05. Februar 2024, Tägliche Marktsicht

Der Risiken sind viele, interessieren tun die wenigsten

Die Zinskurve ist nun auch in der Schweiz invers. Die Zinsen der längeren Laufzeiten liegen deutlich unter dem aktuellen Geldmarktsatz.

Im Fokus

Seit Monaten wird vor den geopolitischen Risiken gewarnt. Der Krieg in der Ukraine ist aus den Schlagzeilen, nicht aber aus der Realität verschwunden. Die Lage im Nahen Osten wird immer verworrener und explosiver. Die Schiffe nach Europa meiden aus Sicherheitsgründen das Rote Meer und nehmen den Umweg um Afrika in Kauf. Der militärische Druck Chinas auf Taiwan wird nach den Wahlen auf der Insel nicht kleiner werden. Donald Trump will zurück ins Weisse Haus und hat dabei gute Chancen. Die Liste liesse sich problemlos verlängern und dennoch schreiten die Aktienmärkte von Höchst zu Höchst, zumindest in den USA und im rezessions- und streikgeplagten Deutschland.

Politische Ereignisse bringen immer wieder Unruhe und Nervosität an die Finanzmärkte. Sie haben das Potenzial, negative Reaktionen an den Aktienmärkten auszulösen. Der Klassiker war der Kurssturz nach dem Ja zum Brexit in Grossbritannien. Auch der Angriff der Hamas auf Israel im letzten Oktober hat die Kurse an den Börsen unter Druck gebracht. Diese Kursbewegungen werden meistens rasch wieder korrigiert, da der Einfluss politischer Ereignisse auf die Weltwirtschaft normalerweise gering ist. Grossbritannien besass einmal ein Empire, ist heute aber nicht mehr der Nabel der Weltwirtschaft. Die starke Reaktion nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine hatte nur mit der Abhängigkeit Westeuropas vom russischen Erdöl und Erdgas zu tun. Mittlerweile hat man sich neu organisiert. Die Katarer liefern ihr Gas nach Europa statt nach China. Die Chinesen und die Inder beziehen verbilligtes Erdöl aus Russland. Nicht überraschend sind die Energiepreise wieder auf die Werte vor 2022 gefallen. Der Ausgang der Wahlen in den USA hat normalerweise auch wenig Einfluss auf die Börsen. Jeder neue Präsident weiss, dass die Wirtschaft gut laufen muss, wenn seine Partei in den Midterm-Wahlen zwei Jahre später nicht unter die Räder kommen will. Die Ideen zur Stärkung der Wirtschaft sind je nach Partei verschieden. Die Demokraten sehen ihr Heil in Ausgabenprogrammen, die Republikaner in Steuersenkungen. Das Resultat ist das gleiche. Der Staat erhöht sein Defizit, um die Wirtschaft zu stärken, und die Schulden steigen.

Was für die Finanzmärkte definitiv ein anhaltendes und einschneidendes Ereignis wäre, wäre ein Sanktionsregime der USA und der EU gegenüber China analog zu demjenigen gegen Russland. Das würde praktisch alle Sektoren und global tätige Unternehmen belasten. Darauf kann und soll man aber keine Anlagestrategie ausrichten, sonst verpasst man zu viele positive Marktentwicklungen, wie die letzten Monate einmal mehr gezeigt haben. Die Risiken auszublenden ist aber auch naiv. Vielmehr muss man sie mit der nötigen Demut im Auge behalten, auch wenn man sich nicht dagegen wehren und positionieren kann. Eine gute Diversifikation der Anlagen und ein liquider Handel der Positionen auch in heiklen Zeiten sind wichtig und geben die nötige Handlungsfreiheit, bei Bedarf zu reagieren. Dazu kommt ein Kernportfolio mit Aktien von Unternehmen, die nicht beim ersten Seitenwind in Schieflage geraten. Etwas Gold dazu kann auch nicht schaden, zumindest für das gute Gefühl im Krisenfall.

Audio-Podcast der SGKB

Die Zinskurve ist nun auch in der Schweiz invers. Die Zinsen der längeren Laufzeiten liegen deutlich unter dem aktuellen Geldmarktsatz. Was will der Kapitalmarkt uns damit sagen und wie gehen wir damit um? Darüber unterhalten sich im Audio-Podcast unser Konjunktur- und Finanzexperte Beat Schiffhauer und unser Anlagechef Thomas Stucki. Der Audio-Podcast der St.Galler Kantonalbank kann hier abgehört werden.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.35%, S&P500: +1.07%, Nasdaq: +1.74%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.34%, DAX: +0.35%, SMI: +0.23%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.66%, HangSeng: +0.62%, S&P/ASX 200: -0.95%

Die Gewinnsaison der Unternehmen ist im Gange. Ein klarer Trend hat sich bisher nicht herauskristallisiert. Entsprechend konzentrieren sich die Marktreaktionen auf die Aktien der Firmen, die gerade ihre Zahlen präsentieren. Im Zweifelsfalle reagieren sie negativ auf die Zahlen, auch wenn diese in den Erwartungen ausfallen. Die Ausnahme bilden einmal mehr die amerikanischen Tech-Aktien. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.38% zu. Die europäischen Aktien stiegen 0.41%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.10% abschloss.

Das letzte Aktienjahr hat mit einem wahrhaftigen Schlussspurt geendet. Insbesondere der S&P500 sowie der DAX haben mit einem Plus von fast 15% stark zugelegt. Auch der Schweizer Index SPI hat mit rund 8% einen versöhnlichen Abschluss hingelegt. Die überraschend robuste Konjunktur, insbesondere in den USA, deutet an, dass die Wirtschaft gut mit den hohen Zinsen umgehen kann. Zudem kündigen sich bereits erste Zinssenkungen an. Die Inflation ist auf dem Rückzug und das gibt den Zentralbanken Raum, um von der aktuell restriktiven Geldpolitik wegzukommen. Die Chancen sind intakt, dass der Wirtschaftsrückgang sich nicht mehr stark ausweitet und sich entsprechend bald wieder Optimismus verbreitet. Wie schnell die Zentralbanken jedoch die Leitzinsen senken, darüber herrscht im Moment grosse Unsicherheit. Die Marktteilnehmer erwarten in diesem Jahr fünf Zinssenkungen durch die US-Notenbank. Von der EZB werden bis im Dezember sechs Zinsschritte nach unten erwartet. Diese Erwartungen halten wir für übertrieben. Entsprechend gehen wir davon aus, dass es an den Aktienmärkten immer wieder zu kurzen Rückschlägen kommen wird. Auch nicht aus den Augen lassen dürfen wir die geopolitische Dimension. Die gestiegenen Risiken im Nahen Osten, insbesondere im Roten Meer, sind nicht zu unterschätzen. Insgesamt ist für uns dank solider Konjunktur und potenziellen Zinssenkungen eine gut dotierte Aktienposition aber gerechtfertigt, auch wenn der Weg unruhiger wird.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.066%; DE: 2.241%; CH: 0.858%

Jerome Powell teilt den Kapitalmärkten mit, dass die Fed an ihrer nächsten Sitzung den Leitzins wahrscheinlich noch nicht senken werde. Gehört wird, dass Zinssenkungen bei der Fed ein Thema sind. Die Renditen an den Kapitalmärkten sind daraufhin deutlich gefallen. Erst der starke Arbeitsmarktbericht am Freitag hat in Erinnerung gerufen, dass rasche Zinssenkungen vielleicht doch nicht auf der Traktandenliste der Fed sein könnten.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8680
Euro in US-Dollar: 1.0778
Euro in Franken: 0.9355

Ein paar Analysten, vorzugsweise aus dem angelsächsischen Raum, gehen davon aus, dass der Franken in diesem Jahr deutlich schwächer wird. Ihr Argument ist, dass die SNB die Verkäufe von Devisen gestoppt hat. Wir schliessen uns dieser Meinung nicht an. Die Stärke des Frankens basiert auf mehr als nur den Käufen von Franken durch die Nationalbank.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 72.56 pro Fass
Goldpreis: USD 2'030.65 pro Unze

Der Ölpreis hat die Gewinne der Vorwoche mehr als verloren. Warum der Preis für das Schwarze Gold so stark gefallen ist, ist wie so häufig bei den Energiepreisen, nicht so klar. Erklärungen gibt es viele, richtig überzeugend ist keine.

Wirtschaft

USA: Non Farm Payrolls (Januar) letzte: 333’000; erwartet: 185’000; aktuell: 353’000
USA: Arbeitslosenrate (Januar) letzte: 3.7%; erwartet: 3.8%; aktuell: 3.7%

Der US-Arbeitsmarkt zeigt zu Jahresbeginn kaum Schwächen. Im Januar wurden deutlich mehr neue Stellen geschaffen als erwartet. Diese waren auf die verschiedenen Branchen breit verteilt. Zudem wurden die Zahlen aus den beiden Vormonaten nach oben korrigiert. Da überrascht es nicht, dass auch die Löhne kräftig steigen. Das ist nicht das Umfeld, in welchem die Fed die Zinsen senken will.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich