26. Februar 2024, Tägliche Marktsicht

Die Inflationslage schaut besser aus als sie ist

Die Zeit der sehr hohen Inflationsraten ist in den westlichen Industrieländern zum Glück vorbei. Sowohl die nominelle Teuerung als auch die Kernraten ohne die im Preis stark schwankenden Güter aus dem Energie- und Nahrungsmittelbereich sind im letzten Jahr deutlich gesunken.

Im Fokus

Die Zeit der sehr hohen Inflationsraten ist in den westlichen Industrieländern zum Glück vorbei. Sowohl die nominelle Teuerung als auch die Kernraten ohne die im Preis stark schwankenden Güter aus dem Energie- und Nahrungsmittelbereich sind im letzten Jahr deutlich gesunken. Mittlerweile befinden sie sich auf Niveaus, die die Anforderungen an Preisstabilität zwar nicht erfüllen, die aber auch nicht mehr richtig schmerzhaft sind. Das hat dazu geführt, dass die Markterwartungen an rasche und starke Zinssenkungen durch die Notenbanken keine Grenzen mehr kannten. Das hat sich mittlerweile etwas korrigiert, zumindest in den USA.

Die Zentralbanken tun gut daran, sich der allgemeinen Euphorie betreffend der Inflationsentwicklung nicht anzuschliessen. Der von der Fed bevorzugte Inflationsindikator, die Kernrate der persönlichen Konsumgüter, ist seit dem Höchststand von 5.5% im Sommer 2022 auf 2.9% gesunken, das ist erfreulich. Damit liegt er aber immer noch deutlich über dem Zielwert von 2%. Zudem hat das Momentum nach unten nachgelassen, wenn man die monatlichen Werte betrachtet. Diese werden oft von saisonalen Faktoren getrieben und sind daher grösseren Schwankungen unterworfen. Wenn man aber den Durchschnitt der letzten sechs Monate anschaut, dann hat das Tempo des Rückgangs der Teuerung merklich nachgelassen. Dass die von den Finanzmärkten beurteilte Kernrate im Jahresvergleich noch sinkt, hat viel mit dem Basiseffekt im ersten Halbjahr 2023 zu tun. Dieser wird in den nächsten Monaten auslaufen. Gleichzeitig steigen die Löhne in den USA mit annualisiert 5% im historischen Vergleich überdurchschnittlich stark an. Ein drastischer Einbruch der Nachfrage nach Konsumgütern ist daher nicht zu erwarten. Jerome Powell will zu Recht den Sommer abwarten, bevor die Fed über eine Änderung ihrer Zinspolitik entscheidet. Die Zinsen in den USA sind mit 5.375% hoch, weshalb eine Rückführung auf ein konjunkturneutraleres Niveau angebracht ist, auch wenn die Inflation noch nicht auf 2% gesunken ist. Die angepassten Markterwartungen von drei bis vier Zinssenkungen ab dem Sommer bis Ende Jahr sind aus unserer Sicht deshalb realistisch.

In der Schweiz wurde im Januar auch Entwarnung gegeben, nachdem die Inflationsrate mit 1.3% tiefer ausgefallen ist als erwartet. Damit befindet sich die Inflation komfortabel im Zielband der SNB, also steht einer Zinssenkung im März noch vor der Fed oder der EZB nichts im Wege. Der zugrundeliegende Inflationsdruck sieht aber weniger gut aus, als es die aktuelle Inflationsrate vorgibt. Durch den starken Franken sind die Preise der importierten Produkte im Vergleich zum Vorjahr gesunken, was den Anstieg der Preise im Inland teilweise kompensieren konnte. Die Inlandteuerung ist mit 2.0% für Schweizer Verhältnisse immer noch hoch. Die Betrachtung der monatlichen Inlandteuerung der letzten sechs Monate zeigt ein ähnliches Bild wie in den USA. Das Momentum nach unten hat nachgelassen. Vielmehr ist sogar eine leichte Beschleunigung zu erkennen, die aber auch mit dem Jahreswechsel zu tun hat. Dennoch muss die SNB sicher sein, dass die Inflation wirklich unter Kontrolle ist, bevor sie den Leitzins senken kann. Es gibt für sie keinen Grund, voreilig zu handeln, da das Zinsniveau hierzulande für die Konjunktur kein Bremsklotz ist. Anzeichen für einen Fall in die Deflation sind ebenfalls keine zu erkennen. Die Erwartung von zwei bis drei Zinssenkungen der SNB in diesem Jahr, wie sie in den Marktpreisen für die Saron-Futures impliziert sind, ist aus unserer Sicht Wunschdenken.

Audio-Podcast der SGKB

Die Berichtsaison zum vergangenen Jahr ist aktuell in vollem Gange. Welche Schlüsse lassen sich aus den bisherigen Zahlen ableiten? Wer hat besonders positiv überrascht und wie optimistisch schauen die Unternehmen in die Zukunft? Unsere Finanzanalysten Angela Truniger und Matthias Müller ordnen das im Audio-Podcast ein. Der Audio-Podcast der St.Galler Kantonalbank kann hier gehört werden.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.16%, S&P500: +0.03%, Nasdaq: +0.97%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.35%, DAX: +0.28%, SMI: -0.42%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.37%, HangSeng: -0.51%, S&P/ASX 200: +0.12%

Der globale Aktienzug befindet sich weiterhin auf flotter Fahrt. Die Lokomotive Nvidia hat mit ihrem Ergebnis geliefert und die hohen Erwartungen gar übertroffen. Das kann man vom Schweizer Regionalzug und seiner Lokomotive Nestlé nur bedingt behaupten. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.66% zu. Die europäischen Aktien stiegen 2.24%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.27% abschloss.

Die Konjunktur in den USA, deutet an, dass die Wirtschaft gut mit den hohen Zinsen umgehen kann. Zudem kündigen sich erste Zinssenkungen an, wenn auch etwas später als bisher erwartet. Die Inflation ist auf dem Rückzug und das gibt den Zentralbanken Raum, um von der aktuell restriktiven Geldpolitik wegzukommen. Die Chancen sind intakt, dass der Wirtschaftsrückgang sich nicht mehr stark ausweitet und sich entsprechend bald wieder Optimismus verbreitet. Wie schnell die Zentralbanken die Leitzinsen senken, darüber herrscht im Moment noch grosse Unsicherheit. Die Marktteilnehmer erwarten in diesem Jahr drei Zinssenkungen durch die US-Notenbank. Von der EZB werden bis im Dezember vier Zinsschritte nach unten erwartet. Diese Erwartungen halten wir für realistisch. Nicht aus den Augen lassen dürfen wir die geopolitische Dimension. Die gestiegenen Risiken im Nahen Osten, insbesondere im Roten Meer, sind nicht zu unterschätzen. Insgesamt ist für uns dank solider Konjunktur und potenziellen Zinssenkungen eine gut dotierte Aktienposition aber gerechtfertigt.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.229%; DE: 2.363%; CH: 0.838%

Die Zinsen an den Kapitalmärkten haben sich eingependelt. Während in den USA die Renditen der Obligationen realistische Zinssenkungen der Fed widerspiegeln, gehen die Renditen von Franken-Obligationen mit kurzen und mittleren Laufzeiten von zu schnellen und zu starken Leitzinssenkungen der SNB aus.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8812
Euro in US-Dollar: 1.0821
Euro in Franken: 0.9534

Der Euro hält sich in diesen Tagen wacker, obschon die wirtschaftlichen Probleme in der Eurozone grösser sind als in anderen Währungsräumen. Viel mehr als eine Teilkorrektur der Abwertung im Dezember ist die momentane Stärke des Euros aber nicht. Zudem bleibt er anfällig auf neue negative Meldungen, sei es wirtschaftlich oder politisch.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 76.12 pro Fass
Goldpreis: USD 2'042.50 pro Unze

Zwei Jahre nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine ist zumindest am Markt für europäisches Erdgas wieder Normalität eingekehrt. Von einer Anspannung der Versorgungslage ist nichts mehr zu spüren, auch dank dem milden Winter. Der Preis ist im Vergleich zu den Höchstständen im Sommer und Herbst 2022 um über 90% gefallen und befindet sich wieder auf dem Niveau von 2021, als die Welt in Europa noch in Ordnung war.

Wirtschaft

Deutschland: IFO-Geschätsklimaindex (Februar) letzter: 85.2; erwartet: 85.5; aktuell: 85.5

Optimisten sehen in der neusten Erhebung der Geschäftslage deutscher Unternehmen eine Morgenröte am Horizont. Dazu braucht es aber viel guten Willen. Der Konjunkturindex des IFO-Instituts hat sich zwar stabilisiert, aber auf einem sehr tiefen Niveau. Dazu passt, dass die deutsche Wirtschaft auch im vierten Quartal des letzten Jahres mit einem Minus von 0.3% geschrumpft ist. Die fehlenden Investitionen sind ein schlechtes Zeichen.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich