&P500: -0.22%, Nasdaq: -0.51%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.70%, DAX: +1.27%, SMI: +0.00%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.10%, HangSeng: -0.13%, S&P/ASX 200: -0.45%
Die Eskalation im Nahen Osten treibt die Aktienmärkte, insbesondere diejenigen in Europa. Als die Amerikaner signalisierten, nicht in die militärische Auseinandersetzung eingreifen zu wollen, stiegen die Kurse an. Als es dann doch passierte, reagierten die Aktienmärkte heute Morgen in einer ersten Reaktion nur leicht beunruhigt. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.15%. Die europäischen Aktien verloren 1.08%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.92% abschloss.
Die Finanzmärkte reagieren weniger ausgeprägt auf Äusserungen von US-Präsident Donald Trump als auch schon. Der anhaltende Zollkonflikt wirkt aber weiterhin verzerrend auf die Konjunkturdaten. Vor- und Nachholeffekte sowie die Zurückhaltung von Konsumenten und Unternehmen erschweren eine belastbare Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Die jüngste Eskalation im Nahen Osten hat die Märkte bisher nur begrenzt belastet. Entscheidend für die globale Wirtschaft bleibt die Entwicklung des Ölpreises. Trotz des jüngsten Anstiegs bewegt sich dieser weiterhin auf einem Niveau, welches Inflation und Wachstum nur wenig beeinträchtigt. Aus ökonomischer Sicht messen wir dem Zollkonflikt eine grössere Bedeutung bei. Mit starken Kursschwankungen und neuen Zoll-Drohungen ist zu rechnen. In diesem Umfeld muss man sich zurückhaltend positionieren und die Lage aufmerksam beobachten. Der Fokus liegt auf einer konsequenten Diversifikation des Portfolios.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.393%; DE: 2.517%; CH: 0.407%
Die zinspolitischen Entscheide der Zentralbanken haben nur einen geringen Einfluss auf die Kapitalmarktzinsen. Das gilt sowohl für die Beibehaltung der Zinsen durch die Fed als auch für die Zinssenkung der SNB. Überraschend waren beide nicht. Die Ruhe bei den Obligationen wird noch etwas weitergehen.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8181
Euro in US-Dollar: 1.1489
Euro in Franken: 0.9399
Der Franken ist schwächer geworden, sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro. Das tönt dramatischer als es ist. Sollte sich die Lage rund um den Iran weiter eskalieren, wird der Franken den kleinen Verlust sofort wieder ausgleichen.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 75.18 pro Fass
Goldpreis: USD 3'358.10 pro Unze
Der Ölpreis reagiert nervös auf die Meldungen aus dem Nahen Osten. Die grosse Angst breitet sich aber nicht aus. Dazu braucht es schon direkte Anzeichen, dass die Strasse von Hormuz gesperrt wird.
Wirtschaft
Japan: Inflationsrate (Mai) letzte: 3.6%; erwartet: 3.5%; aktuell: 3.5%
Praktisch zwei Jahrzehnte lang war Japan das Beispiel für eine drohende Deflation. Das hat sich geändert. Während in den meisten Industrieländern die Inflation wieder in Richtung des Zielbereichs der Notenbanken gesunken ist, bleibt sie in Japan hartnäckig hoch. Das hat auch Auswirkungen auf die Finanzierung der Schulden, sowohl für den Staat, die Firmen als auch für die Haushalten. Die Zinsen sind für japanische Verhältnisse ungewöhnlich hoch.
Thomas Stucki

8021 Zürich

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