08. September 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Anlegen im unsicheren Umfeld

Zwei Drittel des Jahres sind vorbei. Die Aufzählung aller Ereignisse und Aufreger in diesem Jahr würde diesen Kommentar sprengen. Meistens ausgelöst durch Donald Trump, raste die Welt von einer «Breaking News» zur nächsten. An den Finanzmärkten ging diese Aufregung jedoch vorbei.

Im Fokus

Zwei Drittel des Jahres sind vorbei. Der Sommer ist es auch, zumindest meteorologisch. Die Aufzählung aller Ereignisse und Aufreger in diesem Jahr würde diesen Kommentar sprengen. Meistens ausgelöst durch Donald Trump, raste die Welt von einer «Breaking News» zur nächsten. An den Finanzmärkten ging diese Aufregung jedoch vorbei. Nur im April, nach der ersten Ankündigung der US-Zölle, blinzelten die Aktienmärkte kurz und der Wert des US-Dollars wurde in einem tektonischen Beben um 10% nach unten gedrückt. Die Aktienbesitzer erfreuen sich dennoch an den Dividenden und einem schönen Kursgewinn. Die Kapitalmarktzinsen und der Euro sind etwa dort, wo sie Anfang Jahr waren. Das Gold glänzt und die Kryptowährungen werden von Trump und seiner Entourage mit grossem Effort nach oben getrieben. Das Jahr 2025 bietet aber auch Anschauungsunterricht, wie man sich in einem stetig wandelnden Umfeld als Anlegerin und Anleger verhalten soll.

Gelassenheit bringt Erfolg

Wir haben in unserem Anlagekomitee in den letzten sechs Monaten so wenige taktische Allokationsveränderungen vorgenommen wie wahrscheinlich noch nie, und sind damit gut gefahren. Wenn die Struktur des Portfolios und die Qualität der gehaltenen Titel gut ist, kann man auch einmal von der Seitenlinie zuschauen, wie sich die Akteure auf dem Feld hin- und herbewegen. Entscheidend ist dabei, dass man nicht unter Druck gerät, im dummen Moment einzuschreiten. Die Aktienquote darf nur so hoch sein, dass man auch in Phasen mit Kursrückgängen noch gut schlafen kann. Die Diversifikation muss so gut sein, dass man den Kurseinbruch eines Titels nach schwachen Unternehmenszahlen zur Kenntnis nehmen kann, weil die anderen Positionen den Verlust kompensieren. Die Auswahl der Produkte ist so gewählt, dass man nachvollziehen kann, warum ihr Preis steigt oder fällt und dass man vom Ausmass der Bewegung nicht überrascht wird.

Renditetreiber und Stabilisatoren

Wie die Figuren auf einem Schachbrett hat jede Position im Portfolio ihren Auftrag. Die Aktien sind der Renditetreiber. Im aktuellen Tiefzinsumfeld sind sie für die Performance verantwortlich. Wer an den Finanzmärkten mit einem vernünftigen Risiko etwas verdienen will, kommt um eine solide Aktienquote nicht herum. Vorübergehende Rückschläge müssen in Kauf genommen werden. Die Obligationen sind der wichtigste Stabilisator im Portfolio. Die Rendite ist zwar tief, aber höher als im Geldmarkt oder auf dem Konto. Damit die Obligationen ihre Funktion erfüllen können, muss der Bonität der Emittenten entsprechend Sorge getragen werden. Werden sie mit übermässigen Kredit- oder Währungsrisiken aufgeladen, sind sie falsch eingesetzt. Da Obligationen in der Regel bis zum Verfall gehalten werden, ist eine gute Staffelung der Laufzeiten wichtig. Etwas Gold ist ein guter und krisenresistenter Portfoliobestandteil. Eine exotische Ergänzung hilft dem Portfolio zwar nicht, aber zumindest dem Ego. Läuft sie gut, kann man das jedem erzählen. Läuft sie schlecht, kann man es für sich behalten, ohne dass es den Anlageerfolg als Ganzes in Frage stellt.

Trotz allem: Augen offenhalten

Die Finanzmärkte lassen sich vom lauten Gepolter von Trump jeweils nur kurzfristig beeindrucken. Die daraus resultierenden Bewegungen kann man getrost ignorieren. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es irgendwann doch zu einem grösseren und länger anhaltenden Einbruch kommen kann. Deshalb ist trotz Gelassenheit ein genaues Beobachten der Vorgänge nötig. Einschneidende Negativphasen sind fast immer die Folge einer schweren Rezession der US-Wirtschaft. Das war sowohl nach dem Platzen der Dot-Com-Blase 2001 wie auch nach der Finanzkrise 2008 der Fall. Die US-Konjunktur zeigt in einzelnen Bereichen Anzeichen der Schwäche. Von einem breiten Einbruch ist sie aber weit entfernt. Dafür sind die Einkommen der Haushalte zu gut und ist die Arbeitslosenrate zu tief.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.48%, S&P500: -0.32%, Nasdaq: -0.03%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.53%, DAX: -0.73%, SMI: -0.10%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +1.48%, HangSeng: +0.35%, S&P/ASX 200: -0.35%

Der Arbeitsmarkt in den USA schwächelt. Die Aktienmärkte wissen nicht so genau, wie sie mit dem umgehen sollen. Ist es eine Gefahr für die Aktien, weil die Wirtschaft weniger stark wächst oder ist es gut für die Aktien, weil die Fed die Zinsen senken wird? Der S&P 500 legte letzte Woche 0.33% zu. Die europäischen Aktien sanken 0.63%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.21% abschloss.

Obwohl das globale Wirtschaftswachstum durch die Zollpolitik der Amerikaner gebremst wird, zeigen sich die Aktienmärkte bislang robust. Getragen wird dies vor allem von der starken Nachfrage nach Halbleitern im Zuge des weltweiten KI-Booms. In Europa wirken geplante Infrastruktur- und Rüstungsinvestitionen stabilisierend. In den US-Konsumentenpreisen ist der Zoll-Effekt bislang nur schwach sichtbar. Deutlich stärker zeigt sich dieser hingegen in den Produzentenpreisen, die kräftig anzogen. Dies signalisiert, dass Grosshändler die höheren Importkosten zunehmend an ihre Kunden weitergeben. Gleichzeitig kühlt der US-Arbeitsmarkt ab. Eine Abschwächung am Arbeitsmarkt belastet den Konsum und dämpft das Wachstum. Da geldpolitische Massnahmen zeitverzögert wirken, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der Fed Mitte September, was für Aktien spricht. Allerdings ist die Marktbreite am Aktienmarkt gesunken und die Kursentwicklung hängt von wenigen Titeln ab. Dies und die zunehmend einseitige Positionierung der Investoren erhöht die Gefahr von Korrekturen. Ein breit diversifiziertes Portfolio bleibt im aktuellen Umfeld daher entscheidend.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.097%; DE: 2.662%; CH: 0.291%

Nach den schwachen Arbeitsmarktzahlen in den USA ist eine Zinssenkung der Fed Mitte September zu erwarten. Das hat die Renditen der Obligationen nicht nur in den USA, sondern auch in der Schweiz, nach unten gedrückt.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.7974
Euro in US-Dollar: 1.1716
Euro in Franken: 0.9342

Die Erholungsbemühungen des US-Dollars wurden am Freitag durch den Arbeitsmarktbericht geknickt. In der Folge sank er zum Franken wieder unter 80 Rappen. Dagegen hält sich der Euro wacker.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 62.59 pro Fass
Goldpreis: USD 3'582.07 pro Unze

Die Opec und Russland wollen die tägliche Förderung von Erdöl jeden Monat um 136'000 Fass erhöhen. Sie wollen ihre bestehende Förderbeschränkung früher auflösen als bisher angedacht. Damit versuchen sie, verlorene Marktanteile zurückzugewinnen. Auf dem Ölmarkt gibt es aber bereits jetzt ein zu grosses Angebot, was sich im tiefen Preis für Erdöl widerspiegelt.

Wirtschaft

USA: Non Farm Payrolls (August) letzte: 79’000; erwartet: 75’000; aktuell: 22’000
USA: Arbeitslosenrate (August) letzte: 4.2%; erwartet: 4.3%; aktuell: 4.3%

Die amerikanische Job-Maschine stockt. Neue Stellen werden vor allem in den Sektoren Ausbildung und Gesundheit geschaffen, während Stellen in der Industrie und beim Staat verlorengehen. Die von der Stellenermittlung unabhängige Befragung der Haushalte zur Ermittlung der Arbeitslosenrate zeigt ein rosigeres Bild. Die Arbeitslosenrate ist leicht gestiegen. Die Zahl der Leute im Arbeitsmarkt und die Beschäftigung als Ganzes hat jedoch deutlich zugenommen.

Thomas Stucki

Portraitfoto von Thomas Stucki, Leiter Investment Center bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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