
18. September 2023, Tägliche Marktsicht
Kurz und lang – das ist der richtige Mix
Am Donnerstag wird die Nationalbank den nächsten Zinsentscheid fällen.
Im Fokus
Am Donnerstag wird die Nationalbank den nächsten Zinsentscheid fällen. Wir gehen davon aus, dass die SNB den Leitzins noch einmal um 0.25% auf 2.00% anheben wird. Die Konjunktur in der Schweiz schwächt sich ab, insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe und im Exportsektor. Die Nachfrage beim privaten Konsum ist aber anhaltend hoch, was es den konsumnahen Bereichen wie dem Detailhandel und dem Gastgewerbe ermöglicht, die Preise verbreitet anzuheben. Die Inlandteuerung liegt immer noch über 2% und ist damit im Vergleich zu den in der Vergangenheit üblichen 0.5% viel zu hoch. Die aktuelle Inflationsrate von 1.6% widerspiegelt den Inflationsdruck in der Schweiz nur bedingt richtig. Die SNB wird sich davon nicht täuschen lassen. Eine weitere Zinserhöhung ist deshalb angebracht.
Die Zeit der Zinserhöhungen ist dann auch in der Schweiz für erste vorbei. 2.00% ist kein hohes Zinsniveau. Die letzten Zinserhöhungszyklen beendete die SNB im Bereich von 3%, allerdings war jeweils der Ausgangszins beim Start höher. Das Ausmass des Zinsanstiegs ist diesmal ähnlich. Zudem haben sich die Haushalte und die Firmen in den letzten 10 Jahren an sehr tiefe Zinsen gewöhnt, wodurch der gefühlte Zinsanstieg, der die Konsum- und Investitionsentscheidungen massgeblich beeinflusst, stark ist.
Das Ende der Leitzinserhöhungen ändert die Rahmenbedingungen für die festverzinslichen Finanzprodukte. Das betrifft nicht nur die Anlegerinnen und Anleger, welche sich überlegen müssen, ob und in welche Obligationen investieren wollen, sondern genauso die Finanzierungsseite der Unternehmen und der privaten Haushalte. Soll ich eine SARON-Hypothek machen oder doch eine Festhypothek?
Die Zinskurve ist momentan flach wie ein Bügelbrett. Der Zinssatz für eine Geldmarkthypothek ist gleich hoch wie derjenige für Festhypotheken jeglicher Laufzeit bis 10 Jahre. Für den Entscheid, welche Hypothek die richtige ist, sind zwei Faktoren wichtig. Wie entwickeln sich die Zinsen in den nächsten Jahren und wieviel Zinsunsicherheit kann ich mir finanziell und emotional leisten? Die Zinsen für das nächste Jahr zu prognostizieren, ist schwierig. Das Zinsniveau in fünf Jahren vorherzusagen, ein Spiel mit dem Glücksrad. Ein brauchbarer Anhaltspunkt ist daher eine Schätzung für das durchschnittlich zu erwartende Zinsniveau über einen Zinszyklus. Die Inflationsrate in der Schweiz wird sich im mittleren Bereich des Zielbandes der SNB einpendeln, also bei 1%. Die SNB hat ein Interesse daran, dass der reale Zinssatz leicht positiv ist und damit im Mittel den Leitzins bei 1.5% halten. Geldmarkthypotheken dürften somit im Schnitt etwas billiger sein als heute. In der Regel sind die Zinsen für längere Laufzeiten höher als für die kürzeren. Der 10jährige-Swapzins wird sich im Bereich zwischen 2.00% und 2.50% bewegen. Unter Einbezug der Marge der Banken wird der Zins für langfristige Festhypotheken im aktuellen Bereich oder leicht höher sein. Der zweite Faktor der Tragbarkeit plötzlicher Zinserhöhungen für das eigene Budget, ist individuell. Dieser legt fest, welcher Anteil der Finanzierung aus Planungs- und Sicherheitsüberlegungen langfristig angebunden werden soll, auch bei den im Vergleich zu den Vorjahren optisch hohen Zinssätzen. Was sich nicht lohnt, ist mit einer drei- oder vierjährigen Festhypothek auf tiefere Zinsen in drei oder vier Jahren zu setzen. Deshalb sollte der «freie» Teil der Finanzierung über eine SARON-Hypothek abgeschlossen werden. Damit profitiert man von im Durchschnitt tieferen Zinsen und einer im Normalfall ansteigenden Zinskurve.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.83%, S&P500: -1.22%, Nasdaq: -1.56%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.36%, DAX: +0.56%, SMI: +0.90%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: -1.00%, S&P/ASX 200: -0.63%
Die Kommentare der EZB nach ihrer Zinserhöhung am letzten Donnerstag haben die Aktienmärkte freundlich aufgenommen und die Zinsbefürchtungen gebannt. Wichtiger wird aber sein, was die Fed diese Woche sagt. Entsprechend rasch ist der Optimismus wieder der Unsicherheit gewichen. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.16%. Die europäischen Aktien stiegen1.37%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.71% abschloss.
Die Geldpolitik und der Zinserhöhungspfad der Zentralbanken spielen eine grosse Rolle an den Aktienmärkten. Damit eng verbunden ist die Inflation. Besonders in den Fokus rückt zunehmend die Konjunkturentwicklung. Aktuell verläuft die Abschwächung langsamer als erwartet. Das hat den Vorteil, dass sich die Wirtschaft robuster zeigt als es in solchen Phasen üblich ist. Beispielsweise zeigt sich der Arbeitsmarkt in den Industrieländern noch stark. Das stützt die Binnenwirtschaft. Es hat aber auch den Nachteil, dass mit einem langsamen Konjunkturrückgang die Wiederbelebung flacher und langsamer verlaufen wird als nach Corona. Wir schliessen daraus, dass die Aktienmärkte länger als noch vor einigen Wochen erwartet von der schwächeren Konjunktur negativ beeinflusst sein werden. Negativ fällt auch China mit seinen Problemen am Häusermarkt und im Konsum auf. China fällt aktuell als Wirtschaftsmotor weg. Im März 2022 startete die US-Notenbank Fed ihren steilen Zinserhöhungszyklus. In elf Schritten erhöhte sie den Leitzins von 0.25% auf stattliche 5.25% bis 5.50%. Damit dürfte die US-Notenbank ihren Zielzins erreicht haben. Die Inflation ist zwar weiterhin erhöht, aber die Preisdynamik hat merklich nachgelassen. Auch aufgrund der konjunkturellen Abkühlung erwarten wir in den USA weder weitere Zinserhöhungen noch einen Inflationsschub. Wir erwarten vorerst aber auch keine Zinssenkungen. Das wird an den Aktienmärkten in Kombination mit einer schwächeren Konjunkturentwicklung für einige Unsicherheit sorgen.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.332%; DE: 2.675%; CH: 1.083%
Bei den Kapitalmarktzinsen passiert immer noch nicht allzu viel. Sie tendieren langsam nach oben. Die Erkenntnis, dass Zinssenkungen der Zentralbanken etwas länger auf sich warten lassen, sickert in den Obligationenmarkt ein.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8970
Euro in US-Dollar: 1.0669
Euro in Franken: 0.9570
Die Hinweise der EZB darauf, dass die Zinserhöhungen im Euroraum zu Ende sein könnten, hat den Euro belastet, zumindest gegenüber dem US-Dollar. Die anderen Themen drängen wieder in den Vordergrund und diese sprechen nicht für den Euro. Die Wirtschaftslokomotive Deutschland stottert, die Inflation ist hoch und die strukturellen Grundprobleme der Eurozone sind ungelöst.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 91.44 pro Fass
Goldpreis: USD 1'928.31 pro Unze
Öl ist weiterhin gesucht. Der Ölpreis hat sich über der Marke von 90 US-Dollar pro Fass festgesetzt. Das wird sich über kurz oder lang in steigenden Inflationsraten bemerkbar machen.
Wirtschaft
USA: U. Michigan Konsumentenvertrauen (September) letztes: 69.5; erwartet: 69.0; aktuell: 67.7
Die Stimmung bei den US-Konsumenten ist weiter auf dem Sinkflug. Insbesondere die Anschaffung langfristiger Güter wird negativ gesehen. Die höheren Kreditzinsen machen sich hier bemerkbar. Demgegenüber ist die Angst vor der Inflation trotz höherer Benzinpreise kleiner geworden. Die langfristige Inflationserwartung ist von 3.0% auf 2.7% gesunken. Das wird die Fed gerne zur Kenntnis nehmen.
Thomas Stucki

8021 Zürich
