22. April 2024, Tägliche Marktsicht

Die Aktienmärkte legen eine Pause ein

Die Nerven der Anlegerinnen und Anleger sind gefordert. Die Fed-Vertreter verabschieden sich kommunikativ von Zinssenkungen in diesem Jahr und im Nahen Osten brodelt es immer mehr. Da hilft auch eine gute Wirtschaftslage in den USA nicht, zumindest nicht in kurzer Frist.

Im Fokus

Bisher konnten sich die Anlegerinnen und Anleger über über den Börsenjahrgang 2024 nicht beklagen. Viele Aktienindizes weisen trotz der kürzlichen Kursrückgänge immer noch eine Steigerung von über 10% aus und halten sich in der Nähe ihres historischen Höchststandes. Seit dem Beginn des Aktienrallyes Anfang November sind es gar 20%. Der Swiss Performance Index kann da nicht mithalten, wobei der Kursanstieg von «nur 10%» Jammern auf hohem Niveau ist.

In dieser Zeit haben die Börsianer einiges an Widerständen überwunden oder einfach ignoriert. Auslöser für die gute Stimmung war die Erwartung stark sinkender Leitzinsen. Bis zu acht Zinssenkungen wurden der Fed für 2024 zugetraut. Die Rendite der 10-jährigen US-Treasury Note sank von 5% auf unter 4%. Die Zinseuphorie in Europa war nicht minder gross. Seit Anfang Jahr mussten die Zinserwartung aber laufend nach oben angepasst werden, nachdem sich die US-Wirtschaft robuster als erwartet erwiesen hat und der Inflationssockel nicht kleiner werden will. Mittlerweile ist man schon froh, wenn die Fed den Leitzins in diesem Jahr überhaupt senken wird. Die Rendite des US-Treasury ist daher wieder bei 4.66% angelangt. In Europa ist man mit drei erwarteten Zinssenkungen der EZB hoffnungsvoller und von der SNB erwartet man auch noch etwas, nachdem sie sich tieferen Leitzinsen gegenüber offen gezeigt hat. Die politischen Risiken sind auch nicht kleiner geworden. Der Krieg in der Ukraine geht ins dritte Jahr. Die Lage im Nahen Osten spitzt sich seit Wochen zu. Schiffe und Flugzeuge müssen aus Sicherheitsgründen weite Umwege in Kauf nehmen. Die politische Reality Show in den USA wird immer absurder. Einzig um Taiwan ist es trotz den Wahlen ruhiger geworden.

Das positive Momentum an den Aktienmärkten ist verloren gegangen. Negative Meldungen werden zum Anlass genommen, Gewinne zu realisieren. Die Unsicherheit bei den Investoren ist auf den höchsten Stand seit dem Oktober gestiegen, wenn man den Volatilitätsindex VIX als Massstab nimmt. Mehr als eine leichte Beunruhigung ist es im historischen Vergleich aber nicht. In den USA taucht das Wort «Zinserhöhung» wieder auf. Erste Auguren sehen die Fed schon vier bis fünf Zinserhöhungen machen. Das wäre für die Aktienmärkte ein harter Schlag, ist aber nicht unser Szenario. Die Zinsen in den USA sind bereits jetzt für die Wirtschaft zu hoch und auf Dauer nicht konjunkturverträglich, weshalb tiefere Zinsen angebracht sind. Die politischen Risiken werden nicht kleiner werden. Sollten die Iraner auf die Idee kommen, die Strasse von Hormuz zu blockieren, würden die Aktien mit grösseren Kursverlusten reagieren. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Ereignisse die Aktienmärkte nur vorübergehend belasten.

Die fundamentale Basis für die Aktienmärkte ist nach wie vor solide. Die USA als dominanter Wirtschaftsraum ist weit von einer Rezession entfernt. Das Einkommen der Haushalte steigt real und sie geben ihr Geld aus. Die Ausgabenprogramme der Regierung Biden zeigen ihre Wirkung, nicht nur bei den renovierten Strassen und der Internetabdeckung, sondern auch in den Konjunkturdaten. Die Gewinnaussichten der Firmen haben sich dadurch aufgehellt. Die Inflation sinkt zwar nicht so schnell wie erhofft, aber sie ist auch nicht mehr auf einem Niveau, das richtig schmerzt. Die Fed wird die Zinsen senken, wenn die Kernrate der Inflation noch etwas sinkt, wenn auch etwas später und langsamer als bisher angenommen. Die EZB ist gewillt, die Zinsen früher zu senken als die Fed und die SNB wird im Hinblick auf den Franken unter Druck geraten, nachzuziehen.

Sich im grossen Stil aus den Aktien zu verabschieden, ist nicht angebracht. Die Aktien bieten die besten Aussichten, in den nächsten Jahren sein Vermögen zu vermehren. Bei denjenigen Titeln, die sich in den letzten Monaten wahren Kursfeuerwerken erfreuten, ist aber eine ernsthafte Überlegung wert, die erzielten Gewinne abzuschöpfen und vorübergehend die Risiken etwas zu reduzieren.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.56%, S&P500: -0.88%, Nasdaq: -2.05%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.37%, DAX: -0.56%, SMI: +0.59%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.49%, HangSeng: +1.74%, S&P/ASX 200: +0.90%

Die Nerven der Anlegerinnen und Anleger sind gefordert. Die Fed-Vertreter verabschieden sich kommunikativ von Zinssenkungen in diesem Jahr und im Nahen Osten brodelt es immer mehr. Da hilft auch eine gute Wirtschaftslage in den USA nicht, zumindest nicht in kurzer Frist. Der S&P 500 verlor letzte Woche 3.05%. Die europäischen Aktien sanken 0.75%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.46% abschloss.

Die wirtschaftliche Entwicklung der US-Wirtschaft zeigt sich weiter robust, trotz der hohen Leitzinsen. Insbesondere der Binnenmarkt ist gut in Schuss und wird durch die Konsumfreudigkeit gestützt. Diese wiederum wird durch höhere Reallöhne sowie eine hohe Jobsicherheit gespiesen. Die Angst vor einer Rezession verschwindet zunehmend aus den Köpfen der Anleger. Entsprechend sind risikoreichere Aktienanlagen gesucht. Die Gewinne der Unternehmen geben den Marktteilnehmern zusätzliches Vertrauen, dass Aktien weiterhin die bevorzugte Anlageklasse sind. Die Fed lässt sich aufgrund der erhöhten Inflation alle Optionen bezüglich der Zinsen offen. Aktuell steigen die Preise in den USA stärker als die 2%, welche die US-Notenbank mittelfristig als Preisstabilität ausgegeben hat. Ab dem Herbst sind erste Zinssenkungen aber realistisch, was den Aktienmärkten wieder Rückenwind geben wird. Das grösste Risiko für diesen Zinspfad und damit auch für die Aktien bleibt eine länger als erwartete hohe Inflation. Insbesondere nicht kalkulierbare geopolitische Risiken, welche die Energiepreise in die Höhe treiben könnten, sind ein latentes Risiko für eine höhere Inflation. Wir erwarten dennoch, dass die Aktienmärkte sich weiter robust zeigen werden, auch wenn die grosse Euphorie vorderhand verflogen ist.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.660%; DE: 2.500%; CH: 0.809%

Die US-Wirtschaft zeigt sich solide, insbesondere der Arbeitsmarkt. Das ist nicht das konjunkturelle Umfeld, welches massive Zinssenkungen der Fed benötigt. Die Anpassung der Zinserwartungen nach oben geht deshalb weiter. Das spüren vor allem die Anleihen in den USA und allenfalls noch in der Eurozone. Dort steigen die Renditen. Die Schweizer Obligationen interessiert das nur am Rande.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9116
Euro in US-Dollar: 1.0668
Euro in Franken: 0.9725

Nach dem militärischen Schlagabtausch im Nahen Osten ist der Euro unter Druck geraten, sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch zum Franken. Gesucht waren die sicheren Häfen. Dazu zählt der Euro nicht.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 82.44 pro Fass
Goldpreis: USD 2'370.38 pro Unze

Der Erdölpreis reagiert nervös auf die Meldungen aus dem Nahen Osten. Starke Preisausschläge nach oben sind jeweils die Folge negativer Neuigkeiten. Diese sind jedoch von kurzer Dauer. Insgesamt ist der Druck für einen höheren Ölpreis nicht allzu stark. Es gibt momentan auch keinen Grund dafür, da die Versorgung mit Erdöl gewährleistet ist.

Wirtschaft

Die konjunkturelle Datenpalette ist zu Monatsmitte jeweils dünn besetzt. Das ist im April 2024 nicht anders. Am ehesten interessiert noch der deutsche IFO-Index am Mittwoch und die die erste BIP-Wachstumsschätzung aus den USA für das erste Quartal am Donnerstag. Erst am Freitag, wenn mit dem PCE Core Deflator der von der Fed bevorzugte Indikator für die US-Teuerung publiziert wird, wird der Puls der Obligationenhändler steigen. Erwartet wird ein leichtes Absinken der Kernrate von 2.8% auf 2.7%.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich