11. März 2024, Tägliche Marktsicht

Was ist mit dem Schweizer Obligationenmarkt los?

In den USA hat Fed-Präsident Jerome Powell vor dem Kongress mehr oder weniger angekündigt, dass die Fed ab dem Sommer den Leitzins in den USA senken wird. Christine Lagarde äusserte sich für die EZB in etwa ähnlich. Thomas Jordan hat diesbezüglich noch keine Andeutungen gemacht. Die SNB hat auch keinen Grund dazu, die Zinsen überhastet zu senken.

Im Fokus

In den USA hat Fed-Präsident Jerome Powell vor dem Kongress mehr oder weniger angekündigt, dass die Fed ab dem Sommer den Leitzins in den USA senken wird. Christine Lagarde äusserte sich für die EZB in etwa ähnlich. Thomas Jordan hat diesbezüglich noch keine Andeutungen gemacht. Die SNB hat auch keinen Grund dazu, die Zinsen überhastet zu senken. Das Zinsniveau in der Schweiz ist im Unterschied zu den USA und der Eurozone nicht konjunkturbremsend. Ein Abdriften in die Deflation ist in weiter Ferne. Vielmehr hält sich die Inlandteuerung hartnäckig bei 2% am oberen Rand des SNB-Bandes. Die Wirtschaft ist dank dem starken Konsum insgesamt solide aufgestellt und eine Rezession ist unwahrscheinlich. Der Franken hat sich in den letzten Wochen wieder abgeschwächt, womit diesbezüglich für die SNB ebenfalls kein unmittelbarer Handlungsbedarf mehr besteht. Wir gehen daher davon aus, dass Zinssenkungen der SNB erst in einem Jahr ein Thema werden, wenn die Zinsdifferenz zum Euro durch die Zinssenkungen der EZB von aktuell 2.25% wieder auf das «normale» Mass von 1.0% bis 1.5% geschrumpft ist.

Am Schweizer Obligationenmarkt gelten unsere Argumente allerdings nicht. Jeder Renditerückgang in den USA wird brav mitgemacht. Die Rendite der 10-jährigen Eidgenossen-Anleihe ist auf 0.70% gesunken. Unternehmensanleihen von Schuldnern mit einer guten Bonität und einer Laufzeit von 4 Jahren werfen noch 1.00% ab. Für ähnliche Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren liegt mit 1.10% nicht viel mehr drin. Waren Obligationen im letzten Sommer mit Renditen von über 2% noch eine attraktive Alternative, sind sie heute nach Abzug der Inflation fast sicher ein reales Verlustgeschäft.

Die Renditen widerspiegeln die Erwartung, dass die SNB über die nächsten Jahre ihren Leitzins über eine längere Zeit deutlich unter 1.00% senken wird. Ein Blick in die Vergangenheit lässt an einem solchen Szenario zweifeln, wenn man die Periode der Negativzinsen ausklammert. Zwischen 1995 und 2011 lag der von der SNB gesteuerte Libor-Zins in der Schweiz im Durchschnitt bei 1.50%. Darin berücksichtigt sind zwei Nullzinsphasen nach dem Platzen der Dot-Com-Blase 2002 und nach der Finanzkrise 2008. Über diese Zeit schwankte die Inflationsrate im Band der SNB zwischen 0% und 2% und betrug im Durchschnitt 0.9%. Die Realzinsen lagen somit mehrheitlich im leicht positiven Bereich, was mit der ökonomischen Regel in Einklang ist, dass Geld etwas kosten soll.

Damit die Geldmarktzinsen über eine längere Zeit wieder gegen Null sinken, braucht es ein Extremszenario, beispielsweise eine lange anhaltende Deflationsgefahr wie in Japan. Dazu müssten die Rohstoffpreise einbrechen. Eine weitere Möglichkeit ist eine Wiederholung der Finanzkrise und ein Fall in eine tiefe Rezession. Während der Corona-Pandemie haben die Zentralbanken gezeigt, dass sie in einer solchen Situation nicht zögern und die Zinsen stark nach unten drücken. Möglich ist auch, dass die SNB beginnt, wieder den Franken zu steuern und für eine Schwächung der Währung die Zinsen zumindest auf 0% setzt. Dazu müsste sie aber auch bereit sein, die Devisenreserven wieder anschwellen zu lassen, da tiefe Zinsen alleine nicht genügen, um den Franken dauerhaft zu schwächen. All diese Szenarien sind nicht unmöglich, aber aus heutiger Sicht in der nächsten Zeit unwahrscheinlich. Daher sind die Renditen der Obligationen aktuell zu tief und bieten keine attraktiven Einstiegsmöglichkeiten mehr.

Video-Podcast der SGKB

Schweizer Unternehmen gehören zu den besten Dividendenzahlern der Welt. Auch in diesem Jahr werden viele Unternehmen ihre Aktionäre wieder mit einer Dividendenerhöhung erfreuen. Unser Chief Investment Officer Thomas Stucki erläutert im Video-Podcast die Bedeutung der Dividende bei der Aktienauswahl und nennt seine aktuellen Dividendenfavoriten. Der Video-Podcast der St.Galler Kantonalbank kann hier angeschaut werden.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.18%, S&P500: -0.65%, Nasdaq: -1.16%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.26%, DAX: -0.16%, SMI: +0.62%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -2.59%, HangSeng: +1.40%, S&P/ASX 200: -1.82%

Die Aktienmärkte haben mit Gewinnmitnahmen auf den Arbeitsmarktbericht in den USA reagiert. Dieser war so ausgefallen, dass jeder seine eigene Meinung darin bestätigt fand. Die Befürchtungen über eine schwächere Wirtschaft wurden durch den Anstieg der Arbeitslosenrate bekräftigt. Die Anhänger einer soliden Wirtschaft sahen in den Lohnsteigerungen ihr Argument. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.26%. Die europäischen Aktien stiegen 1.35%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.88% abschloss.

Die Konjunktur in den USA, deutet an, dass die Wirtschaft gut mit den hohen Zinsen umgehen kann. Zudem kündigen sich erste Zinssenkungen an, wenn auch etwas später als bisher erwartet. Die Inflation ist auf dem Rückzug und das gibt den Zentralbanken den nötigen Raum, um von der aktuell restriktiven Geldpolitik wegzukommen. Die Chancen sind intakt, dass der Wirtschaftsrückgang sich nicht mehr stark ausweitet und sich entsprechend bald wieder Optimismus verbreitet. Wie schnell die Zentralbanken die Leitzinsen senken, darüber herrscht im Moment noch grosse Unsicherheit. Die Marktteilnehmer erwarten in diesem Jahr vier Zinssenkungen durch die US-Notenbank. Von der EZB werden bis im Dezember ebenfalls vier Zinsschritte nach unten erwartet. Diese Erwartungen halten wir für realistisch. Nicht aus den Augen lassen dürfen wir die geopolitische Dimension. Die gestiegenen Risiken im Nahen Osten, insbesondere im Roten Meer, sind nicht zu unterschätzen. Insgesamt ist für uns dank solider Konjunktur und potenziellen Zinssenkungen eine gut dotierte Aktienposition aber gerechtfertigt.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.065%; DE: 2.267%; CH: 0.703%

Die Beunruhigung an den Kapitalmärkten vor den Auftritten Zentralbanker in den USA und der Eurozone war unbegründet. Sowohl Jerome Powell als auch Christine Lagarde haben die Märkte auf erste Zinssenkungen im Juni vorbereitet. Die Renditen der Obligationen sind danach gefallen, insbesondere in der Eurozone. Die Zinsen in der Schweiz haben die Bewegung mitgemacht, obwohl von der SNB nichts Neues zu erfahren war.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8777
Euro in US-Dollar: 1.0941
Euro in Franken: 0.9603

Der US-Dollar ist unter Druck geraten, nachdem sich die Zinshoffnungen in den USA wieder verstärkt haben. Gross waren die Bewegungen am Devisenmarkt aber nicht.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 77.52 pro Fass
Goldpreis: USD 2'178.24 pro Unze

Der Goldpreis hat seinen Höhenflug fortgesetzt. Als Begründung muss vieles herhalten: Tiefere Zinsen in den USA, Russland, die Kämpfe im Gaza-Streifen, die Angst vor einer Rezession, die Schwäche der chinesischen Wirtschaft bis hin zu einem möglichen Wiederanstieg der Inflation. Die Vielfältigkeit der möglichen Auslöser für die Goldhausse zeigt: man weiss es nicht.

Wirtschaft

USA: Non Farm Payrolls (Februar) letzte: 229’000; erwartet: 200’000; aktuell: 275’000
USA: Arbeitslosenrate (Februar) letzte: 3.7%; erwartet: 3.7%; aktuell: 3.9%

Die Arbeitslosenrate in den USA ist im Februar angestiegen, obschon die Zahl der neuen Stellen solide ausgefallen ist. Dieser scheinbare Widerspruch basiert darauf, dass die beiden Werte in unterschiedlichen Erhebungen erfasst werden. Insgesamt bestätigt sich das Bild eines Arbeitsmarktes, der Anzeichen einer Abschwächung zeigt, das aber auf einer anhaltend guten Basis.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich