11. April 2024, Tägliche Marktsicht

Höher als erwartete US-Inflationszahlen bremsen Kauflaune

Der Leitindex SMI gab seine zwischenzeitlichen Kursgewinne nach der Vorlage der US-Inflationszahlen wieder her und schloss leicht tiefer. Heute stehen die Quartalszahlen von Givaudan, VAT und Helvetia im Fokus.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: -0.09%, SPI: -0.10%, SMIM: -0.22%

Der Schweizer Aktienmarkt startete gestern zunächst freundlich in den Handelstag, drehte aber nach der Veröffentlichung der jüngsten US-Inflationszahlen am Nachmittag in die Verlustzone. Die US-Preise lagen im März im Vergleich zum Vorjahr um 3.5% höher und stiegen damit etwas stärker als erwartet. Im Vormonat hatte die Teuerung bei 3.2% gelegen. Befürchtungen, dass sich die erste Zinssenkung der US-Notenbank durch die höheren Inflationszahlen auf den Herbst verschieben könnte, belasteten die Aktienmärkte zunächst weltweit. Der SMI machte allerdings die zwischenzeitlichen Verluste praktisch wieder wett und schloss schliesslich nur noch 0.1% tiefer. Im Fokus standen unter anderem die Aktien der UBS, die nach Veröffentlichung des neuen Bankenstabilitätsberichts am Nachmittag unter Verkaufsdruck gerieten. Zwar verzichtet der Bund auf eine generelle Erhöhung des vorgeschriebenen Eigenkapitals, plant aber unter anderem die Eigenmittel-Anforderungen bei ausländischen Tochtergesellschaften zu verschärfen. Die Aktie ging 2.7% tiefer aus dem Handel. Ansonsten litten vor allem zinssensitive Qualitäts- und Wachstumswerte unter den Zinssorgen. Sika (-0.6%), Sonova (-0.7%), Kühne + Nagel (-0.8%), Lonza (-1.8%) und Geberit (-2.0%) gehörten im Leitindex zu den schwächsten Werten. Von den Schwergewichten kam nur wenig Unterstützung. Einzig die Aktien von Roche gewannen 1.2% dazu und knüpften damit an die positive Kursentwicklung der letzten Tage an. Auf der Gewinnerseite reihten sich mit Zurich Insurance (+0.9%) und Swiss Re (+0.4%) zwei Versicherungswerte ein. Ebenfalls gefragt waren ABB (+1.1%) und Givaudan (+1.4%). Givaudan legt heute Eckdaten zum 1. Quartal vor, während ABB in einer Woche über die Zwischenbilanz informiert. Im breiten Markt sprangen die Aktien von Barry Callebaut um 11.0% nach oben, nachdem die gestern präsentierten Halbjahreszahlen weniger schlecht ausfielen, als von den Analysten befürchtet worden war.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +0.20%, DAX: +0.11%

Die europäischen Aktienmärkte fielen nach einer positiven Eröffnung nach der Vorlage der US-Inflationszahlen kurzzeitig ins Minus, erholten sich am späteren Nachmittag wieder und gingen mehrheitlich mit leichten Kursgewinnen aus dem Handel. Der EuroStoxx50 beendete den Tag 0.2% höher, während der DAX den Handelstag mit einem Plus von 0.1% beschloss. Aus Branchensicht gehörten Aktien aus den Bereichen IT, Finanzen und Energie zu den Tagesgewinnern. Verkauft wurden hingegen Titel aus den Sektoren Immobilien und Versorger.

Aktienmärkte USA

DowJones: -1.09%, S&P500: -0.95%; Nasdaq: -0.84%

Die amerikanischen Aktienmärkte gaben nach den Inflationszahlen deutlich nach. Zinssorgen drückten den DowJones 1.1% ins Minus, während der S&P500 um 1.0% zurückfiel. Der technologielastige Nasdaq schloss 0.8% tiefer. Auf Einzeltitelebene standen unter anderem Nike (-2.2%), Under Armour (-1.9%) und Lululemon (-2.4%) im Rampenlicht. Die Aktien der Sportartikelhersteller wurden von einer pessimistischen Branchenstudie eines Brokers belastet. Ebenfalls unter Druck standen die Aktien von Delta Airlines (-2.3%). Die US-Fluggesellschaft überraschte mit ihren 1. Quartalszahlen und dem Ausblick auf das laufende 2. Quartal zwar positiv. Die Aktien konnten sich dem allgemeinen Verkaufsdruck jedoch nicht entziehen.

Unternehmensberichte

Givaudan veröffentlichte heute Morgen Eckdaten zum 1. Quartal 2024. Der Aromen- und Duftstoffhersteller steigerte den Umsatz im Vorjahresvergleich um 2.8% auf CHF 1.82 Mrd. Organisch, also bereinigt um Währungseinflüsse und Unternehmenstransaktionen erreichte der Konzern ein Wachstum von 12.6%. Damit lag das Quartalsergebnis deutlich über der mittelfristigen Zielbandbreite von 4% bis 5%. Dabei profitierte Givaudan auch von einem deutlichen Anstieg der verkauften Volumen. Sämtliche Regionen trugen zum starken Wachstum bei. Am stärksten entwickelten sich die Regionen Südasien, Afrika und Mittlerer Osten und Lateinamerika, die vergleichbare Umsatzwachstumsraten von 9.4% respektive 45% erreichten. In den USA stieg der Umsatz um 5%, in Asien um 6.5%, während Europa mit einem vergleichbaren Wachstum von 1.4% wegen einer höheren Vorjahresbasis etwas zurückblieb. Auf einen Jahresausblick verzichtet Givaudan weiterhin, bleibt aber mittelfristig seinem organischen Wachstumsziel von 4% bis 5% pro Jahr treu. Das Zahlenset übertrifft die Analystenerwartungen deutlich.

VAT veröffentlichte heute Auftragseingangs- und Umsatzzahlen zum abgelaufenen 1. Quartal. Der Vakuumventilhersteller, der vor allem an die Halbleiterbranche liefert, konnte den Auftragseingang im Vorjahresvergleich deutlich steigern und auf CHF 235.8 Mio. erhöhen. Im Vergleich zum 4. Quartal 2023 blieb der Auftragseingang unverändert. Die Nachfrage aus dem Halbleiterbereich erholte sich im 1. Quartal weiter, was unter anderem neuen Aufträgen aus China zu verdanken war. Der Umsatz sank hingegen um 14.7% auf CHF 198.5 Mio. Damit erreichte VAT das obere Ende der angepeilten Zielbandbreite von CHF 185 bis 205 Mio. Der Ausblick für 2024, der höhere Werte bei Umsatz, EBITDA, EBITDA-Marge und Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr veranschlagt, wurde bestätigt. Im 2. Quartal rechnet VAT mit einem Umsatz zwischen CHF 235 bis 255 Mio. Das Zahlenset bleibt beim Umsatz leicht unter den Erwartungen, übertrifft sie aber beim Auftragseingang jedoch deutlich.

Helvetia legte heute erstmals Jahreszahlen unter den neuen IFRS-Standards vor. Der Gewinn reduzierte sich 2023 im Vorjahresvergleich um 37% auf CHF 301.3 Mio. Der bereinigte Reingewinn (Underlying Earnings), den Helvetia zum ersten Mal ausweist, reduzierte sich um 24.4% auf CHF 372.5 Mio. Negativ beeinflusst wurde das Ergebnis von höheren Schadensbelastungen durch Naturkatastrophen und Grossschadenereignisse im Sachversicherungsgeschäft. Das Lebensversicherungsgeschäft erzielte hingegen ein Ergebnis über dem Vorjahr. Das Geschäftsvolumen konnte von CHF 11.2 Mrd. im Vorjahr auf CHF 11.3 Mrd. gesteigert werden. Bereinigt um den negativen Wechselkurseinfluss betrug der Anstieg 7.2%. Trotz des tieferen Gewinns wird der GV eine Dividendenerhöhung um 40 Rappen auf CHF 6.30 pro Aktie vorgeschlagen. Ein Jahresziel wurde nicht abgegeben, aber Helvetia sieht sich in Bezug auf die Strategie 20.25 auf Kurs. Über die Ergebnisse einer derzeit laufenden Strategieanalyse will das Management am 12. Dezember 2024 im Rahmen eines Kapitalmarkttages informieren. Das Ergebnis fällt im Rahmen der Analystenerwartungen aus.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.540% DE: 2.432% CH: 0.614%

Die Renditen auf US-Staatsanleihen sind im Zuge der höher als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten weiter angestiegen. Der 2-jährige US-Treasury notiert unterdessen wieder nur knapp unter 5%. Unterdessen haben die Marktteilnehmer ihre Zinssenkungserwartungen deutlich angepasst. Noch Anfang Jahr ging die Mehrheit der Marktteilnehmer von 7 Zinssenkungen in diesem Jahr aus. Unterdessen sind es eine bis zwei Zinserwartungen, welche die Future-Positionen einberechnen.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9125
Euro in US-Dollar: 1.0745
Euro in Franken: 0.9805

Der US-Dollar hat im Nachgang an die gestern publizierten Inflationsdaten gegenüber dem Schweizer Franken um über 1% zugelegt. Die Erwartung, dass die Zinsen aufgrund der erhöhten Inflation länger hoch bleiben, stützen den US-Dollar. Mittel- bis langfristig dürfte der US-Dollar aber wieder auf seinen gewohnten Abwertungspfad einschwenken.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 86.29 pro Fass
Goldpreis: USD 2'340.33 pro Unze

Der Ölpreis notiert im Zuge der zunehmenden Unsicherheit im Nahen Osten weiter auf erhöhtem Niveau. Das gestiegene Risiko, dass es zu einem direkten Krieg zwischen Israel und Iran kommt, treibt aktuell die Energiepreise an. Zwar haben beide Seiten wenig Interesse an einem offenen Krieg, jedoch hat sich die Situation mit dem Angriff Israels auf hohe iranische Militärs in Damaskus deutlich verschärft.

Wirtschaft und Konjunktur

USA: Inflationszahlen (März)
letzter: 3.2%; erwartet: 3.4%; aktuell: 3.5%

Die Preisentwicklung in den USA notiert im März weiter über dem von der US-Notenbank angestrebten Niveau von 2%. Mit aktuell 3.5% notiert sie gar höher als noch im Vormonat. Die vielbeachtete Kerninflationsrate, alle Güter ohne Energie und Nahrungsmittel, verharrte auf hohen 3.8%. Erwartet wurde ein leichter Rückgang. Hauptgrund für den weiterhin erhöhten Preisdruck dürfte die weiter gut laufende Wirtschaft sowie die gestiegenen Energiepreise sein. Gleichzeitig steigen die Löhne aufgrund des Arbeitskräftemangels weiter an.

 

Matthias Müller

Senior Finanzanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich

Beat Schiffhauer

Senior Strategieanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich