12. Februar 2024, Tägliche Marktsicht

Vorfreude ist die grösste Freude

Anfang Januar wurden in den USA die ersten Bitcoin-ETF zugelassen. Im Vorfeld überschlugen sich die Prognosen, wie viele neue Anleger nun in Bitcoin investieren werden. Der Bitcoin-Preis stieg von 25’000 US-Dollar auf 46'000 USD-Dollar. Mit der Vollzugsmeldung über die Zulassung der ETF hat das Thema an Wert verloren und der Bitcoin-Preis fiel auf 40'000 US-Dollar zurück.

Im Fokus

Anfang Januar wurden in den USA die ersten Bitcoin-ETF zugelassen. Im Vorfeld überschlugen sich die Prognosen, wie viele neue Anleger nun in Bitcoin investieren werden. Der Bitcoin-Preis stieg von 25’000 US-Dollar auf 46'000 USD-Dollar. Mit der Vollzugsmeldung über die Zulassung der ETF hat das Thema an Wert verloren und der Bitcoin-Preis fiel auf 40'000 US-Dollar zurück. Nun wird die Vorfreude auf das im April stattfindende Halving der Bitcoin-Schürfung geweckt und der Preis steigt wieder.

Die Marktmechanismen der Vorfreude lassen sich auch auf die Aktienmärkte und die Erwartungen an Zinssenkungen der Notenbanken, insbesondere an diejenigen der tonangebenden Fed, übertragen. Die Aktienmärkte haben im November und Dezember trotz Rezessionsängsten und der Eskalation im Nahen Osten ein eindrückliches Rally hingelegt. Getrieben wurden die Aktienkurse von der Erkenntnis, dass die Zinserhöhungen wahrscheinlich ein Ende gefunden haben und vor allem von der Erwartung, dass die Zinsen nun schnell und stark sinken werden. Die Anleger an den Kapitalmärkten haben sich das gleiche gesagt und griffen bei den Obligationen noch einmal zu. Je länger die Duration und je tiefer das Rating, umso besser. Mittlerweile sickert die Erkenntnis ein, dass die US-Notenbank mit der ersten Zinssenkung vielleicht doch etwas länger zuwarten wird als bisher erhofft. Gross beunruhigen lassen sich die Märkte davon aber nur kurzfristig. Die Freude auf tiefere Zinsen überwiegt. Wie häufig die Zinsen gesenkt werden, ist an sich nicht so wichtig, denn das ökonomische Gesetz des abnehmenden Grenznutzens gilt auch für die Psychologie an den Finanzmärkten. Die erste Zinssenkung ist die wichtigste, danach gewöhnt man sich schnell daran.

Ähnlich wie bei der Zulassung für den Bitcoin-ETF wird die erste Zinssenkung der Fed für die Aktienmärkte ein heikler Zeitpunkt sein. Danach wird sich der Blickwinkel der Anleger ändern. Zinssenkungen werden nicht mehr als willkommene Impulse für die Wirtschaftsentwicklung gesehen, sondern misstrauisch hinterfragt. Senkt die Fed die Zinsen weiter, geht es der US-Wirtschaft vielleicht doch schlechter als Jerome Powell zugeben will. Macht die Fed eine Zinspause, traut sie der Entspannung bei der Inflation nicht. Der Schritt zu Gewinnmitnahmen bei den Aktien ist dann nicht mehr weit. Diese können auch ein grösseres Ausmass annehmen und zwischenzeitlich zu stärkeren Kursverlusten führen, vor allem bei den Titeln, die stark von den Zinserwartungen getrieben wurden.

Unter diesem Blickwinkel ist es zu wünschen, dass die Fed den ersten Zinsschritt nicht so schnell macht. Dann hält die Zinsfreude an den Märkten länger an. Auf der anderen Seite ist der Leitzins in den USA momentan zu hoch, um auf Dauer konjunkturverträglich zu sein. Den richtigen Zeitpunkt für die erste Zinssenkung zu finden und diese gut zu begründen, ist eine Herausforderung. Im Juni oder im Juli dürfte sich Jerome Powell dieser stellen.

Video-Podcast der SGKB

Die Unternehmen präsentieren in diesen Wochen ihre Jahresergebnisse 2023. Wie unsere Aktienanalysten Matthias Müller und Angela Truniger die bisherigen Resultate einschätzen und welche Schlussfolgerungen sie für die Aktienmärkte daraus ziehen, präsentieren sie in ihrem Video-Podcast. Der Video-Podcast der St.Galler Kantonalbank kann hier angeschaut werden.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.14%, S&P500: +0.57%, Nasdaq: +1.25%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.11%, DAX: -0.22%, SMI: -0.42%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: geschlossen, S&P/ASX 200: -0.39%

Der Schweizer Aktienmarkt kann mit den anderen Märkten in Europa und mit den US-Aktien nicht mithalten. Der Blick auf die Indizes gibt aber nicht das ganze Bild wieder. Es sind vor allem die Indexschwergewichte Nestlé, Roche und Novartis, welche die Schweizer Aktienindizes nach unten ziehen. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.37% zu. Die europäischen Aktien stiegen 1.32%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.10% abschloss.

Das letzte Aktienjahr hat mit einem wahrhaftigen Schlussspurt geendet. Insbesondere der S&P500 sowie der DAX haben mit einem Plus von fast 15% stark zugelegt. Auch der Schweizer Index SPI hat mit rund 8% einen versöhnlichen Abschluss hingelegt. Die überraschend robuste Konjunktur, insbesondere in den USA, deutet an, dass die Wirtschaft gut mit den hohen Zinsen umgehen kann. Zudem kündigen sich bereits erste Zinssenkungen an. Die Inflation ist auf dem Rückzug und das gibt den Zentralbanken Raum, um von der aktuell restriktiven Geldpolitik wegzukommen. Die Chancen sind intakt, dass der Wirtschaftsrückgang sich nicht mehr stark ausweitet und sich entsprechend bald wieder Optimismus verbreitet. Wie schnell die Zentralbanken jedoch die Leitzinsen senken, darüber herrscht im Moment grosse Unsicherheit. Die Marktteilnehmer erwarten in diesem Jahr fünf Zinssenkungen durch die US-Notenbank. Von der EZB werden bis im Dezember sechs Zinsschritte nach unten erwartet. Diese Erwartungen halten wir für übertrieben. Entsprechend gehen wir davon aus, dass es an den Aktienmärkten immer wieder zu kurzen Rückschlägen kommen wird. Auch nicht aus den Augen lassen dürfen wir die geopolitische Dimension. Die gestiegenen Risiken im Nahen Osten, insbesondere im Roten Meer, sind nicht zu unterschätzen. Insgesamt ist für uns dank solider Konjunktur und potenziellen Zinssenkungen eine gut dotierte Aktienposition aber gerechtfertigt, auch wenn der Weg unruhiger wird.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.189%; DE: 2.383%; CH: 0.973%

Der Anstieg der Kapitalmarktzinsen setzt sich fort, zumindest in den USA, weniger in der Schweiz. Die Erwartungen an das Tempo der Zinssenkungen durch die Fed werden nach unten korrigiert. Die erste Zinssenkung wird nun erst im Juni erwartet. Das ist aus unserer Sicht realistisch.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8746
Euro in US-Dollar: 1.0791
Euro in Franken: 0.9438

Der Franken verliert sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar weiter an Wert. Dass die SNB dahintersteckt, ist unwahrscheinlich. Unglücklich darüber wird sie aber nicht sein. Dass die Frankenschwäche anhält und sich der Euro bis auf 98 Rappen verteuert, wie das verschiedene Analysten sehen, ist jedoch genauso unwahrscheinlich.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 76.61 pro Fass
Goldpreis: USD 2'023.85 pro Unze

Der Goldpreis kann sich über der Marke von 2'000 US-Dollar pro Unze halten, obschon die Zinsen in den USA steigen und der US-Dollar an Wert zulegt. Angesichts der vielen politischen Risiken suchen offenbar viele Investoren die Sicherheit des Goldes.

Wirtschaft

In dieser Woche interessieren sich die Finanzmärkte vor allem für die Inflationsraten im Januar, die morgen Dienstag veröffentlicht werden. In der Schweiz erwarten die Ökonomen trotz den gestiegenen Strompreisen und der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Anfang Jahr einen Rückgang der Inflationsrate von 1.7% auf 1.6%. Im Januar 2023 sind verschiedene administrierte Preise ebenfalls gestiegen, so dass der Basiseffekt wirken sollte.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich