12. April 2024, Tägliche Marktsicht

Keine neuen Impulse vonseiten der EZB

Die Europäische Zentralbank beliess ihre Leitzinsen gestern unverändert, bereitete jedoch den Weg für eine erste Senkung im Juni vor. Für die Märkte bedeutete dies jedoch keine Überraschung.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: -0.26%, SPI: -0.21%, SMIM: +0.00%

Der Schweizer Aktienmarkt präsentierte sich gestern von der verhaltenen Seite. Kurz nach 16.00 Uhr verlor der Leitindex SMI deutlich an Boden, ehe dieser sich zum Handelsende hin wieder etwas stabilisieren konnte. Der SMI schloss letztlich 0.3% tiefer. Der gestrige EZB-Zinsentscheid, an dem erwartungsgemäss die Leitzinsen unverändert belassen wurden, brachte keine Impulse. Von den 20 Blue Chips im SMI standen sich acht Gewinner und 12 Verlierer gegenüber. An der Tabellenspitze standen die wirtschaftssensitiven Werte Sika (+1.1%) und Lonza (+0.9%), gefolgt von Sonova (+0.9%) und Roche (+0.8%). Der Pharmakonzern Roche erhielt von der US-Gesundheitsbehörde FDA eine Durchbruchsgenehmigung für einen Bluttest zur Früherkennung von Alzheimer. Konkurrentin Novartis verlor hingegen 0.6%, während das dritte Indexschwergewicht Nestlé 0.4% höher schliessen konnte. Am Tabellenende stand die Grossbank UBS (-2.5%), welche auch nach der Veröffentlichung des neuen Bankenstabilitätsberichts am Mittwoch gestern Donnerstag unter Gewinnmitnahmen litt. Daneben waren die Versicherer Zurich Insurance (-1.2%) und Swiss Re (-1.1%) ebenfalls nicht gefragt. Der Aroma- und Riechstoffkonzern Givaudan (-0.7%) konnte mit dem gestern publizierten Zahlenset die Erwartungen übertreffen. Die Aktie war im Vorfeld bereits deutlich angestiegen und litt gestern unter Gewinnmitnahmen. Helvetia gab gestern als letzter Konzern des SPI den Zahlenkranz zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 bekannt. Die Zahlen fielen im Rahmen der Erwartungen aus. Die Aktie reagierte mit einem Minus von 0.2% aber nur wenig. Der Vakuumventilhersteller VAT (+0.2%) konnte beim Auftragseingang im 1. Quartal 2024 überzeugen, während der Umsatz hinter den Erwartungen blieb.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: -0.68%, DAX: -0.79%

Die europäischen Aktienmärkte reagierten nach dem EZB-Zinsentscheid, an dem die Leitzinsen unverändert belassen wurden, aber eine mögliche erste Senkung auf Juni in Aussicht gestellt wurde, kurzfristig positiv. Im weiteren Handelsverlauf verloren die europäischen Aktienmärkte aber an Boden und beendeten den Handelstag allesamt im Minus. Die stärksten Abgaben verzeichnete der spanische IBEX 35 (-1.2%), vor dem italienischen FTSE MIB (-1.0%). Der deutsche DAX verlor indes 0.8%. Auf Sektorenebene kam aufgrund möglicher näherrückender Zinssenkungen der Finanzsektor unter Druck. Daneben waren die Sektoren Kommunikationsdienste und Grundstoffe ebenfalls nicht gefragt. Gesucht waren die defensiven Sektoren Versorger, Gesundheit und Immobilien.

Aktienmärkte USA

DowJones: -0.01%, S&P500: +0.74%; Nasdaq: +1.68%

Nach einem schwachen Handelsstart konnten sich die US-Aktienmärkte mehrheitlich wieder erholen. Insbesondere der technologielastige Nasdaq avancierte um 1.7%, gefolgt vom marktbreiten S&P500 (+0.7%), während der US-Leitindex DowJones (-0.01%) unverändert schloss. Aus Branchensicht legten die wachstumsstarken und zyklischen Bereich Technologie, Kommunikationsdienste und Zyklischer Konsum überdurchschnittlich zu. Unterdurchschnittlich zeigten sich hingegen die Bereiche Finanzen, Gesundheit und Nichtzyklischer Konsum. An der Tabellenspitze des Dow Jones stand Apple mit einem Plus von 4.3%. Gerüchten zufolge plane Apple die gesamte Mac Line mit neuen Prozessoren für die Anwendung von Künstlicher Intelligenz zu überarbeiten. Ziel sei, die zuletzt rückläufigen Umsätze mit Mac Produkten dadurch wieder anzukurbeln. Der Sportartikelhersteller Nike (+3.4%) legte ebenfalls deutlich zu. Eine Ratinghochstufung eines Brokers sorgte für Unterstützung.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.569 DE: 2.460% CH: 0.658%

Die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen US-Staatsanleihe ist am gestrigen Handelstag weiter angestiegen. Bereits zur Wochenmitte reagierten die US-Zinsen mit einem deutlichen Anstieg auf die Publikation der neusten Inflationsdaten, die höher als erwartet ausgefallen waren. Der Leitzinsentscheid der Europäischen Zentralbank hatte hingegen nur kurzzeitig Auswirkungen auf die Zinslandschaft und die Zinsen in Europa notierten gegen Abend im Einklang mit den US-Zinsen höher.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9112
Euro in US-Dollar: 1.0712
Euro in Franken: 0.9761

Der Euro hat gestern nach den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank an Terrain eingebüsst. Insbesondere gegenüber dem US-Dollar steht die Gemeinschaftswährung unter Druck, da sich immer mehr abzeichnet, dass in den USA die Leitzinsen später als in Europa fallen werden. Auch wir gehen davon aus, dass die EZB vor der Fed an der Zinsschraube drehen wird.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 85.62 pro Fass
Goldpreis: USD 2'386.49 pro Unze

Der Aufwärtstrend beim Ölpreis legte gestern für einmal eine Pause ein. Weiterhin notiert der Ölpreis jedoch im Zuge der zunehmenden Unsicherheit im Nahen Osten auf erhöhtem Niveau.

Den deutlichen Aufwärtstrend fortgesetzt hat hingegen das Gold. Der Goldpreis hat innert zweier Monate nun bereits knapp 20% zugelegt. Aus fundamentaler Sicht lässt sich dieser Preisausbruch nach oben mit den gängigen Goldpreistreibern US-Dollar und Zinsen nicht gänzlich nachvollziehen. Neben der strukturell hohen Nachfrage durch die Notenbanken dürften zuletzt vor allem auch die kurzfristig orientierten Anleger am Futures-Markt für Auftrieb gesorgt haben.

Wirtschaft und Konjunktur

Europäische Zentralbank: Leitzins (Einlagefazilität)
letzter: 4.00%; erwartet: 4.00%; aktuell: 4.00%

Die Europäische Zentralbank beliess ihre Leitzinsen gestern erwartungsgemäss unverändert. Gemäss EZB-Präsidentin Christine Lagarde hätten die neu verfügbaren Daten die bisherige Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten weitgehend bestätigt. Noch immer ist die Teuerung bei den Dienstleistungen aufgrund des kräftigen binnenwirtschaftlichen Preisdrucks jedoch zu hoch, um bereits jetzt an der Zinsschraube zu drehen. Sollte im Juni die aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten die Zuversicht des EZB-Rats jedoch weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert von 2% annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen. Davon gehen wir aus, weshalb wir im Juni eine erste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank erwarten.

Patrick Häfeli

Senior Strategieanalyst Fixed Income
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Angela Truniger

Finanzanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
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