26. Januar 2024, Tägliche Marktsicht

EZB lässt Leitzinsen unverändert - Aktienmärkte legen leicht zu

Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen unverändert bei 4.5% belassen und die Erwartungen an baldige Zinssenkungen gedämpft. Die Aktienmärkte haben leicht zugelegt.

 Aktienmarkt Schweiz

SMI: +0.11%, SPI: +0.10%, SMIM: -0.11%

Der Schweizer Aktienmarkt startete gestern richtungslos in den Handelstag. Am frühen Nachmittag, als die EZB ihre aktuelle Zinspolitik ankündigte, drehten die Indizes in die Gewinnzone. Der SMI schloss am Donnerstagabend 0.1% höher als am Vortag. Insgesamt 14 SMI-Titel konnten Kursgewinne vorweisen. Mit deutlichem Abstand befanden sich die Valoren von Givaudan auf dem ersten Platz und wurden 8.3% höher gehandelt. Obwohl Givaudan im abgelaufenen Geschäftsjahr mit höheren Inputkosten, niedrigeren Volumen und mit dem starken Franken zu kämpfen hatte, konnte das Unternehmen - vor allem im letzten Quartal - mit einem hohen organischen Wachstum von 7.9% glänzen. Ebenfalls an Terrain gewannen die Aktien von Kühne+Nagel (+1.5%). Diese konnten von den positiven Konjunkturzahlen aus den USA profitieren, die mit einem annualisierten BIP-Wachstum im 4. Quartal mit 3.3% die Erwartungen übertroffen hatten. Zu den gefragten Werten gehörten zudem Partners Group (+1.2%), Sika (+1.0%) sowie Nestlé (+0.9%). Zu den Tagesverlierern gehörten erneut die Aktien von Logitech (-1.2%), die sich seit der Publikation der Geschäftszahlen im Abwärtstrend befinden. Auch die Titel von Roche büssten ein und schlossen 1.3% im Minus. Am stärksten gelitten hat Lonza, die 2.9% an Wert verloren. Lonza gewährt heute Freitag Einblick in die Geschäftszahlen 2023. Am breiten Markt fielen die Aktien von Emmi negativ auf. Nach Präsentation der enttäuschenden Umsatzzahlen für das Jahr 2023 ist der Kurs um 5.3% gefallen. Die Valoren von Meyer Burger konnten den leichten Erholungstrend aus den vergangenen Tagen nicht aufrechterhalten und schlossen mit einem Verlust von 11.6% deutlich im Minus.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +0.40%, DAX: +0.10%

Die europäischen Aktienmärkte verzeichneten gestern grossmehrheitlich moderate Kursgewinne. Die erwartete Status-Quo-Entscheidung der EZB und der eher zuversichtliche Ausblick auf die Inflationsentwicklung führten an den Märkten zu einer leichten Erholung. Der EuroStoxx50 gewann bis zum Börsenschluss 0.4%. Der deutsche DAX sowie der französische CAC40 schlossen beide jeweils 0.1% höher als am Vortag. Unverändert zeigte sich der britische FTSE100. Positiv aufgefallen sind die Aktien von Nokia, die von einem hohen Auftragseingang profitieren konnten. Der Titel schloss 11.2% im Plus. Zu den europäischen Gewinner gehörten ebenfalls Adidas (+5.7%) und ASML (+4.6%). In der Sektorenbetrachtung konnten die Technologie-Werte am meisten gewinnen, gefolgt von den Grundstoffen und Energie.

Aktienmärkte USA

DowJones: +0.64% S&P500: +0.53%, Nasdaq: +0.18%

An den amerikanischen Aktienmärkten herrschte auch gestern Kauflaune. Allerdings sorgten durchwachsene Unternehmens- und Konjunkturdaten dafür, dass die Gewinne nicht noch höher ausfielen. Die US-Wirtschaft ist im 4. Quartal 2023 stärker als erwartet gewachsen, während die Aufträge für langlebige Güter überraschend stagnierte. Der Analystenkonsens hatte mit einem Anstieg gerechnet. Hinzu kamen die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die stärker anstiegen als prognostiziert. Der Leitindex DowJones schloss 0.6% höher, während der marktbreite S&P500 um 0.5% und der technologielastige Nasdaq um 0.2% avancierten. Bei den Einzelwerten fiel Tesla (-12.1%) auf. Der Elektroautohersteller enttäuschte sowohl mit den Zahlen für das vergangene Quartal als auch mit den Prognosen für das laufende Geschäftsjahr. Ebenfalls unter Druck standen die Aktien von Boeing (-5.7%). Die US-Luftfahrbehörde FAA will nach dem gefährlichen Zwischenfall von Anfang Januar keinen weiteren Ausbau der Produktion des Flugmodells 737-9 Max genehmigen. Zudem litt der Flugzeughersteller unter einer Rating-Rückstufung durch einen Broker. Einen Kurssprung verzeichnete hingegen IBM (+9.5%). Der Computerkonzern überraschte mit einem positiven Wachstumsausblick und kündigte einen Stellenabbau an.

Unternehmensberichte

Der Warenprüfkonzern SGS präsentierte heute Morgen die Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2023. Der Umsatz sank in Schweizer Franken um 0.3% auf CHF 6.6 Mrd. Organisch, also bereinigt um Akquisitionen und Währungseinflüsse, erreichte der Warenprüfer ein Wachstum von 8.1%. Im Vorjahr lag der Anstieg bei 5.8%. Der um Sondereinflüsse bereinigte operative Gewinn (EBIT) lag bei CHF 971 Mio., was einem Rückgang von 5.1% entspricht. Die entsprechende Marge glitt um 0.7% auf 14.7% zurück. Unter dem Strich verblieb ein Reingewinn von CHF 553 Mio. nach CHF 588 Mio. im Geschäftsjahr 2022. Die Aktionäre sollen eine Dividende von CHF 3.20 je Aktie erhalten. Unter Berücksichtigung des getätigten Aktiensplits bleibt diese damit stabil. Ausserdem gibt SGS neue Mittelfristziele bis 2027 bekannt. Das organische Wachstum soll jährlich zwischen 5% und 7% betragen. Die adjustierte operative Gewinnmarge soll bis 2027 um mindestens 1.5% verbessert werden und die Cash Conversion Rate (Verhältnis zwischen Cashflow und Nettogewinn) soll auf über 50% ansteigen. Für das Geschäftsjahr 2024 hat sich das Unternehmen das Ziel gesetzt, ein Umsatzwachstum im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereichs zu erzielen. Die adjustierte operative Gewinnmarge soll verbessert werden. Zudem kündigte SGS überraschend einen CEO-Wechsel an. Die aktuelle CFO Géraldine Picaud soll an der kommenden Generalversammlung zur CEO gewählt werden. Sie tritt damit die Nachfolge von CEO Frankie Ng an, der auf eigenen Wunsch von seinem Posten zurücktreten will. Mit Ausnahme des organischen Umsatzwachstums sowie der Dividende hat SGS mit dem präsentierten Zahlenset die Analystenerwartungen verfehlt.

Lonza veröffentlichte heute Morgen die Zahlen zum Geschäftsjahr 2023. Der Pharmaauftragsfertiger konnte den Umsatz um 7.9% auf CHF 6.7 Mrd. erhöhen. Organisch, also bereinigt um Währungseinflüsse, lag das Umsatzwachstum bei 10.9%. Der bereinigte operative Gewinn auf Stufe EBITDA kam bei CHF 2.0 Mrd. zu liegen, was einem kleinen Anstieg von 0.2% entspricht. Die entsprechende Marge betrug 29.8%. Im Geschäftsjahr 2022 konnte noch eine Marge von 32.1% erzielt werden. Lonza erzielte einen Reingewinn von CHF 655 Mio., nachdem dieser im Vorjahr bei CHF 1.22 Mrd. lag. Den Aktionären soll eine um CHF 0.5 höhere Dividende von CHF 4.0 pro Aktie ausgeschüttet werden. Für das laufende Geschäftsjahr 2024 rechnet Lonza mit einem gleichbleibenden Umsatz sowie unverändert mit einer Betriebsgewinnmarge im hohen 20%-Bereich. In den Folgejahren möchte Lonza ein Umsatzwachstum zwischen 11% und 13% erreichen. Die EBITDA-Marge soll im Bereich zwischen 32% und 34% zu liegen kommen. Zudem teilte Lonza mit, dass Verwaltungsratspräsident Albert Baehny sich nicht zur Wiederwahl stellt. Seine Nachfolge soll Jean-Marc Huet sein, der früher als CFO von Unilever tätig war und aktuell Verwaltungsratspräsident von Heineken ist. Bis eine geeignete Nachfolge gefunden werden kann wird Albert Baehny weiterhin die Position als CEO ad interim besetzen. Auf Stufe Reingewinn verfehlte Lonza die Erwartungen, konnte jedoch auf den übrigen Stufen die Markterwartungen übertreffen.

LVMH präsentierte gestern nachbörslich die Zahlen zum Geschäftsjahr 2023. Der Luxusgüterkonzern steigerte den Umsatz um 9% auf EUR 86.1 Mrd. Insbesondere das wichtige Geschäft mit Mode- und Lederwaren stieg um 9% auf EUR 42.2 Mrd. Einzig die Sparte Wein & Spirituosen verzeichnete einen Umsatzrückgang von 7%. Der operative Gewinn aus dem wiederkehrenden Geschäft stieg von EUR 21.1 Mrd. im Geschäftsjahr 2022 auf EUR 22.8 Mrd., was einem Anstieg von 8% entspricht. Unter dem Strich erzielte LVMH einen Reingewinn von EUR 15.2 Mrd., was ebenfalls einer Erhöhung von 8% entspricht. Der Verwaltungsrat schlägt eine um einen Euro höhere Dividende von EUR 13 pro Aktie vor. Wie üblich gibt der Luxusgüterhersteller keine Prognose für das neue Geschäftsjahr ab. Auf Stufe Umsatz konnte LVMH die Erwartungen übertreffen, während die Analysten sich beim Gewinn etwas mehr ausgerechnet hatten.

Intel hatte gestern nach Börsenschluss die Zahlen zum vergangenen Quartal vorgelegt. Der Halbleiterhersteller konnte den Umsatz im Vergleich zur Vorjahresperiode um 10% auf USD 15.4 Mrd. steigern. Für das gesamte Geschäftsjahr 2023 erzielte Intel einen Umsatz von USD 54.2 Mrd., nachdem dieser im Geschäftsjahr 2022 noch bei USD 63.1 Mrd. gelegen hatte. Eine deutliche Erholung zeigte sich bei der Sparte PC-Prozessoren (Client Computing Group), die im 4. Quartal einen um 33% höheren Umsatz von USD 8.8 Mrd. erzielte. Intel geht davon aus, dass sich dieses Geschäfts weiter erholen wird. Im Segment mit Technik für Rechenzentren (Data Center and AI) sank der Umsatz im abgelaufenen Quartal hingegen um 10% auf USD 4.0 Mrd. und auch im Bereich Network and Edge fiel der Umsatz um 24% auf USD 1.5 Mrd. zurück. Der Reingewinn im 4. Quartal betrug USD 2.7 Mrd. (Vorjahr Verlust von USD 700 Mio.). Für das ganze Jahr erzielte Intel einen um 79% tieferen Reingewinn von USD 1.7 Mrd. Für das laufende Quartal prognostiziert Intel einen Umsatz zwischen USD 12.2 Mrd. und USD 13.2 Mrd. Die publizierten Zahlen lagen grossmehrheitlich unter den Markterwartungen und insbesondere der Ausblick enttäuschte. Die Aktie verlor nachbörslich fast 11% an Wert.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.093DE: 2.228%; CH: 0.806%

An den Kapitalmärkten hat der jüngste EZB-Entscheid wenig Bewegung ausgelöst. Alle Augen sind nun auf die US-Notenbank gerichtet, welche nächsten Mittwoch ihren Leitzinsentscheid kundtut. Genaustens beobachtet wird insbesondere das Wording bezüglich der weiteren Entwicklung sowie die Schätzungen der einzelnen Mitglieder bezüglich des Zinspfades (Dotplot).

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8676
Euro in US-Dollar: 1.0832
Euro in Franken: 0.9398

Der Euro zeigt sich gegenüber dem Franken nach dem jüngsten Rückgang aktuell stabil um die 0.94. Unterstützend wirkt die weiterhin restriktive Geldpolitik der EZB. Mittelfristig dürfte der Euro aber vor allem aufgrund der wirtschaftlichen und institutionellen Schwächen der Eurozone wieder tiefer notieren.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 76.81 pro Fass
Goldpreis: USD 2'021.92 pro Unze

Der Ölpreis der Sorte WTI hat jüngst wieder etwas an Fahrt aufgenommen und notiert bereits bei über 76 US-Dollar das Fass. Hauptgrund für den Preisanstieg dürften die weiter bestehenden Unruhen im Nahen Osten sein. Zudem sind die Lagerbestände in den USA relativ tief, was die Nachfrage stützt.

Wirtschaft und Konjunktur

Europäische Zentralbank: Leitzins
letzter: 4.5%; erwartet: 4.5%; aktuell: 4.5%

Die Europäische Zentralbank hat wie erwartet die Leitzinsen unverändert bei 4.5% belassen. Die Zentralbank dämpfte zudem die Erwartung, dass bereits nächstens die ersten Zinssenkungen erfolgen werden. Die Zentralbanker wollen sicher gehen, dass die Preise unter Kontrolle kommen. Entscheidend dafür dürfte auch sein, wie die Lohnerhöhungen für dieses Jahr ausfallen und wie die Firmen die Kosten an die Kunden weitergeben. Die Markterwartungen liegen aktuell bei fünf Zinssenkungen in diesem Jahr durch die EZB. Allerdings fluktuiert diese Erwartung stark.

Anja Felder

Finanzanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Beat Schiffhauer

Senior Strategieanalyst
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Florian Hiltpold

Finanzanalyst
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